Kapitel 9

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Felix POV

„Nochmal danke für alles, Pan", sage ich. Reisefertig stehe ich am Strand, die Kapuze aufgesetzt.

„Bis bald, Felix", sagt Peter nur und nickt dann dem Schatten zu, der stumm neben uns schwebt. Der glühender Blick von ihm wandert zu mir und er bietet mir seine dunkle Hand. Entschlossen ergreife ich sie.

„Vergiss meinen Wunsch nicht", erinnert mich Pan noch einmal.

„Wie könnte ich?", frage ich mit einem Grinsen und lasse mich dann von dem Schatten in Richtung Himmel ziehen. Durch das Fliegen steigt wieder ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend auf, doch ich ignoriere es. Stattdessen lasse ich die kribbelnde Vorfreude zu. Heute werde ich Mabel wiedersehen! Ein Blick nach unten zeigt mir, dass ich mich bereits einige Meter über der Insel befinde. Peter steht noch immer am Strand und schaut uns nach. Warum nur ist er sich so sicher, dass ich wiederkomme? Ich schiebe die Frage beiseite und wende den Blick ab. Es ist nicht mehr wichtig.

Die Luft zischt an mir vorbei, denn der Schatten fliegt schnell. Meine Kapuze wird mir vom Kopf gerissen und flattert gemeinsam mit dem Saum des Mantels hinter mir her. Meine blonden Haare wehen im Wind. Aufmerksam wandert mein Blick in dem endlosen Himmel umher. Irgendwo hier muss doch das Portal sein, von dem Peter mir erzählte. Doch der Schatten und ich fliegen und fliegen ohne dass wir etwas erreichen, das so aussieht als könnte es ein Portal sein. Ehrlich gesagt habe ich aber auch keine Ahnung wonach ich konkret Ausschau halten muss. Auf einmal glimmt jedoch etwas rechts von uns auf.

„Was war das?", wende ich mich an den Schatten, wobei ich rufen muss, damit er bei dem Wind, der uns umweht, überhaupt etwas versteht.

„Das Portal", antwortet der Schatten nur. Er ruft nicht. Seine Stimme klingt tief und durchdringend wie immer, als könnte nichts sie davon abhalten Gehör zu finden.

Ich nicke, was der Schatten nicht sieht, aber meine Reaktion ist ihm vermutlich sowieso egal. Er muss wirklich ein sehr mächtiges Wesen sein, wenn er durch so viele Welten reisen kann. Ob es wohl noch mehr seiner Art gibt? Und wenn ja, arbeiten sie dann alle für Peter Pan? Wenn Pan so mächtige Verbündete hat, ist es wirklich verwunderlich, dass er mich, einen unbedeutenden Jungen, in seiner Nähe haben wollte. Vielleicht bin ich aber doch nicht so wichtig, schließlich hat er mich ja gehen lassen. Wobei er offenbar der Überzeugung ist, dass ich zurückkehre. Warum auch immer.

Die Gedanken an Peter Pan und Neverland verblassen, als ich unter uns meine Stadt entdecken kann. Noch nie habe ich mich so sehr gefreut dort zu sein. Eigentlich freue ich mich aber nur über Mabel. Sie hat mich bestimmt vermisst.

Immer näher kommen wir meinem Stadtteil und ich erkenne die engen Gassen, die wie Wurmgänge zwischen den Häusern entlang führen. Die Sonne über mir ist nicht mehr so warm wie noch vor einer Weile, denn hier ist es schon später Nachmittag. Der Schatten hält auf den Rand der Stadt zu und beim Näherkommen kann ich schon das Haus erkennen, in dem ich lebe. Vor der Haustür setzt der Schatten mich ab.

„Weißt du noch was du sagen sollst, wenn du zurück willst?", ruhig schwebt der Schatten vor mir und sein glühender Blick liegt auf mir.

„Ja, ich rufe dich, indem ich sage 'Ich glaube'", in dem Moment als ich die beiden besonderen Wörter ausspreche leuchten die Augen des Schatten für einen kurzen Moment noch heller, sodass ich den Blick abwenden muss. Als ich ihn wieder hebe, ist der Schatten verschwunden.

Nun habe ich nichts anderes mehr im Kopf als auf dem schnellsten Weg zu Mabel zu kommen. Ich renne los und schlittere um enge Kurven herum. Die Wege sind matschig, es muss wohl geregnet haben, und ich falle mehrmals beinahe hin. Doch das ist es mir wert, denn gerade ersehne ich nichts mehr als Mabel in meine Arme zu schließen. Außer Atem renne ich um die letzte Ecke und komme vor der Tischlerei zum stehen. Meine Hand wandert zu meiner Hosentasche, doch sie ist leer. Verflucht! Natürlich ist der Schlüssel zur Tischlerei in der Tasche meiner Dienstkleidung. Ich klopfe kräftig an die Tür und komme langsam wieder zu Atem.

Felix - The second shadow of Peter PanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt