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P.o.V. Hades

„Es handelt sich dabei um die Geschichte eines kleinen, unschuldigen Jungen." Fing ich an und beobachtete dabei die Ausdrücke auf den Gesichtern der beiden ganz genau. Die blanke Verzweiflung in Elodies Gesicht und die Verwirrung gepaart mit Sorge in dem von Lucifer. Ein äußerst amüsanter Anblick. „Ich kann mich nicht an viele Momente vor eurer Existenz erinnern aber eines werde ich niemals vergessen: Wie stolz mein Vater darüber war, einen männlichen Nachkommen gezeugt zu haben. Einen Sohn, der irgendwann die Macht über die höllische Unterwelt übernehmen würde."

Ich sah, wie Lucifer Elodie einen kurzen aber deutlich irritierten Blick zuwarf. „Du scheinst verwirrt zu sein, Lucifer." Stellte ich grinsend fest und lehnte mich in dem soeben errungenen Thron zurück. „Du hast richtig erkannt, dass damit weder du gemeint bist, noch dein Bruder Satan. Ich bin es." Begann ich meine Erklärung und konnte mit Faszination beobachten, wie die Erkenntnis langsam aber sicher in Lucifer einzusickern begann. Elodie hingegen, nahm diese neue Information unerwartet neutral hin. Als käme dieses Detail für sie nicht sonderlich überraschend.

„Ich bin der erstgeborene Sohn und somit der rechtmäßige Erbe des Throns und im Zuge dessen auch der Herrschaft über die Hölle." Fügte ich noch hinzu und legte meine Unterarme besitzergreifend auf die Lehnen des Thrones auf dem ich saß. Der Thron, der nach dem ewigwehrenden Drama der vergangenen Monate eigentlich Lucifer zugesprochen worden war. „Vater hat mich jahrelang darauf vorbereitet, seine Position zu übernehmen. Hat sich darum bemüht, dass ich lerne, die Grausamkeit der Menschen zu verstehen und sie für ihr Handeln zu bestrafen." Das Grinsen auf meinen Lippen wurde während meiner Worte ein wenig breiter. „Leider hat er damit außer Acht gelassen, dass ich zu dieser Zeit noch ein Kind war und nicht verstand, was er mir vermitteln wollte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie verängstigt Mutter war, sobald ich mich in ihrer Nähe aufhielt. Ich hatte gefallen daran gefunden, Menschen Schaden zuzufügen, eine äußerst besinnliche Beschäftigung. Das schien Mutter jedoch nicht zu gefallen."

Bei der Erwähnung unserer Mutter schien Lucifer sich merklich anzuspannen und er öffnete den Mund um etwas zu sagen aber ich hob nur in einer kurzen Bewegung die Hand und brachte ihn somit zum Schweigen. Das Grinsen auf meinen Lippen verschwand für einen kurzen Augenblick und ich ließ meine Augen drohend aufglühen. „Ich sagte, ich möchte mich nur ungerne wiederholen. Also hör zu." Knurrte ich regelrecht, ehe ich etwas entspannter meine Erzählung fortsetzte. „Nach wenigen Jahren stand fest, dass Satan auf dem Weg war. Vater hatte dies gefallen, denn ein weiterer Thronfolger bedeutete, dass die Herrschaft der Hölle nicht zwangsweise einer Person unterliegen würde und er konnte sich scheinbar nicht mit der Idee zufriedengeben, dass mir die alleinige Herrschaft unterlag."

„Kurz nach Satans Geburt beschlossen unsere Eltern mich in das Höllenfeuer abzuschieben. Meine gnadenlose Freude am Leid jeglicher Menschen, egal ob gut oder böse, hätte an der Spitze der Hölle keine Verwendung. Das waren ihre Worte. Ich war noch immer ein Kind. Und gerade dessen, wusste ich es nicht besser und habe mich vollkommen naiv nach ihren Wünschen gerichtet. Gehorsam wie ein blindes Tier. Nach eurer Geburt sah ich Mutter nur noch äußerst selten. Sie wollte mich nicht sehen, dass war mehr als offensichtlich. Vater beschäftigte sich zunehmend mit Satan und bereitete ihn darauf vor, den Thron zu übernehmen."

„Sie haben dich vollkommen links liegen gelassen." Brachte Elodie schlussfolgernd hervor und ich konnte mir ein belustigtes Auflachen nicht verkneifen. „Sie haben mich gänzlich ausradiert, meine Liebe." Korrigierte ich ihre Aussage. „Obwohl wir uns in der Hölle befinden, war selbst Vater von meiner grausamen Art beunruhigt und sperrte mich weg. Er befürchtete wohl, dass ich das Gleichgewicht von Gut und Böse zu sehr durcheinander bringen würde, sollte ich den Thron übernehmen." Ich gab einen abfälligen Laut von mir. „Er löschte alles aus, was mit mir in Verbindung gebracht werden konnte. Jeder Untergebene der Hölle verlor jegliche Erinnerungen, die er an mich hatte. Jedes Bild, jede Notiz die in irgendeiner Form zu mir zurückgeführt werden konnte, wurde verbrannt."

Des Teufels VermächtnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt