Zweifel und Loyalität

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(POV Mattheo)


- Die Sterne hatten Mattheo und Antara zum Turm von Astravern geführt, doch in der Dunkelheit dieser Nacht begann Mattheo zu zweifeln. Die Geheimnisse, die er hütete, waren schwer, und die Schatten der Vergangenheit lagen dicht um ihn herum. Seine Loyalität, sein Versprechen – alles hing an einem seidenen Faden -


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Ich starrte in die Dunkelheit, in die Richtung, in die die Eule verschwunden war, und fühlte, wie die Kälte der Nacht durch meine Knochen kroch. Der Brief an Tom – ein einziges Blatt Pergament, doch es trug das Gewicht meiner Entscheidungen, meiner Geheimnisse, meiner Lügen. Die Worte, die ich geschrieben hatte, waren wahr, und doch hatte ich vieles nicht gesagt.

Ich war erleichtert, als ich zurück ins Zelt schlich und Antara tief und fest schlafen sah. Ihr Gesicht war im Schlaf entspannt, ihre Augenlider zuckten leicht, als ob sie träumte. In diesem Moment sah sie so unschuldig aus, so verletzlich. Wie lange würde ich sie noch anlügen können?

Ich legte mich neben sie, doch der Schlaf kam nicht. Meine Gedanken waren wie ein Strudel, der mich immer tiefer zog. Die Fassade, die ich so mühsam aufrechterhielt, begann zu bröckeln. Antara war nicht dumm, sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Und bald würde sie die Wahrheit erfahren.

Was würde sie tun, wenn sie es herausfand? Würde sie mich hassen? Mich verstoßen? Würde sie verstehen, warum ich Tom gegenüber loyal war?

Tom. Mein Bruder. Der Name war wie eine Klinge in meinem Verstand, scharf und schmerzhaft. Er war älter, mächtiger, charismatischer. Ich hatte ihn immer bewundert, immer zu ihm aufgeschaut. Er hatte mir versprochen, dass wir zusammen eine neue Welt erschaffen würden, eine Welt, in der Macht alles bedeutete, in der die Starken über die Schwachen herrschten.

Und ich hatte ihm geglaubt. Ich hatte ihm geschworen, an seiner Seite zu stehen, genauso wie Antaras Vater, Regulus Black, es getan hatte. Doch Regulus hatte sich gegen ihn gewandt, hatte versucht, einen von Toms Horcruxen zu zerstören, ein Akt des Verrats, den Tom niemals vergeben hatte.

Hatte Antara eine Ahnung? Wusste sie, wer ihr Vater wirklich war? Wusste sie, dass er sich Lord Voldemort, wie Tom sich jetzt nannte, angeschlossen hatte, nur um ihn später zu verraten? Wusste sie, dass Regulus Black nicht einfach gestorben war, sondern dass er einen der dunkelsten Pfade beschritten hatte, die ein Zauberer gehen konnte?

Und wenn sie es wusste, warum hatte sie dann nie darüber gesprochen?

Meine Gedanken drehten sich um diese Fragen, wie dunkle Sterne, die in meiner Seele brannten. Antara war eine Black, eine Erbin von Geheimnissen und Mysterien. Wenn sie die Wahrheit wusste, wenn sie wusste, was ihr Vater getan hatte, dann würde Tom es aus ihr herauszwingen. Er würde kommen, um sie zu holen.

Das war mein größter Albtraum. Nicht, dass ich die Wahrheit herausfand, sondern dass Tom es tat. Er würde keinen Moment zögern, Antara zu benutzen, um seine Ziele zu erreichen. Und ich würde ihn nicht aufhalten können. Ich hatte ihm meine Loyalität geschworen, und Loyalität bedeutete alles.

Aber was war mit Antara? Was war mit meinen Gefühlen für sie, Gefühle, die ich nicht einmal benennen konnte? Waren sie stark genug, um meine Loyalität zu Tom zu brechen? Konnte ich es riskieren, mich gegen meinen eigenen Bruder zu stellen?

„Mattheo?", hörte ich plötzlich Antaras Stimme, leise und verschlafen. Sie drehte sich zu mir um, ihre Augen halb geöffnet. „Was ist los? Warum bist du wach?"

Ich zwang mich zu einem Lächeln, obwohl meine Gedanken immer noch wirbelten. „Nichts, Antara", sagte ich leise. „Ich konnte nur nicht schlafen. Zu viel im Kopf."

Sie nickte, ihre Augen schlossen sich wieder. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Morgen werden wir es herausfinden. Wir werden die Wahrheit finden."

„Ja", flüsterte ich, obwohl die Worte hohl klangen. „Die Wahrheit."

Antara schlief wieder ein, doch ich lag noch lange wach, starrte in die Dunkelheit des Zelts und hörte das leise Knacken des Feuers draußen. Die Wahrheit. Was würde sie uns bringen? Was würde sie uns nehmen?

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Der Morgen dämmerte langsam über der Lichtung, das erste Licht fiel durch die Bäume und tauchte das Lager in ein sanftes Gold. Ich hatte kaum geschlafen und als ich aufstand, fühlte ich die Müdigkeit in meinen Knochen. Doch ich wusste, dass wir keine Zeit zu verlieren hatten.

Antara war bereits wach, ihr Gesicht voller Entschlossenheit, als sie das Lagerfeuer erneut entfachte. „Bereit, Mattheo?", fragte sie, ihre Stimme war fest, aber ihre Augen suchten meinen Blick.

„Bereit", log ich und zwang ein Lächeln auf mein Gesicht. Die Fassade musste halten. Noch ein bisschen länger.

Wir packten unsere Sachen zusammen und machten uns auf den Weg. Der Turm von Astravern war nicht mehr weit, und jeder Schritt brachte uns näher an die Antworten, die wir suchten. Doch in meinem Herzen wusste ich, dass die Wahrheit ein doppeltes Schwert war, scharf genug, um alles zu zerstören, was uns wichtig war.

„Mattheo", begann Antara plötzlich, als wir durch den Wald gingen. „Hast du jemals das Gefühl, dass... dass die Sterne uns testen? Dass sie uns in eine Richtung drängen, die wir vielleicht nicht verstehen?"

Ich sah sie an, überrascht von ihrer Frage. „Vielleicht", sagte ich langsam. „Die Sterne sind mächtig. Sie wissen mehr, als wir jemals verstehen könnten. Vielleicht ist das, was wir suchen, nicht das, was wir finden werden."

Sie nickte, ihre Augen waren weit aufgerissen, als ob sie versuchte, die Sterne selbst zu sehen. „Ich hoffe nur, dass wir bereit sind, das zu akzeptieren, was wir finden."

Ich konnte nicht anders, als ihren Optimismus zu bewundern, auch wenn ich wusste, dass die Wahrheit, die vor uns lag, alles andere als einfach war. „Wir werden es herausfinden", sagte ich leise und vom Schuldgefühle geplagt.

Als wir die letzten Bäume passierten und der Turm vor uns aufragte, fühlte ich, wie mein Herz einen Schlag aussetzte. Der Turm von Astravern, dunkel und majestätisch, erhob sich in den Himmel, ein Relikt aus einer anderen Zeit, voller Geheimnisse und Macht. Die Sterne hatten uns hierher geführt, und nun standen wir an der Schwelle zu einer Wahrheit, die alles verändern würde.

Ich wusste, dass ich Tom loyal sein sollte. Doch in diesem Moment, als ich Antara neben mir stehen sah, wusste ich auch, dass ich sie beschützen musste, egal, was es kostete. Der Turm mochte uns die Wahrheit enthüllen, aber es war an mir, zu entscheiden, welche Wahrheit ich ihr zeigen würde.

Die Sterne hatten uns geführt, doch es war mein Herz, das entscheiden würde, welchen Weg ich gehen würde.

Die Erbin der DynastieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt