Der Tag war gekommen. Heute war der Tag, an dem Kyousuke vorhatte, Marthas Haus zu verlassen. Und ich würde mit ihm gehen. Obwohl ich sicher auch hätte bleiben können. Aber ich hatte mich entschieden und es ihm immerhin auch geschworen.
Ich wollte nie mehr von Kyousukes Seite weichen.
Doch mir war an jenem Morgen, als ich aufwachte, noch nicht bewusst, wie traurig Abschiede sein konnten.
Selbst, wenn man weiß, dass die Personen, von denen man sich verabschieden muss, ja nicht aus der Welt sind.
Ich wusste, ich konnte Martha und die Kinder ja zu jederzeit wieder sehen. Yuusei, Crow und Jack trafen wir ja eh fast täglich und so empfand ich es an diesem Morgen nicht einmal als Abschied.
Dass ich mich im Grunde schon an das Leben hier gewöhnt hatte, war mir gar nicht wirklich klar.
Kyousuke und ich gehörten aber nicht hier her.
So schön es hier auch war. Mit Martha, die sich wie eine liebende Mutter um uns gekümmert hatte. Mit den Kindern, für die wir der große Bruder und die große Schwester gewesen waren.
All die Erinnerung.
Kaum zu glauben, dass wir ursprünglich nur aufgrund der Behandlung meiner Verletzung hier geblieben waren.
Es war der 11. November. Direkt ein Tag nach meinem Geburtstag.
Es war kalt geworden und draußen hatte es über Nacht geschneit.
Das erste Mal, dass ich wirklich schönen Schnee sah.
In der Gegend wo ich gehaust hatte, war der Schnee innerhalb weniger Stunden schon so matschig, dass man gar nichts damit anfangen konnte.
Aber hier, in dieser eher ruhigeren Gegend, wo Marthas Haus stand, sah er so weiß aus, wie man ihn von Postkarten kannte.
Zumindest jetzt noch.
Das Frühstück verlief wie immer ohne große Hektik.
Crow bespaßte die Kinder mit irgendwelchen dämlichen Grimassen.
Yuusei aß schweigend seine Schale mit Reiß, während Jack auch sehr schweigend seinen Kaffee trank und nur hin und wieder die Augen verdrehte, wenn Crow mal wieder zu laut war.
Alles wie immer eben.
Kyousuke, der wie immer neben mir saß, erzählte dem kleinem Jungen, mit dem wir Verstecken gespielt hatten von dem großen Plan von Team Satisfaction und wirkte dabei ausgesprochen ausgelassen.
Der Kleine war begeistert und seine Augen leuchteten regelrecht.
„Dann werden du und die Anderen irgendwann die Helden von Satellite!"
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, als Kyousuke dem Jungen schon fast väterlich durch die Haare wuschelte. Er genoss diese Aufmerksamkeit schon sehr irgendwo. Die Bewunderung und dass er, für die Kleinen ein Held war. Genauso wie Yuusei, Crow und Jack auch.
Für mich war er auch ein Held, auch wenn ich es nicht zugab.
Nachdem ich Martha, nach dem Frühstück, beim Abräumen des Tisches geholfen hatte, entschied ich mich, den Schnee draußen ein wenig zu genießen. So lange dieser noch da lag.
Martha hatte mir eine dicke Jacke geliehen, Handschuhe und sogar eine Mütze und so trottete ich nach draußen, wo auch schon viele Kinder im Schnee spielten.
Einige lieferten sich Schneeballschlachten oder warfen sich einfach so in die weiße Pracht.
„Onee-chan? Baust du mit mir einen Schneemann?", hörte ich die Stimme von Mariko neben mir.
Ich drehte mich zu ihr um und lächelte. „Uhm! Klar. Warum nicht?"
Mariko lächelte schüchtern zurück, nahm mich an der Hand und führte mich zu einem Platz, etwas weiter weg von den anderen Kindern.
Mariko war nicht nur sehr schüchtern, sondern auch recht scheu.
Martha hatte mir erzählt, dass Marikos Eltern bei einer Schießerei getötet worden waren und dass Mariko lange Zeit gar nicht gesprochen hatte. Ich mochte Mariko. Sie erinnerte mich ein wenig an mich selber, als Kind.
„Der Schnee hält nicht.", sagte sie und sah mit ihren rehbraunen Augen zu mir.
„Du musst ihn fester zusammendrücken, sonst fällt er wieder auseinander.", antwortete ich sanft und formte selber einen Schneeball.
Mariko sah mir dabei zu. Ich drückte ihr diesen in die Hand. „Jetzt einfach solange auf dem Boden rollen, bis er immer größer wird."
Sie nickte schüchtern und tat, was ich ihr sagte.
Ich musste die ganze Zeit lächeln. Ich wusste nicht einmal warum genau.
Nachdem wir den ersten großen Schneeball hatten, formte ich den Zweiten.
Noch vor über einem Monat hätte ich nie gedacht, dass ich mal einen Schneemann bauen würde. Das ich allgemein so viel Spaß und Freude an etwas haben würde, was eigentlich nur Kinder taten.
Vielleicht lag es daran, dass ich nach dem Tod meiner Mutter keine wirkliche Kindheit mehr gehabt hatte?
Während ich mit dem Kopf unseres kleinen Schneekunstwerks angefangen hatte, suchte Mariko nach ein paar Zweigen für die Arme und kam mit diesen wieder.
„Ach, hier steckst du!" Kyousukes Stimme ließ mich aufzucken. „Kyousuke-kun!"
„Was macht ihr denn da?" Er besah sich unseren noch unfertigen Schneemann.
„Sieht man doch. Das wird ein Schneemann.", antwortete ich trocken.
Kyousuke grinste. „Wirkt noch etwas kopflos, der Gute."
„Ist ja auch noch nicht fertig!", gab ich zurück und setzte unserem Werk den Kopf dabei auf. „Jetzt hat er einen Kopf."
Mariko sah zwischen mir und Kyousuke neugierig hin und her. „Fehlt aber noch ein Hut oder so.... Irgendwie so etwas..."
„Ich kann ihm ja meine Mütze geben.", sagte ich lächelnd.
„Oder ihr gebt ihm das hier. Dann ist es ein Schnee-Kiryuu." Kyousuke wedelte mit seinem Bandana vor meiner Nase.
Ich fühlte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. „D-Das hättest du wohl gern!"
Kyousuke grinste nur unschuldig, band sich das Bandana wieder um und wuschelte mir durch die Haare. „Was denn?" Dann streckte er sich kurz. „Falls du mich suchst, ich bin bei den Anderen. Ein paar Sachen besprechen. Kannst ja zu uns kommen, wenn ihr hier fertig seid."
„Ja, Ja." Schmollend sah ich ihm nach.
„Du weißt, was 'Ja, Ja', heißt", antwortete er noch.
„Idiot!"
Neben mir hörte ich Mariko kichern und drehte mich wieder zu ihr. „Was ist?"
Mariko steckte dem Schneemann einen Zweig in die Seite und ich bemerkte, dass sie ein wenig grinste.
„Du bist in ihn verliebt oder?", fragte sie mich plötzlich unvermittelt.
Mir klappte der Mund auf und ich drehte mein Gesicht schnell weg. „G-Gar nicht!", stammelte ich verlegen.
„Du wirst immer rot, wenn du ihn siehst oder er dich anspricht. Und du stammelst manchmal."
Ich zog meinen Schal etwas nach oben, um meine Röte zu verbergen. Warum zur Hölle, mussten Kinder so direkt sein?
„Mir kannst du es ruhig sagen. Ich verrate nichts. Außerdem erzähl ich dir auch mein Geheimnis. Okay?"
Ich drehte mich wieder zu ihr. Nur zaghaft nickte ich. „Ich mag ihn. Ja.. A-Aber.. I-Ich glaub nicht, dass er mich so mag, wie ich ihn mag... Immerhin bin ich... fünf Jahre jünger als er... U-Und er... N-Na ja... Wahrscheinlich... Bin ich..."
Mariko hörte mir zu. „Also... Ich denke, er mag dich auch. Mhh.. Ich verrate dir auch, wen ich mag, nun wo du es mir gesagt hast. Aber du darfst auch nicht plaudern, versprochen?"
Sie hielt mir ihren kleinen Finger hin und mit einem Nicken hakte ich meinen kleinen Finger ein. „Versprochen."
Mariko trat etwas näher zu mir und flüsterte mir etwas ins Ohr.
Ein Grinsen huschte über meine Lippe. „Wirklich?"
Sie wurde rot im Gesicht und nickte schüchtern.
Ich tätschelte ihr die Schulter. „Wer weiß. Vielleicht mag er dich ja auch. Du solltest zumindest am Ball bleiben."
Nachdem wir mit unserem Werk komplett fertig waren, betrachteten wir es noch eine Weile.
„Sieht doch ganz gut aus.", sagte ich und drehte meinen Kopf in Marikos Richtung. Sie nickte leicht. „Ja. Auch wenn ich finde, dass immer noch was fehlt. Vielleicht hätten wir ja doch das Bandana von Kiryuu-san nehmen sollen." Sie lachte leicht, was auch mich zum lachen brachte.
„Na herrlich! Mhh oder wir klauen eine Tasse aus der Küche und statten ihn damit aus. Dann fehlt nur noch das Grummel-Gesicht und wir haben einen Schnee-Jack!"
Mariko sah mich ein wenig entsetzt an und wurde rot. „B-Bitte nicht!"
Ich wuschelte über ihren Kopf. „War eh nur ein Witz."
„Solltest du nicht zu den Anderen? Wenn die was besprechen, ist das sicher wichtig, Onee-chan."
Ein leichtes Seufzen entfuhr mir. Irgendwie war es einfach so schön gewesen, mit Mariko zu spielen, dass ich kaum Lust verspürte, zu den Anderen zu gehen. Aber die Pflicht rief ja wirklich. Auch wenn ich mir sicher war, dass Kyousuke mir eh alles noch einmal unter vier Augen erklären würde, wenn wir wieder unter uns waren.
Dennoch nickte ich. Mariko noch einmal knuffend lief ich zu den Jungs, die sich einige Meter weiter breit gemacht hatten. Irgendwer von ihnen – ich tippte auf Crow – hatte einen Stapel alter Zeitungen und abgebrochener Äste angezündet und so ein Lagerfeuer gemacht, um das sie nun drum herum saßen.
Kyousuke winkte mir zu, als er mich erblickte. „Da bist du ja! Gerade rechtzeitig, um das Wichtigste nicht zu verpassen."
Ich setzte mich neben ihn. „Ach. Ich dachte, ich hätte das Wichtigste bereits verpasst.", gab ich trocken zurück.
„Nicht wirklich. Kiryuu hielt es für besser, erst einmal über belangloses Zeug zu faseln, solange du noch dem Kinderkram nachgehst."
„Das war kein Kinderkram! Ich hab Mariko-chan geholfen, einen Schneemann zu bauen!", fuhr ich Jack an, der dieses unqualifizierte Kommentar natürlich von sich gegeben hatte. Wer auch sonst?
Jack zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Sag ich doch. Kinderkram."
Ich streckte ihm meine Zunge entgegen, aber bevor Jack wieder etwas sagen konnte, war Yuusei eingeschritten. „Also, was wolltest du sagen, Kiryuu?"
Kyousuke, der die ganze Zeit zwischen Jack und mir hin und her gesehen hatte, brauchte eine Weile, räusperte sich dann aber. „Ehm. Na ja. Ich wollte sagen, wie wir weiter vorgehen..."
Er rollte die Karte von Satellite auf dem Schneebedeckten Boden aus. „Bezirk M kommt wie gesagt als letztes dran. Wir haben noch ein paar kleinere Bezirke und ein paar größere. Ich dachte, wir nehmen uns erst die Kleineren vor, bevor wir uns an die Größeren wagen. Was meint ihr dazu?"
„Also, wenn du das sagst, machen wir's doch einfach so.", murmelte ich bei dem Blick auf die Karte.
„Ryoko-chan hat recht. Du bist der Boss. Du solltest entscheiden, wo es als nächstes hingeht.", sagte Crow.
Kyousuke sah zu mir und dann zu ihm. Er kratzte sich an der Wange. „Ich wollte einfach mal eure Meinung hören... Was ihr denkt, was besser ist."
„Ich denke, dass das schon eine gute Idee ist, erst die kleineren Bezirke abzugrasen. Da gibt's weniger zu tun und wir kommen schneller durch.", mischte sich nun auch Jack ein.
„Allerdings, wenn wir uns die größeren Bezirke zuerst vornehmen, hätten wir die schon hinter uns und dann weniger Arbeit. Wäre das nicht taktisch klüger?", warf Yuusei ein wenig bedenklich ein.
Kyousuke überlegte. „Es hätte beides seine Vorteile. Vielleicht sollten wir abstimmen."
Allgemeines Schulterzucken.
Kyousuke seufzte leise. „Also. Wer wäre für die kleineren Bezirke zuerst?"
Jack und Crow meldeten sich.
„Und wer für die Größeren?" Yuusei hob etwas unschlüssig die Hand, zog diese aber auch schnell wieder weg.
Ich entschied mich dazu, mich zu enthalten.
Kyousuke rollte kurz mit den Augen. „Was denn nun? War das jetzt ein 'Ja', Yuusei, oder ist es dir auch egal?"
„Nehmen wir einfach die Kleineren zuerst und gut ist!", grummelte Jack einfach, bevor Yuusei antworten konnte.
Auch ich seufzte genervt. „Ich sag, die Größeren. Dann steht es zwei zu zwei oder?"
Yuusei sah zu mir und nickte dann doch.
„Na herrlich. Dann muss ich also doch wieder entscheiden.", sagte Kyousuke seufzend. „Nehmen wir die Größeren zuerst. Punkt. Bevor hier noch ewig herum diskutiert wird."
„Und wofür haben wir nun abgestimmt?", fragte Crow in die Runde.
„Demokratie ist doch eh für'n Arsch.", sagte ich schulterzuckend und brachte zumindest so Crow und Kyousuke zum Lachen.
„Sag mal, Kiryuu. Willst du wirklich heute gehen?" Die Frage von Crow kam völlig unvermittelt. Kyousuke sah deswegen von der Karte zu ihm.
„Uhm. Ja. Wieso?"
Ich beobachtete Crow und auch die anderen. Crow seufzte kurz. „Du könntest doch auch mit Ryoko-chan hier bleiben. Ist doch viel besser, als in der verlassenen Oberschule."
Kyousuke rollte die Karte langsam zusammen, ganz so, als wolle er sich mit dem Antworten Zeit lassen. Erst, als er sie in seine hintere Hosentasche zurück verfrachtet hatte, wandte er sich wieder an Crow. „Sorry. Das Leben hier ist echt nichts für mich. Ich bin da wo ich her komm, besser aufgehoben als hier. Außerdem wäre ich nur eine zusätzliche Last für Martha-san."
„Mhh Wenn du das sagst..."
Kyousuke sah von Crow zu mir und ich fing seinen Blick auf. Mittlerweile wusste ich ja längst, warum Kyousuke seine Couch in der verlassenen Oberschule einem festen Wohnsitz, wie diesem hier, vorzog. Seiner Freiheit willen. Auch wenn es nicht die Freiheit war, die er sich wünschte.
Die Sonne war bereits am Untergehen, als Kyousuke und ich langsam unser Gästezimmer verließen. Ich hatte die Sachen, die Martha mir für heute gegeben hatte, auf das Bett gelegt.
Allerdings hatte sie darauf bestanden, dass ich die langen Hosen und auch die Jacke behalten sollte, solang es doch noch so kalt war.
Ich hätte ihr noch hundert Mal sagen können, dass ich an Kälte und frieren gewöhnt war.
Irgendwie war es aber süß, dass sie so sehr darauf aus war, dass ich den Winter gut überstand.
Als wir die Haustür erreicht hatten ertönte Marthas Stimme hinter uns.
„Wollt ihr zwei denn nicht einmal wenigstens euch richtig verabschieden?", sagte sie in einem strengen, aber dennoch liebevollen Ton.
„Echt Mal. Ohne was zu sagen abhauen, geht gar nicht."
Das war Crow.
Auch Yuusei und Jack, so wie alle anderen Kinder, die hier lebten, waren da.
Kyousuke wirkte verlegen. „Tut mir Leid, ich..." Er schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte.
„Gehst du wirklich, Kiryuu-Onii-chan?" Der kleine Junge vom Frühstück war zu ihm gelaufen und klammerte sich an sein Bein.
Kyousuke kniete sich zu dem kleinen Kerl runter und tätschelte ihm den Kopf. „Geht nicht anders. Meine Pflicht als Held ruft.", sagte er grinsend. „Aber ich besuch' euch bestimmt noch mal!"
Der Anblick war wirklich süß. Die Kinder hatten uns wirklich ins Herz geschlossen und als ich Mariko zwischen all den Anderen erblickte, wurde auch mir schwer ums Herz. Ich lächelte ihr zu und hob kurz meinen kleinen Finger, um sie an unseren Schwur zu erinnern, was sie mir gleich tat.
„Kommst du uns auch besuchen mal, Onee-chan?", sagte sie schüchtern.
„Natürlich!", antwortete ich und versuchte zu lächeln, was mir jedoch schwer fiel. Obwohl wir hier nur ein paar Wochen gelebt hatten, spürte ich deutlich, dass ich mich hier, im Gegensatz zu Kyousuke, doch sehr zuhause gefühlt hatte.
Kyousuke schien meinen Blick zu bemerken und kam deswegen zu mir.
Er sah mir in die Augen, sein Blick ließ sich schwer deuten. „Ryoko-chan, wenn du möchtest, kannst du auch hier bei Martha und den Anderen bleiben... Du... Du musst nicht mit mir mitkommen..."
Seine Stimme klang fast ein wenig niedergeschlagen.
Hatte er das gerade wirklich gesagt?
„Ich sehe ja, dass du dich hier wohl fühlst und... Hier... Hier hast du immer ein Dach über den Kopf, musst nicht hungern. Es ist warm und du kannst in einem Bett schlafen..."
„K-Kyousuke-kun..."
Ich blinzelte immer noch ungläubig. Das klang fast danach, als wollte er mir sagen: „Hier hast du alles, was ich dir nicht bieten kann."
Im Grunde hatte ich hier wirklich mehr. Aber ich hatte mich entschieden. Und diese Entscheidung würde ich keinesfalls zurückziehen! Mir mochte es bei Martha vielleicht kaum an etwas fehlen, aber das was mir fehlen würde, wenn ich hier bleiben würde, war auch das, was ich am meisten brauchte: Ihn!
Heftig schüttelte ich meinen Kopf. Mir war egal, dass Martha vor uns stand, die Kinder, Yuusei, Jack und auch Crow.
„Ich komme mit dir! Ich hab doch gesagt, ich bleib bei dir, du Idiot! Es mag sein, dass ich es hier gut hab. Das stimmt. Martha und die Kinder sind wirklich toll. Aber ich zieh die alte, ranzige Couch in deinem Versteck den Betten hier echt vor. Schließlich... sind wir beide doch Streuner, die ihre Freiheit brauchen..."
Kyousuke sah mich mit offenem Mund an. „R-Ryoko-chan..."
Ich lächelte ihn sanft an. „Also? Worauf warten wir noch? Unsere Couch vermisst uns bestimmt schon!"
Kyousuke wirkte immer noch baff, aber nickte dann. „Stimmt! Dann... Dann sollten wir sie nicht länger warten lassen."
Martha kam zu uns und drückte mich kurz an sich. Auch Kyousuke umarmte sie zum Abschied, was diesem jedoch reichlich unangenehm war.
„Passt gut auf euch auf, ihr Zwei.", sagte sie und lächelte.
Dann beugte sie sich noch einmal zu mir und flüsterte in mein Ohr. „Schnapp ihn dir endlich mal, bevor er dir noch weg läuft!"
Ich fühlte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. „M-Martha!", rief ich ungewollt laut und erntete daraufhin verwirrte Blicke.
Jack kam zu uns und klopfte Kyousuke auf die Schulter. „Wir sehen uns ja spätestens morgen wieder, Kiryuu."
„Genau. Passt gut auf, auf dem Heimweg. Wisst schon, nicht mit Fremden mitgehen, die euch Lollis anbieten.", witzelte Crow und fing sich meinen Ellenbogen in den Rippen ein. „Sehr witzig!"
„Machts gut, Ihr zwei. Wir sehen uns." Yuusei verabschiedete sich von mir und Kyousuke mit einem kumpelhaften Handschlag.
Nachdem wir auch noch von den Kindern uns richtig verabschiedeten hatten, lief Kyousuke vor und ich folgte ihm.
Im Laufen drehte ich mich noch einmal um und sah zu Martha und den anderen, die uns noch vor das Haus gefolgt waren und uns winkten.
Ich winkte auch noch einmal und wandte meinen Blick dann wieder nach vorn zu Kyousuke.
Auch wenn ich leichte Tränen in den Augen hatte. Auch wenn ich sie vermissen würde.
Eines wusste ich:
Der Platz, wo ich hingehörte, war kein Ort, an dem ich gut leben konnte. Der Platz, wo ich hingehörte war der Platz, an dem sich mein Herz zuhause fühlte.
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Satisfy Me!
FanfictionRyoko Ishida ist ein junges Mädchen, welches auf den Straßen von Satellite lebt und dort tagtäglich um ihr Überleben kämpft und sich vor allem mit klauen über Wasser hält. Als sie eines Tages beim Stehlen einiger Metallteile erwischt und verfolgt wi...