Felix POV
„Aha und was willst du?", ich neige den Kopf ein wenig und recke dabei das Kinn. Vielleicht ist dieses Ding auch nur ein Hirngespinst und vor so etwas werde ich sicher nicht fliehen.
„Ich wurde gesandt, um dich zu holen, Felix", der Schatten schwebt näher an mich heran.
„Mich?", ich bin etwas verwirrt. Wer bitte sollte Interesse an mir haben? „Wohin willst du mich überhaupt mitnehmen?", ein wenig neugierig bin ich schon.
„Neverland", antwortete der Schatten schlicht.
„Das sagt mir nichts", ich schüttele den Kopf, das ist doch allesalbern, „Außerdem werde ich hier nicht fort gehen." 'Auch wenn ich mir das wünsche', füge ich insgeheim hinzu.
„Wie du meinst", es klingt nicht so als würde der Schatten einlenken, aber er fliegt nach seinem Satz tatsächlich davon und lässt mich alleine in der Gasse zurück.
Das war wirklich merkwürdig, wenn es überhaupt tatsächlich geschehen ist. Ein nervöses Lachen entkommt meinem Mund. Vielleicht werde ich ja jetzt verrückt und bilde mir Gestalten ein? Aber das Beunruhigendste daran ist, dass das Verschwinden des Schattens ein Loch in mir hinterlassen hat. Wie eine Wunde, die mich durch ihr Pulsieren durchgängig daran erinnert, dass sie da ist. Im Nachhinein fühlt es sich so an, als hätte ich mitgehen müssen, wohin auch immer. Neverland. Was soll das überhaupt sein? Ein Land, das nicht existiert vielleicht? Seltsam.
Ich hätte von hier verschwinden können. Erst jetzt wird mir die Bedeutung davon richtig bewusst. Ich hätte alles hinter mir lassen können. Aber dann hätte ich auch Mabel verloren, ein Leben mit ihr verkommen lassen und hätte das schlechte Gewissen meiner Mutter gegenüber auf mich genommen. 'Dafür hättest du ein neues Leben gehabt', flüstert es hämisch in meinem Kopf. Ja, vielleicht, wenn ich mir das nicht alles nur eingebildet habe.
Ich seufze. In meinem Kopf drehen sich zwar die Gedanken, doch ich bin nicht mehr dazu bereit sie mit Alkohol verschwimmen zu lassen. Dennoch will ich abgelenkt werden, möchte jetzt nicht dem Teil von mir ausgesetzt sein, der es bereut nicht abgehauen zu sein. Doch wo kann ich hin? Zu Mabel? Nein, ihr Vater ist garantiert Zuhause. Vielleicht in die Kneipe? Nicht um zu trinken, aber um Rufio zusehen, er arbeitet ja dort. Außerdem werde ich heute Abend sowieso dorthin müssen, um meine Mutter zu holen. Um wieder in alte Muster zu verfallen, die mich hoffentlich von meinen Hirngespinsten ablenken.
Entschlossen und mit der Kapuze auf dem Kopf mache ich mich auf den Weg. Derselbe wie jeden Abend, mit dem Unterschied, dass Charlotte und ihre Freundinnen diesmal nicht vor dem Eingang des Bordells stehen. Es ist allerdings auch früher als ich sonst losgehe. Vielleicht wird Charlotte sich nachher fragen wo ich bleibe.
X
Ich müsste nur noch um zwei Ecken biegen, als ich auf einmal Schritte höre. In dem Gewirr aus Gassen kann ich nicht deuten woher sie kommen. Schnell werfe ich einen Blick über die Schulter, aber niemand ist hinter mir. Doch als ich meine Augen wieder auf den Weg vor mir richte, steht jemand nur ein paar Meter von mir entfernt. Eine große, kräftige Gestalt, die nun leicht hinkend auf mich zukommt: Der Schmied. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen und Adrenalin durch meinen Körper zu pumpen.
„Denk gar nicht erst daran wegzulaufen, Junge", mahnt er mich, „Wir werden uns wiedersehen, selbst wenn du jetzt zu feige bist."
„Kommen Sie mir nicht zu nahe", warne ich ihn, „Gestern waren Sie es, der ohnmächtig am Boden lag."
„Und heute wirst du es sein", ein Grinsen, das wieder ein paar Zahnlücken entblößt, macht sich auf dem Gesicht des Schmieds breit. Das Schlimmste ist, dass ich weiß, dass er recht hat. Heute werde ich kassieren, wenn ich diese Nacht überhaupt überlebe.
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Felix - The second shadow of Peter Pan
Fantasy„Du traust dich nicht, es dir einzugestehen", erkennt Pan mit zusammengezogenen Augenbrauen und lässt mich nun nicht mehr aus den Augen, „Doch das solltest du. Nur wer ehrlich zu sich selbst ist, kann sein größtes Potenzial erreichen." Noch immer we...