Bonus 4

18 2 0
                                    

Enthält Spoiler zu "Peter Pan loves me"

Neverland, 12 Jahre vor Reginas Fluch

Felix POV

Unruhig wandere ich am Strand auf und ab. Peter Pan müsste eigentlich längst zurück sein. Was treibt er nur so lange? Ja, natürlich ist heute ein besonderer Tag für ihn, aber die Aktion selbst ist doch sicher schnell erledigt?
Der Herr Neverlands ist in den Zauberwald geflogen, um Juna von dort abzuholen. Und sie herzubringen. Hierher. Nach Neverland. Damit sie zusammen sein können.

Ärgerlich stoße ich mit einer Schuhspitze in den Sand. Es ist nicht so, als würde ich das Mädchen nicht mögen. Eigentlich passt sie hier sogar ganz gut rein. Juna ist ein verlorenes Mädchen und gibt sich viel Mühe sich in die Gruppe einzufügen. Auch die anderen Jungs mögen sie. Und Pan ist zufrieden, wenn er in ihrer Nähe ist.

Und ich?

Ich finde sie interessant, schätze ich. Noch immer konnten der Herr Neverlands und ich nicht in Erfahrung bringen, wie sie es geschafft hat den Weg hierher zu finden. Ob Juna es wohl überhaupt selbst weiß?
Ich hoffe, sie weiß Peter Pans Einverständnis sie hier aufzunehmen zu schätzen.
Ach, was denke ich hier nur wieder für einen Blödsinn?

Verärgert fahre ich mir mit der freien Hand durch die Haare, die andere hält die Keule über meiner Schulter fest, und presse meine Zähne aufeinander.
Was stört mich nur so an ihr? Sie ist Pan doch so wichtig!
Und vielleicht ist genau das das Problem. Ich möchte seine Aufmerksamkeit nicht teilen. Meine Geschichte mit Pan ist lang und ich habe meine Loyalität ihm gegenüber immer wieder unter Beweis gestellt. Was hat sie schon getan? Wie lange ist sie schon hier? Knapp drei Jahre? Und das auch nur in ihren Träumen. Was, wenn sie mir meine Position streitig macht?

„Felix?"
Ruckartig drehe ich mich um. Ich war so mit mir selbst beschäftigt, dass ich nicht bemerkt habe, wie Peter Pan zurückgekehrt ist. Bei seinem Anblick runzele ich verwirrt die Stirn, „Wo ist das Mädchen?"

„Sie wurde verflucht", antwortet Pan und setzt sich auf den Sandstrand. Etwas irritiert lasse ich mich neben ihm nieder.
„Verflucht?"
„Ich kann sie nicht hierher bringen."
So erschüttert habe ich den Herren Neverlands noch nie zuvor gesehen.

Unruhig gleitet sein Blick hin und her, aber scheint nichts tatsächlich zu fokussieren. Sein Kiefer ist angespannt und seine Hände ballen sich wütend zu Fäusten. Ein paar Meter neben uns geht ein Strauch in Flammen auf. Hell und heiß zuckt das Feuer in unsere Richtung, doch Pan beachtet es gar nicht.
„Sie bei mir zu haben war das, was ich wollte", sagt er tonlos und aufstiebende Funken unterstreichen seine Worte. Schatten tanzen über sein Gesicht und verzerren so dessen Ausdruck. Auch der Wind frischt auf und treibt dunkle Wolken über der Insel zusammen. Bald ist es fast so finster wie eine sternlose Nacht. Nur die zuckenden Flammen spenden noch immer Licht.

Was ist dem Mädchen nur passiert, dass nicht einmal der mächtige Herr Neverlands sie retten kann? Es muss ein wirklich furchtbarer Fluch sein.

„Es ist meine Schuld", spricht Pan mehr zu sich selbst als zu mir. Resigniert sitzt er neben dem brennenden Busch. „Ich habe zu lange gewartet."

Urplötzlich zuckt ein Blitz über den dunklen Himmel, doch der Donner bleibt aus. Es scheint, als hätte Pans Kraft ihn verlassen und seinen Körper still und erschöpft zurückgelassen. Seine Macht nutzt lieber die Gegebenheiten der Insel, um seine Emotionen auszudrücken.

Erst jetzt begreife ich wirklich, dass das verlorene Mädchen dem Herren Neverlands sehr viel bedeutet. Dass sie wichtig ist und ein Teil von ihm. Nun komme ich mir schäbig vor, dass ich mich zuvor so über sie ereifert habe. Sie gehört zu Pan und ihm habe ich mich verpflichtet. Es ist meine Aufgabe ihn zu unterstützen.

„Du wirst einen Weg finden", sage ich ernst und schaue ihm fest in die Augen. Er nickt, doch erhebt sich noch immer nicht.

Es beginnt zu regnen. Stumm setze ich mich neben Peter Pan und fühle wie der Regen langsam meinen Mantel durchdringt. Da ich meine Kapuze nicht trage, kleben mir, ebenso wie Pan, Haarsträhnen im Gesicht. Trotz des Wetters brennt der Busch hinter uns weiter. Glücklicherweise ohne auf den übrigen Dschungel überzugehen.

Gemeinsam schauen der Herr Neverlands und ich auf das tosende Meer. Riesige Wellen rollen an den Strand, während Blitze über den Himmel zucken. Fast gelangt das Wasser bis zu uns und ich werde etwas nervös.
Pan neben mir sieht ziemlich leblos aus. Er hat die Augen geschlossen und liegt zusammengesunken im Sand. Wann hat er sich hingelegt?

„Pan?", frage ich ihn beunruhigt, nur um zu wiederholen, als er nicht reagiert. Nach dem dritten Mal rüttele ich ihn ein wenig an der Schulter.
Nichts.
Langsam bekomme ich wirklich Angst.

Als ich ihn wieder rütteln möchte, diesmal heftiger, reißt mich eine kräftige Windböe von dem Herrn Neverlands weg. Der Sturm erreicht seinen Höhepunkt und der Boden erzittert.

Dann endlich erwacht Peter Pan, setzt sich ruckartig auf und schnappt nach Luft. Noch immer etwas eingeschüchtert warte ich, bis er selbst mit mir Kontakt aufnimmt.

„Felix", er kommt zu mir hinüber, reicht mir eine Hand und hilft mir auf.
„Was ist gerade passiert, Pan?", traue ich mich zu fragen.

Als hätte es ihn nie gegeben, hat der Sturm sich gelegt und über Neverland hängt nur noch eine hellgraue Wolkendecke. Die Wellen sind geschrumpft und kommen friedlich an den Strand und als ich mich zu dem zuvor brennenden Gebüsch umdrehe, muss ich ich feststellen, dass es völlig unberührt aussieht. So als hätte es nie lichterloh in Flammen gestanden.

„Manchmal bin ich mehr Neverland als Mensch, Felix", antwortet Pan mit einem nachsichtigen Lächeln. Ich nicke, auch wenn mir das, was in ihm vorgegangen sein muss, unbegreiflich ist.
„Was werden wir als nächstes tun?"
„Ich muss nachdenken und eine Lösung finden. Und wenn ich das geschafft habe, wird ein ganz bestimmter Mann sterben. Sein Name ist Timmothy", Zorn zuckt über Peter Pans Gesicht.
Ich lächle, „Du weißt, dass dir meine Unterstützung sicher ist."

Felix - The second shadow of Peter PanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt