Kapitel 23

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Zögernd regten sich die Gestalten hinter der Friedhofsmauer. Mit angehaltenem Atem spähten sie vorsichtig durch die Spalten und Löcher im zerbröselten Stein. Das Herz schlug ihnen bis zum Hals, als sie versuchten, einen Blick auf das Chaos zu erhaschen, das dahinter lag.

„Ist es vorbei?" Jasons Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch sie zitterte unter dem Gewicht der Angst, die ihn durch diese schreckliche Nacht begleitet hatte. Sein Blick wanderte unruhig über die zerstörte Ruhestätte. Überall lagen zertrümmerte Grabsteine und umgestürzte Kreuze. Der Boden war von Kratern durchzogen.

„Es scheint so", murmelte Dean und richtete sich langsam auf, seine Glieder steif vor Anspannung. Mit einem Seufzen begann er, sich den Dreck und den Staub von seiner Kleidung zu wischen, doch schon nach wenigen Sekunden gab er auf. Seine Hose war zerrissen, seine Jacke mit tiefen Schrammen übersät, als hätte sie den Angriffen gerade so standgehalten.

„Super", fügte er trocken hinzu, während er die Reste seines Shirts betrachtete. „Die Sachen kann ich wohl nur noch verbrennen."

Liam ließ ein leises, fast nervöses Lachen hören.

„Sieh es positiv", sagte er, während er sich geschmeidig erhob und in einem einzigen Schwung über die nun recht wackelige Mauer sprang. Die Steine unter seinen Füßen wankten gefährlich, doch er schien das Gleichgewicht mühelos zu halten. „Du könntest jetzt auch tot sein." Er warf einen kurzen Blick auf seine Schwester, die ihm mit einem schwachen Lächeln folgte. Ihre Augen hatten einen dunklen, erschöpften Ausdruck, als wäre ein Teil von ihr noch immer tief in der Angst gefangen, die sie in den letzten Minuten umklammert hatte.

„Danke, dass du das nochmal so deutlich sagst", brummte Dean, aber der scharfe Ton in seiner Stimme verriet eher Erleichterung als echte Verärgerung.

"Wo er recht hat", murmelte Samantha leise, während sie einen traurigen Blick auf ihre völlig zerschlissenen Chucks warf. Der Stoff an den Seiten war aufgerissen, die einst weißen Gummisohlen waren nun mit einer Schicht aus Schlamm und Blut verschmiert. Ein dumpfer Schmerz zog sich durch ihre Füße, doch das war nichts im Vergleich zu der Müdigkeit, die ihr schwer auf den Gliedern hing. "Beim nächsten Mal, wenn Jen uns ruft, komme ich in alten Jogginghosen und ausgelatschten Turnschuhen. Warum gebe ich mir überhaupt noch Mühe?"

Dean schnaubte abfällig und hob eine Augenbraue, während er versuchte, das Gewicht der letzten Stunden abzuschütteln.

"Das nächste Mal? Vergiss es, Sam. Für diese Irre rühre ich keinen Finger mehr. Ich hänge auch mit Ü30 noch an meinem Leben." Er fuhr sich durch das verkrustete Haar und blickte über die kleine Gruppe hinweg in den nun aufgeklarten Nachthimmel. Eine schwache Brise strich über den Friedhof, trug den Geruch von zerfallendem Fleisch und verbrannter Erde mit sich.

Samantha wollte widersprechen, irgendetwas dazu sagen, um den bitteren Nachgeschmack von Deans Worten zu mildern, doch Freya ließ sie innehalten.

"Hey!", rief diese von der anderen Seite. "Wollt ihr da weiter quatschen oder verziehen wir uns endlich?" Ihre Stimme klang angespannt, fast nervös. Kein Wunder, dachte Samantha. Nach allem, was sie hier durchgemacht hatten.

Sie wechselten Blicke, keiner sprach ein Wort, aber in ihren Augen lag die gleiche Frage: Wie sind wir hier reingeraten? Mit einem fast synchronen Seufzen sprangen sie über die bröckelnde Friedhofsmauer. Die Muskeln brannten von der Anstrengung, doch das Adrenalin in ihren Adern hielt sie wach.

Als sie schließlich auf der anderen Seite der Mauer standen, blieb ihnen der Atem kurz in der Kehle stecken. Der Anblick, der sich ihnen bot, war schlimmer, als sie erwartet hatten. Ihre Augen weiteten sich und für einen Moment schien die Welt um sie herum stillzustehen.

Cemetery StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt