Kapitel 2

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Wir kamen erst spät bei der Wohnung an. Meine Tante und ihr Mann waren in die Innenstadt gezogen, nachdem ihre Tochter Sue studieren gegangen war. Die Wohnung war recht groß und hell.


Ich durfte im Zimmer von Sue mir alles einrichten. Es war recht schlicht, da sie nie da war. Doch überall hängten Poster von irgendwelchen Gruppen und ich fühlte mich recht von ihren Blicken belästigt. Als ich meine Klamotten in den Schrank eingeräumt hatte, ging ich in das Wohnzimmer, indem Tao auf dem Sofa saß. Vor sich hatte er laute Briefe und Zeitungen. Er bemerkt mich und lächelt müde.

"Seit Abbys Tod hatte ich keine Zeit für alles. Die Rechnungen und Karten von Bekannten...Es sind schon 2 Monate her, aber..." Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und fing zu schluchzen an.
Ich spürte,wie mein Herz sich zusammenzog und hockte mich neben ihn. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Rücken und suchte nach den richtigen Worten: "Meine Tante...Also, es war einfach zu früh, aber niemand konnte es wissen...Und wir vermissen sie, aber jetzt sehe ich wie sehr du sie liebst und ich bin dankbar dass sie ihr Leben mit einer solchen Liebe verbringen konnte!"

Ich spürte die Tränen in meinen Augen, aber zwang mich, nicht zu weinen.

Noah, du bist hier zu helfen! Reiß dich zusammen!

Während ich um meine Beherrschung kämpfte, beruhigte sich Tao und richtete sich wieder auf. Er holte tief Luft und lächelte dann.

"Du hast Recht! Wir hatten eine schöne Zeit und das wird mir immer bleiben!" Eilig raffte er alle Briefe zusammen. Er läuft Richtung Tür und dreht sich noch einmal um.
"Ich muss noch mal die Versicherung anrufen. Könntest du vielleicht diese Magazine in das Gebäude nebenan bringen. Komischerweise landet das alles immer bei uns. Über dem Eingang steht ganz groß "YG", okay?" Und schon war er weg. Ich hörte wie er in sein Arbeitszimmer ging und die Tür schloss.

Ich schaute mir die Magazine an und es ging anscheinend nur um Mode und Musik. Ich hob sie hoch und fluchte, weil sie so schwer waren. Ich ging in den Flur und zog meine Stiefel und meinen Parka an. Seufzend lief ich die Treppen hinunter. Meine Gedanken schweiften zu der vorherigen Situation und ich spürte, wie die Tränen wieder kamen. Ich habe Tante Abby echt lieb, aber im Vergleich mit Taos Liebe...
Ich zog meine Nase hoch und öffnete die Tür. Mir schlug sofort die kalte Herbstluft entgegen und die verdrängten Tränen fingen an zu laufen. Es war schon Ende Herbst. Bald würde der Winter beginnen. Ich schaute nach dem Verkehr und als es sicher war, lief ich rüber. Vor mir war ein großes Gebäude mit ein paar Mädchen davor. Klar und deutlich konnte man das "YG" sehen und ich bin von dieser  Aura überrascht. Ich blieb stehen und schaute mir offenen Mund alles genau an.


 Was die wohl in dem Gebäude machen? 


Man sah auf jeden Fall, dass es gut lief und diese Firma, oder was auch immer es war, auf sicheren Beinen stand. Es sah weder heruntergekommen, noch alt aus. Ganz im Gegenteil!

Durch das Gewicht der Magazine kommt es mir schlau vor weiterzulaufen. Kurz vor dem Gehsteig bemerkte ich etwas seitlich. Irgendwas fuhr direkt auf mich zu und ich drehte mich erschrocken um.

Ein Auto?
 Verdammt!

 Ich spürte einen scharfen Schmerz an meiner Seite und flog hin. Die Autobremsen quietschten laut und die Magazine flogen durch die Luft. Autotüren wurden aufgemacht und ich spürte, wie sich etwas an meiner Seite zusammenzog.

Ich lag auf dem Boden und die Nässe fraß sich durch meine Jacke.

Vorsichtig öffnete ich die Augen und fluchte vor mich hin.


Aua! Das tat weh!


Ich versuchte mich aufzusetzen und keuchte auf.

Meine Seite tat ernsthaft verdammt weh!

Ich versuchte es trotzdem weiter und plötzlich war es einfacher. Ich blickte überrascht auf und bemerkte, dass mir geholfen wird.

"Alles okay?"
"Tut etwas weh?"
"Ruft jemand einen Krankenwagen?"
"Oh mein Gott! Oppa!"

Ich versuchte mich nicht auf den Schmerz zu konzentrieren und nickte bloß.

"Verdammt! Wir haben sie total umgenagelt", fluchte jemand der mich stützt.

Endlich stand ich und konnte mich vor Schmerzen kaum auf den Beinen halten.
Wieso musste das auch so weh tun?

Die Personen, die mich anscheinend angefahren hatten, stützen mich weiter und führten mich Richtung YG-Gebäude. Dabei mussten wir durch die Mädchenmasse und wurden unsanft geschubst. Alle wollten anscheinend meine Täter anfassen und sehen.

Wir waren endlich im Gebäude und ich wurde in einen separaten Raum gebracht. Dort war ein großes Sofa und ich setzte mich hin. Dabei zog es noch einmal schmerzhaft in der Seite und ich winselte. Die zwei jungen Männer schauten sich besorgt an. Einer mit hellblonden Haaren kniete sich vor mich hin. Er schaute mich ein paar Sekunden an und fing dann in Englisch an zu sprechen.

"Hör mal, mein Name ist Seungri. Es tut uns echt leid! Ein Arzt ist unterwegs. Sobald du dich komisch fühlst schrei, okay?"

Ich nickte bloß und konzentrierte mich auf meine Atmung. Dieser Seungri stand auf und redete mit dem anderen Mann. Er schien irgendeine Aufsicht zu sein, denn er wird sehr respektvoll behandelt. Sie flüsterten noch ein bisschen, bis noch mehr Leute in den Raum kamen.

Es sind ebenfalls junge und gut aussehende Koreaner. Ich bemerkte etwas rote und realisierte, dass einer rote Haare hatte.

Warte! Die kenne ich doch!

Die Jungs fingen an zu reden und ich hörte nur ein paar Bruchstücke.

"Der CEO ist in Japan, wichtiges Meeting."
"Daesung wartet draußen auf den Arzt"
"Sowas passiert auch immer uns!"

Sie schienen total vertieft in ihrem Gespräch zu sein.
Außer der Rothaarige.
Dieser schaute verwundert zu mir.
Ich blickte zurück und da fiel es mir ein!

Am Flughafen!

Auch er schien sich zu erinnern und schaute überrascht. Er machte die Anstalt etwas zu sagen, als ich spürte, dass mir schlecht wurde.
  
Mein Magen drehte sich um und ich hatte plötzlich Galle in meinem Mund. Der Rothaarige schien zu verstehen und rannte Richtung Tür, wo ein Mülleimer stand. Er schnappte ihn und sprintete zu mir. Gerade rechtzeitig, denn schon musste ich mich übergeben.
Ich beugte mich vor Schmerz und jede Bewegung verursachte höllische Quallen. Tränen liefe in Strömen über mein Gesicht und der Junge hielt meine Haare fest.
Die anderen schauten nur erschrocken rüber und einer mit schwarzen Haare schien selbst fast zu kotzen.

Als alles draußen war, drückte der Rothaarige mich sanft zurück und legte mich auf das Sofa. Ich weinte vor Schmerzen und Scham. Meine Seite tat einfach nur weh und ich war müde. Er striech mir sanft die Haare aus meinem Gesicht und wischte die Tränen weg.

"Pssch...Alles ist gut, nicht weinen."

Er versuchte mich zu beruhigen!

Aber ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen!
Ich schloss verzweifelt die Augen und hörte, wie er jemanden nach Wasser fragte. Seine Hand lag beruhigend auf meiner Stirn und ich spürte, wie ich eindämmerte. Ich bekam noch mit, wie jemand rief, endlich sei der Arzt da, als ich einschlief.


Mit den beruhigenden Wörter eines Fremden in meinem Ohr.

Ein Winter mit G-DragonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt