Wie Muslime Christen sehen - Teil 2 VON: DR. CHRISTINE SCHIRRMACHER

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Wie Muslime Christen sehen - Teil 2

VON: DR. CHRISTINE SCHIRRMACHER Zusammenfassung von Teil 1: Der Koran und, davon abhängig, auch die islamische Überlieferung zeichnen ein mehrschichtiges Bild von den Christen, dem christlichen Glauben und ihrer Offenbarung. Zu Beginn des Auftretens Muhammads ab 610 n. Chr. stand zunächst die prinzipielle Anerkennung der Christen als „Schrift"-oder „Buchbesitzer" (arab. ahl al-kitab), das Lob ihrer Frömmigkeit (Sure 5,82), die Akzeptanz ihrer Offenbarungsschrift, des Evangeliusms (arab. injil), und ihres Glaubens an den einen Gott, den Schöpfer und Richter aller Menschen (3,110) im Vordergrund. Eng damit verbunden war Muhammads Hoffnung auf Anerkennung seiner Sendung bei Juden und Christen. Erst als er von Juden und Christen Ablehnung erfuhr und diese auf Offenbarungsinhalten wie der Gottessohnschaft Jesu beharrten, die Muhammad nicht teilte, entzog er ihnen seinerseits seine Anerkennung und urteilte, daß Christen insbesondere mit ihrer Auffassung von Dreieinigkeit, Gottessohnschaft und Kreuzigung im Irrtum (2,116; 5,72-73; 4,157-158), ja, von ihrer ursprünglichen Offenbarung abgewichen seien. In dieser Zeit mehren sich Koranverse, die sich gegen die Christen und ihren Glauben abgrenzen, vor zu enger Verbindung mit ihnen warnen (5,51) und den „Unglauben" der Christen verurteilen (98,6).

Unter Berücksichtigung der koranischen Grundaussagen, die ein ambivalentes Bild der Christen und ihres christlichen Glaubens zeichnen, ist davon auszugehen, daß sich auch Vertreter der muslimischen Theologie in ihren Äußerungen in diesem Rahmen bewegen. Dies ist der Fall, wobei beim Studium muslimisch-apologetischer Werke über das Christentum deutlich wird, daß die späteren Aussagen des Korans, die sich überwiegend negativ über die Christen und ihren Glauben äußern, als normativ betrachtet werden und die positiv-anerkennenden Aussagen aus der Frühzeit Muhammads eher in den Hintergrund treten. Zwar ist eine gewisse Anerkennung überzeugter Christen und ihrer Wertvorstellungen besonders im Vergleich mit der säkularisierten westlichen Welt noch immer Grundkonsens der islamischen Theologie und einzelner Muslime, aber weitaus größeren Stellenwert hat die Verurteilung der Christen als Irrende, die durch ihr Bekenntnis zur Dreieinigkeit das wichtigste islamische Dogma des „tauhid" (die Einheit Gottes) verletzt haben und zudem schuldig sind, Muhammad nicht als letzten Gesandten Gottes anerkannt zu haben.

Die Überlegenheit des Islam über die Christen bzw. den Westen

Das Christentum ist aus muslimischer Sicht eine Abzweigung vom islamischen Glauben, der Urreligion der Menschheit, die seit Adam bestand und am Ende der Zeiten als einzige Religion bestehen wird. Christen sind theologischen Irrtümern verfallen, die verhindern, daß sie im Gericht Gnade vor Gott finden werden. Der Koran sagt an mehreren Stellen, daß Christen, die „ungläubig" sind, in die Hölle eingehen werden: „Diejenigen, die ungläubig sind unter den Leuten der Schrift und den Heiden, werden im Feuer der Hölle sein und darin weilen. Sie sind die schlechtesten [oder: bösesten, boshaftesten]Geschöpfe" (98,6). Es ist davon auszugehen, daß Muhammad mit den „ungläubigen" Christen diejenigen meinte, die ihn und seine Sendung nicht anerkannten. Aber nicht nur in theologischer Hinsicht irren Christen, sondern die gegenwärtige westliche Welt beweist durch ihre negativen gesellschaften Erscheinungen (Alkoholismus, Prostitution, Homosexualität, Altenheime, Drogen, Verschwendung), daß sie sich in einer Krise befindet und daß der Islam die bessere Alternative ist. Der Koranvers „Ihr seid die beste Gemeinschaft. Ihr gebietet, was recht ist und verbietet, was verwerflich ist" (3,110) ist nicht nur eine theoretische Aussage, sondern gewinnt in muslimischen theologischen Schriften zur Beurteilung des Westens konkrete Gestalt. Muslimische Apologeten begründen mit den „Krisen des Westens", daß der Islam von alters her und auch heute die Antwort ist, die der Westen im Christentum nicht finden kann, weil es vom Grundansatz her falsch ist. Daher liegt die Antwort für den Westen in einer Hinwendung zum Islam, wenn er genesen und Stabilität erlangen will.

Christentum aus islamischer SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt