Kapitel 2

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"Und aus welchem Grund wurden wir nun in diese seltsame Welt gerufen?" Iskaiis Stimme war ruhig, doch seine intensiven grünen Augen spiegelten eine Mischung aus Neugier und Anspannung wider. Der Nebel, der um sie herum schwebte, schien sich mit jedem Schritt tiefer in die Knochen zu fressen, als hätte er ein eigenes Bewusstsein. Seine Hand ruhte auf dem verzierten Knauf seines Langschwertes – eine Geste, die äußerlich entspannt wirkte, doch hinter dieser scheinbaren Gelassenheit lauerte höchste Wachsamkeit.

„Jen und CCK haben irgendeinen Bockmist verzapft, wenn ich die Nachricht richtig deute", erklärte Samantha mit einem genervten Seufzen, während sie das Handy in die Hosentasche zurückschob. Ihre Finger trommelten noch einen Moment lang ungeduldig auf dem Rand der Jeans, als könnte sie ihre innere Unruhe nicht ganz abschütteln.

Dandelia beobachtete jede ihrer Bewegungen mit wachsamen Augen. Eine ihrer hellen Augenbrauen hob sich langsam.

„Bockmist? Was soll das bedeuten?", fragte sie. In ihrer Welt gab es klare Worte für klare Dinge, keine dieser unverständlichen Phrasen, die Samantha so beiläufig verwendete. Diese spürte den prüfenden Blick auf sich lasten und unterdrückte den Impuls, die Augen zu verdrehen.

„Bockmist", wiederholte sie, während sie mit einer Hand hilflos gestikulierte, als könnte sie die Bedeutung einfach aus der Luft greifen. „Sie haben etwas verbockt, irgendeinen Mist gebaut, wahrscheinlich einen Fehler, der uns noch viel mehr Ärger einbrocken wird."

Dandelia blinzelte und musterte Samanthas Kleidung, die in ihren Augen so unpraktisch wirkte. Zerrissene Jeans, flache Stoffschuhe – die sie Chucks nannte – ein schwarzes Shirt und darüber eine braune Lederjacke. Noch suspekter waren ihr allerdings die Gerätschaften, die summten, leuchteten und piepten, ohne dass sie deren Sinn verstand. Das silberne Ding, das Samantha eben hatte in die Hosentasche gleiten lassen – ein „Handy", wie sie es nannte – löste in Dandelia eine eigentümliche Mischung aus Neugier und Abneigung aus. In ihrer Welt gab es nichts dergleichen.

„Sie sind in der Lage, uns aus dem Nichts zu erschaffen und uns Befehle zu erteilen. Doch mit sich selbst und den Gegebenheiten dieser Welt sind sie überfordert." Ein bitteres Schnauben entwich Iskaiis Lippen, ein Ausdruck seiner Verachtung und Verzweiflung zugleich. Ihre Erschaffer wirkten unbesiegbar, wenn sie neue Welten erschufen und ihren Kreaturen Leben einhauchten. Doch wenn es um die Bewältigung der eigenen Wirklichkeit ging, versagten sie kläglich.

Iskaii blickte sich um, seine Augen glitten über die verlassenen Straßen. Ein gespenstisches Schweigen lag in der Luft, nur unterbrochen vom gelegentlichen Rascheln toter Blätter, die über den rissigen Asphalt tanzten. Er erblickte das Schild, welches an der alten Steinmauer hing. Es war alt und verwittert, die Schrift kaum noch lesbar. Der Rost fraß sich in die Ecken des Metalls und der Text war fast unleserlich. Doch er trat näher, bis er die Worte entziffern konnte:

„Alter Friedhof." Ein sarkastisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen.

„Was war doch gleich der Grund, warum wir sie nicht einfach töten dürfen?" Antrys Stimme war tief und kehlig, ein bedrohliches Grollen, das wie Donner widerhallte. Seine braunen Augen verborgen unter der Kapuze seines abgewetzten Mantels - bedrohlich und voller Finsternis. Dandelia stand neben ihm, unbeeindruckt von seiner finsteren Aura.

„Gleicher Grund, der dich davon abhält, Iskaii zu töten ..." Ihre Stimme war sanft, aber mit einer kühlen, messerscharfen Kante versehen, die deutlich machte, dass diese Worte nicht zur Diskussion standen. Ihre eisblauen Augen blitzten auf, als sie den Blick fest von Antry auf Iskaii richtete. „... und andersherum."

Antry kniff die Augen zusammen und seine Kiefermuskeln spannten sich an. Er wusste, dass sie Recht hatte und das ärgerte ihn noch mehr als die Tatsache, dass er seinen Blutdurst nicht stillen konnte.

Samantha stieß hörbar die Luft aus.

„Wenn ihr jetzt genug gezickt habt, können wir dann bitte endlich nachsehen, warum wir hier sind?", fragte sie mit schneidender Stimme und band ihre roten Locken zu einem hohen Zopf zusammen.

Die anderen blinzelten sie nur perplex an. Ihre Gesichter – eine Mischung aus Verwirrung und Ahnungslosigkeit – wirkten, als hätten sie keine Vorstellung davon, wie viel Geduld Samantha bereits aufgebracht hatte.

„Ge-was?"

Samanthas Augen verdrehten sich und sie unterdrückte den Drang, sich an den Schläfen zu reiben. Verzweifelt suchte sie nach einem Funken Intelligenz in ihren Gesichtern, fand aber nur Leere und unerschütterliche Sturheit.

„Oh mein Gott", murmelte sie zu sich selbst. „Warum zur Hölle musste Jen ausgerechnet Neandertaler erschaffen?"

Ein leises, zynisches Lachen entkam ihr, während sie sich zwang, die Fassung zu bewahren. Sie setzte ein Lächeln auf, das so freundlich wie bedrohlich war. „Nicht so wichtig", sagte sie dann mit übertriebener Fröhlichkeit, als spräche sie zu Kindern. „Vorwärts jetzt."

Sie wandte sich abrupt ab, bevor noch jemand auf die Idee kam, weiter nachzufragen.

Entschlossen kletterten sie über das kühle Metall des Friedhofstors. Das alte Eisen knarrte leise, als ihre Sohlen auf der Spitze Halt fanden, bevor sie elegant auf die andere Seite hinabsprangen. Der Mond schien schwach durch den Nebel, der sich wie ein grauer Schleier über die Gräber legte. Sie landeten fast lautlos auf dem Asphalt und für einen Moment herrschte eine gespenstische Stille. Kein Wind, kein Rascheln der Blätter. Nur die Dunkelheit, die sich um sie schlang wie eine unsichtbare Bedrohung.

Iskaii versteifte sich augenblicklich, seine Augen weiteten sich und seine Nackenhaare stellten sich auf. Eine kalte Welle von Unbehagen durchfuhr ihn, als hätte jemand Eiswasser in seine Adern gegossen.

„Irgendwer ist hier", flüsterte er, seine Stimme kaum mehr als ein tiefes Raunen.

„Das ist bloß Antry", murmelte Dandelia, doch auch sie wirkte nicht mehr ganz so sicher. Antrys Präsenz war wie eine dunkle, brodelnde Wolke. Doch das hier ... das war anders. Fremd. Bedrohlich.

Iskaiis Blick wanderte über die stillen Schatten, doch nichts bewegte sich. Und doch gewahrte er etwas. Eine vibrierende Präsenz, die sich in seine Wahrnehmung schob, sich in seine Gedanken grub. Etwas, das ihn warnte, als würde es mit unsichtbaren Fingern an seiner Seele kratzen.

„An dessen abscheuliche Aura habe ich mich gewöhnt", zischte er, während seine Hand zum Griff seiner Waffe glitt. „Das hier fühlt sich anders an. Ebenso dunkel, aber anders."

Seine Worte hingen schwer zwischen ihnen, bevor sie von der Dunkelheit verschluckt wurden. Schnell zogen sie ihre Waffen. Metall rieb leise auf Leder, als die Klingen herausgezogen wurden. Das Klicken der Handfeuerwaffe, die entsichert wurde, klang wie ein Donnerschlag.

Antry schob sich die Kapuze vom Kopf. Das fahle Licht legte seine markanten Gesichtszüge frei – kantig und hart. Seine Augen blitzten, kalt und berechnend.

„Ich weiß, wer hier ist", sagte er schließlich, seine Stimme ruhig, aber mit einem Unterton, der jeden anderen hätte zittern lassen.

Zielstrebig und mit düsterer Gelassenheit schritt er voran. Er wählte einen der beiden Pfade, der tiefer in die Schatten des Friedhofs führte, als wüsste er genau, wohin er musste. Die anderen folgten ihm. Wachsam, ihre Sinne geschärft wie Raubtiere, die den Hauch eines unsichtbaren Feindes spürten.

Cemetery StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt