Kapitel 28: CUT!

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Die nächsten Wochen vergingen, ohne das auch nur irgendwas Schlimmes passierte. Nicht, dass ich es wollen würde, aber ich rechnete damit. Jeden verdammten Tag. Denn es war ungewöhnlich ruhig geworden. Wir hatten den Film fast fertig. Drei Szenen mussten wir noch drehen. Drei! Danach ging es an die Animation, der Zusammensetzung und anschließend Korrektur Sehen. Aber dann war der Film fertig und man versprach, dass er nächsten Monat in die Kinos kommen würde. Ein Ding, welches ich noch immer nicht fassen konnte, aber es geschah. Es hatte sich bereits so viel verändert und das würde es spätestens nach dem Anlauf in den Kinos noch mehr tun. Doch umso mehr ich mich freute, auf das, was mir bevorstand, desto weniger schien es Levi zu freuen. Man merkte einfach wie er sich Tag für Tag mehr zurückzog. Und es tat mir weh, denn ich musste zugeben, wie sehr ich ihn mochte. Die Gedanken, er hatte mich nur benutzt, um sich abzulenken, schwirrten immer mehr in meinem Kopf, vor allem, weil das nicht nur einmal geschehen war. Oft genug hatten wir uns abends getroffen, hatten gefühlt den besten Sex, nur um uns dann im Alltag aus dem Weg zu gehen. Das fühlte sich irgendwo nicht richtig an.
Was also tun? Mit ihm darüber sprechen? Ich konnte mir die Antwort fast schon denken, doch wollte ich sie nicht hören, denn es würde sicherlich zu Streit führen. Und das konnte weder er noch ich gebrauchen.
"Okay, Leute, auf eure Position! Die letzten drei Takes sind super easy, danach...ist...DER FILM IM KASTEEEEEEN AAAARGH!"Hanji konnte ihre Freude nicht zurückhalten, und das sollte sie auch gar nicht. Ich freute mich auch. Nur war es für mich immer noch nicht wirklich real.

Die letzten drei Takes waren die Nachkriegsszenen. Also eher ruhige Szenen. Die einen hatten geheiratet und Kinder bekommen, die anderen...waren dabei, eine Beziehung zu starten. Und die Rede war von Levi und mir. Natürlich hatte Hanji eine Romanze daraus gemacht. Und diese letzte Szene drehten wir nun.

Szene:

Lets go!

Auf 3 stürmte ich auf Levi los und landete volles Pfund in seinen Armen. Laut Drehbuch waren Wochen vergangen, denn unsere Verletzungen mussten erst mal heilen. In der Zeit hatten wir uns nicht gesehen, was gut auf meine Reaktion passte.
Natürlich kamen mir da die Tränen, während es bei Levi ein wenig verhalten schien, denn immerhin war er ein kühler Kotzbrocken, doch ein wenig Freude zeichnete sich in seinem Gesicht dann doch ab.
Wir umarmten uns weiter. Er drückte fest zu und ich tat es ihm gleich. Es war eine Mischung aus Sehnsucht und Glück.
"Ich hab dich so vermisst", raunte er an mein Ohr und es bereitete mir eine Gänsehaut.
"Ich dich auch", sagte ich ihm und drückte noch ein wenig fester zu. Der Typ roch so frisch, das ging gar nicht anders. Dann aber entfernten wir uns ein wenig. Er legte seine rechte Hand an meine Wange und streichelte sie, während er mich schmunzelnd dabei ansah. Seine Augen wirkten in dem Moment mehr blau als grau. Glücklicher und frei. Dabei war die aktuelle Situation alles andere als glücklich und frei, und wohl eher grau als blau.
"Ich habe es dir gesagt, oder? Ich werde auf dich aufpassen und dich mit meinem Leben beschützen. Und nach dem Krieg...werden wir ein glückliches Leben führen."
"Du bist ziemlich gut in Worte halten", antwortete ich. "Also, wo ist mein Ring?"
Levis Ausdruck veränderte sich. Seine Augen stellten Fragen und wirkten doch gleichzeitig überrumpelt. "Ring?", fragte er dann auch gleich.
"Es gab mal einen Moment, wo du mir einen versprochen hast, falls wir den Krieg überleben. Du wolltest mich heiraten." Ich versuchte empört zu klingen und hoffte, dass ich es schaffte.
"Wir beide müssen wohl erst mal einiges hinter uns lassen. Und wenn sich dann alles normalisiert hat, und du nicht mehr daran denkst, dann wirst du einen bekommen."
"Wenn ich nicht mehr daran denke?", spielte ich weiter empört.
"Du erwartest es jetzt. Das macht die Sache uninteressant. Nicht wahr?"
"Hmmm", machte ich und kniff ein wenig die Augen zusammen.
"Du hast ja recht."
"Ich weiß." Er gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Hauptgefreiter Leviiii?", hörten wir dann jemanden rufen.
Levi schloss daraufhin kurz genervt seine Augen. "Meine Fresse. Selbst nach dem Krieg gehen sie mir alle auf den Sack."
"Du hast halt eben eine Position. Freunde dich damit an."
"Scheint so", antwortete er, nahm mich nochmal in den Arm und ging dann, doch ich hatte noch eine kleine Rechnung mit ihm offen.
"Levi, warte...", sagte ich dann. Er drehte sich wieder zu mir, ich lief ein paar Schritte auf ihn zu und...
KLATSCH!
Er bekam eine heftige Ohrfeige, die man vermutlich bis nach Timbuktu hörte. Das Lustige war, dass diese Szene nicht im Drehbuch stand. Aber ich fand sie passend. Dementsprechend reagierte Levi auch.
"Du weißt, wofür die war", sagte ich nur. Und mir war nicht klar, ob er sich denken konnte, wofür sie war. Es war nicht persönlich gemeint, auch wenn man sich das eventuell denken könnte, doch war diese Situation auf einen unserer Takes zurückzuführen. Und zwar die Szene, wo er sich bei der Hausparty besoff, mich abwimmeln wollte und mich als "Nichtsnutz" beleidigte. 
Ganz gleich, ob Levi nun wusste, was gemeint war oder nicht, er reagierte perfekt.
Er legte seine Hand auf die Stelle, die nun einen roten Handabdruck zeigte und schmunzelte. "Das habe ich wohl verdient", waren seine Worte.
"Hast du", sagte ich und ging noch ein paar Schritte mehr auf ihn zu. "Aber es gibt noch etwas, dass du verdient hast."
Er verfolgte jeden Schritt, den ich tätigte. Beobachtete genau mein Vorhaben, bis ich dann vor ihm stand. Seine Augen fixierten meine, während sich meine Hände seinen Rücken hochschlichen. Seine Hände fanden den Weg zu meinem Gesicht und meinem Haaransatz im Nacken, bis wir uns dann küssten. Leidenschaftlich und intensiv. Ein Kuss voller Verlangen und Sehnsucht. Der perfekte, abschließende Moment. Und ich liebte das Gefühl seiner Lippen. Sie waren so weich. Ich könnte stundenlang so weitermachen, erhoffte mir innerlich, dass es zwischen Levi und mir im echten Leben auch so war. Aber es war anders...
"Ich liebe dich, Y/N", flüsterte er dann an meine Lippen und ich wünschte mir so sehr, dass er es wirklich so meinte.
"Und du weißt gar nicht, wie sehr ich dich liebe", war meine Antwort. Eine Antwort, die ziemlich ernst gemeint war.
Und dann...war die Szene vorbei.
"CUUUUUUT!", rief Moblit.
"DAS WARS, LEUTE!", rief Hanji. "DAS WARS EINFACH! ICH KANNS NICHT GLAUBEN, WUHUUUU!" Sie sprang auf und ab und umarmte Moblit wild. Dieser wusste gar nicht wie ihm geschah. Daraufhin jubelten alle Mitarbeiter los und klatschten in die Hände, feierten das abgeschlossene Kapitel.
Levi und ich zögerten kurz, doch nahmen uns danach wieder in die Arme.
"Wir haben es geschafft", schluchzte ich, übermannt von meinen Gefühlen. "Ich habe einfach in einem fucking Kinofilm mitgespielt!"
"Du hast einen ziemlich perfekten Job gemacht", antwortete er mir und drückte mich noch fester. Mein Gesicht war vergraben in seiner Brust, während sein Kinn auf meinem Scheitel ruhte. "Und es tut mir leid, dass ich dir oft genug das Gefühl gegeben habe, du könntest nichts."
"Du meinst, weil ich ein Nichtsnutz bin?", versuchte ich zu sticheln.
Ich hörte ihn auflachen. "Also war meine Interpretation deiner Ohrfeige doch richtig."
"Ich dachte mir, es passt vielleicht gut rein."
"Das hat sie. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Du bist ein Naturtalent", lobte er ruhig. Und es tat so gut, diese Worte aus seinem Mund zu hören.
Er gab mir einen Kuss auf den Scheitel und löste sich dann von mir.
"Guuuute Arbeit! Hervorragende Arbeit! Ach, es gibt kaum genug Worte dafür! Ich bedanke mich bei euch allen!", rief Hanji in die Menge und umarmte auch Erwin, der in den letzten Wochen sehr ruhig und nachdenklich wirkte. Dennoch stahl sich nun auch bei ihm ein Lächeln ins Gesicht.



Bald war der komplette Film fertig und es ging an das Probe Schauen. Solange mussten wir noch hierbleiben, falls Änderungen vorgenommen werden und es noch mal zu einem Dreh kommen musste. In der Zeit hatte ich mich viel mit meiner Familie unterhalten und erfreute mich drüber, dass es allen gut ging. Sie waren total aus dem Häuschen, dass dieser Film einen so großen Erfolg erlangen würde. Und sie waren drauf und dran ihn zusammen mit mir im Kino anzuschauen. Doch jetzt mussten wir uns selber erst mal anschauen, was wir auf die Beine gestellt hatten.
Wir waren gespannt wie ein Flitzebogen. Hanji und Erwin hatten Popcorn, Nachos und Getränke besorgt. Und bevor ich mich überhaupt fragen konnte, wie die gesamte Crew in die Bibliothek passen sollte, wurde mir die Frage schon beantwortet. Denn es wurde draußen an der Mauer, wovor alle Leute Platz finden würden, eine riesige Leinwand ausgefahren. Einige würden auf Dächern sitzen, einige würden den Film vom Boden aus betrachten. Es war eine super coole Atmosphäre, die ich so noch nie erlebt hatte. Und als sich dann alle mit Popcorn, Nachos, Getränken und Decken, da es abends sehr kühl war, zusammengetummelt hatten, konnte der Spaß losgehen. Ich saß natürlich neben Levi, der einen Arm um mich gelegt hatte und nun irgendwie entspannter wirkte. Immerhin ein kurzer Moment der Unbeschwertheit.
Und dann ging es los.
Ich war erstaunt, wie gut man das Bild erkennen konnte, wie scharf und qualitativ gut es war. Wie heftig der Sound war, der uns bei jedem Bass zusammenfahren ließ. Die Vibration, die entstand, als würden tatsächlich Titanen hier ihr Unwesen treiben. Es war einfach nur faszinierend.
Der Film hatte eine Länge von fast 3 Stunden und ich fragte mich, wer sich sowas im echten Leben reinziehen würde.
Jedoch...waren es die besten 3 Stunden meines Lebens. Noch nie hatte ich bei einem Film so mitgefiebert, mitgefühlt, geweint, gelacht und Wut empfunden. Noch nie bekam ich das Gefühl, live dabei gewesen zu sein, was witzig war, denn ich war live dabei gewesen. Und das war ebenfalls merkwürdig. Mich selbst auf einer Leinwand zu sehen. Es war befremdlich und gleichzeitig wie in einem Traum. Aber es war verdammt noch mal supercool!
Die Effekte, die Animationen...die Titanen. Einfach alles war perfekt eingefügt und umgesetzt worden. Und als der Film dann vorbei war, ging der rasende Trubel los. Alle schrieen, pfiffen, klatschten in die Hände und ich fühlte mich als wäre ich auf einem Konzert. Einige fielen sich um den Hals, weinten und lachten gleichzeitig. Und auch Levi drückte mich wieder an sich. Es war ein verzaubernder Moment, den ich einfach nur genoss. Und als Levi dann meinen Kopf zu sich drehte, um mich zu küssen, war das der perfekte Abschluss für diesen Moment.



Attack on Titan - Wie im Film ( Levi X Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt