Der Flughafen war in ein hektisches Treiben gehüllt, Menschen eilten geschäftig hin und her, während ich mit meinem Koffer am Check-in-Schalter stand. Meine Eltern hatten mich bis hierher begleitet, doch der Moment des Abschieds rückte unaufhaltsam näher. Wir standen etwas abseits von den Menschenmengen, und ich spürte, wie eine leise Anspannung in der Luft lag.
„Du schaffst das", sagte meine Mutter leise und drückte mir die Hand. „Barcelona wird dir guttun."
Ich nickte stumm und versuchte, ihre Zuversicht in mich aufzunehmen. Doch mein Magen war ein einziges Durcheinander. Es fühlte sich an, als würde ich nicht nur eine Reise antreten, sondern mich auf eine Konfrontation mit meiner eigenen Vergangenheit vorbereiten. Mein Vater legte mir eine Hand auf die Schulter und lächelte ermutigend. „Wir sind immer für dich da, Hanna. Denk daran."
Ein letzter Blick, eine Umarmung, dann löste ich mich von ihnen und trat in die Schlange für die Sicherheitskontrolle. Als ich mich noch einmal umdrehte, sah ich, wie meine Mutter eine Träne wegwischte, während mein Vater seinen Arm um sie legte. Ich schluckte schwer und wandte mich ab. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Der Flug war fast vollständig ausgebucht, aber ich hatte das Glück, einen Fensterplatz zu bekommen. Kaum hatte ich mich in den engen Sitz gekuschelt, holte ich meine Kopfhörer heraus und ließ mich in die Musik sinken. Die sanften Klänge von Softcore begleiteten mich, als das Flugzeug schließlich abhob und die Welt unter mir kleiner wurde. Die Musik hüllte mich in eine tröstliche Blase, die die Nervosität und den Kloß in meinem Hals ein wenig linderte. Der Schmerz, der mich seit Pauls Tod begleitete, war jetzt wie eine leise Hintergrundmelodie, die niemals ganz verstummte, egal wie laut die Welt um mich herum war.
Als die Anschnallzeichen schließlich erloschen, sah ich aus dem Fenster. Die Wolken zogen vorbei, und unter ihnen verschwand Deutschland in der Ferne. Mein Ziel war nicht nur eine Stadt – es war eine Stadt voller Erinnerungen, voller unverarbeiteter Gefühle. Mit jedem Kilometer, den wir dem Ziel näher kamen, wuchs das Gewicht in meiner Brust. Doch gleichzeitig verspürte ich eine seltsame Ruhe, als ob ich endlich auf dem richtigen Weg war.
Die Landung in Barcelona verlief reibungslos, und als die Türen des Flugzeugs sich öffneten, schlug mir eine warme Brise entgegen. Es war, als hätte die Stadt selbst mich mit offenen Armen empfangen. Die Hitze war angenehm, eine Umarmung, die ich nach den letzten kühlen Wochen in Deutschland dringend brauchte. Ich atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen. Der Duft von Meer und Sonne lag in der Luft – vertraut und doch fremd zugleich.
Am Ausgang des Flughafens entdeckte ich Onkel Fernando. Er stand etwas abseits der Menge, groß und mit den breiten Schultern, die ich aus meiner Kindheit in Erinnerung hatte. Sein Gesicht war ernst, doch als er mich sah, breitete sich ein Lächeln über seine Züge aus. „Hanna!", rief er und kam mir entgegen. Er umarmte mich herzlich, und für einen Moment fühlte ich mich wieder wie das kleine Mädchen, das hier vor so vielen Jahren seine Sommer verbracht hatte.
„Schön, dich wiederzusehen, Hanna", sagte er und nahm meinen Koffer. „Du bist so erwachsen geworden."
„Es ist schön, wieder hier zu sein", antwortete ich, obwohl die Wahrheit komplizierter war. Wir machten uns auf den Weg zu seinem Auto, einem alten, aber gepflegten Geländewagen, der schon unzählige Male die Straßen Barcelonas durchquert hatte.
Die Fahrt durch die Stadt war surreal. Die Straßen, die Gebäude, die vertrauten Geräusche – alles war wie ein Déjà-vu. Ich lehnte mich in den Sitz zurück und ließ den Blick aus dem Fenster schweifen. Es war, als würde ich eine Reise in die Vergangenheit unternehmen, und doch war alles anders. Als wir schließlich die kleinen, verwinkelten Gassen erreichten, die zu Rosas Haus führten, wurde ich nervös.
„Rosa wird sich so freuen, dich zu sehen", sagte Fernando, als er das Auto vor dem kleinen, weißen Haus parkte. „Sie hat die letzten Tage ständig von dir gesprochen."
Ich atmete tief durch und stieg aus dem Auto. Das Haus meiner Großmutter hatte sich kaum verändert – die weißen Wände, die blauen Fensterläden, der kleine Garten mit den bunten Blumen. Und dann sah ich sie: Rosa stand in der Tür, eine Hand vor den Mund geschlagen, während Tränen über ihre Wangen liefen.
„Hanna!", rief sie und lief mir entgegen. Die Umarmung, die folgte, war fest und voller Emotionen. Sie hielt mich so fest, als würde sie mich nie wieder loslassen wollen. „Oh, mein Mädchen, du bist endlich hier!"
Tränen stiegen mir in die Augen, als ich sie erwiderte. „Ich bin da, Abuela."
Rosa löste sich schließlich von mir, wischte sich die Tränen ab und musterte mich mit einem strahlenden Lächeln. „Komm, lass uns hineingehen. Es gibt so viel zu erzählen."
Drinnen empfing mich der vertraute Duft von Rosas Haus – eine Mischung aus frischen Kräutern, altem Holz und dem süßen Aroma von Gebäck. Wir setzten uns in das gemütliche Wohnzimmer, und sie bot mir sofort etwas zu essen und zu trinken an. Es war, als wäre ich nie fort gewesen. Fernando gesellte sich zu uns, und bald sprachen wir über alles Mögliche – meine Zeit in Deutschland, ihre Gesundheit, die Veränderungen in Barcelona.
Doch dann, mitten in einem Satz, stockte Rosa und sah mich an. Ihre Augen wurden weich, und ich wusste, was kommen würde, bevor sie es überhaupt aussprach.
„Paul würde sich so freuen, dich hier zu sehen, Hanna", sagte sie leise. Ihre Worte hingen in der Luft wie eine schwere Wolke, die drohte, alles zu erdrücken.
Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, und ich kämpfte darum, die Fassung zu bewahren. Paul. Sein Name war wie ein Messer, das sich in mein Herz bohrte. Ich sah Rosa an und erkannte den Schmerz in ihren Augen, der Spiegel meiner eigenen Gefühle. In diesem Moment wusste ich, dass ich dieser Begegnung mit der Vergangenheit nicht entkommen konnte. Sie war hier, präsent, unausweichlich.
„Ja", flüsterte ich schließlich, meine Stimme kaum hörbar. „Das würde er."
990 wörter
DU LIEST GERADE
𝐬𝐭𝐞𝐫𝐧𝐞 𝐮̈𝐛𝐞𝐫 𝐁𝐚𝐫𝐜𝐞𝐥𝐨𝐧𝐚✵|| Pablo Gavi ff
FanficHanna-Rosa López ist mit ihren 17 Jahren eine außergewöhnliche junge Frau. Nach ihrem vorgezogenen Abitur plant sie ein Medizinstudium, doch bevor sie sich in die Welt der Wissenschaft stürzt, verbringt sie den Sommer in Barcelona bei ihrer Großmutt...