Kapitel 15

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Lautlos drehten sich die Drei herum und starrten in die Dunkelheit. Die Schritte hallten unnatürlich laut durch den Gang. Leises Gemurmel begleitete sie und ein unangenehmes Kribbeln erfasste Freya. Ihre Finger schlossen sich fester um ihre Klingen, als eine Gestalt aus den Schatten in den flackernden Lichtschein der Fackel trat.

„Na wenn das nicht meine Lieblingshieldableger sind!"

Mit aufeinandergepressten Zähnen drehte Freya den Blick zu ihrem Bruder, der sich sein dämliches Grinsen kaum noch verkneifen konnte.

„Prinzessin", der Neuankömmling nickte Freya theatralisch zu, während er sich eine Kippe an den Mundwinkel legte. „Ein wahrlich sonderbarer Ort für ein Wiedersehen. Der Weg zu euch war gepflastert mit gematschten Ghulüberresten. Ich muss sagen. Sehr widerlich. Zumindest für das normale Auffassungsvermögen des menschlichen Verstandes, doch..."

„Fergus. Halt. Deine. Verfickte. Fresse!" Freya hielt ihre Stimme bedeckt, dennoch ging nichts an Dringlichkeit verloren. Ihre Nasenflügel bebten, während ihr Blick über den verdammten Argentiniern glitt. Sein Kopf zierte ein perfekter Scumbag Boogie Haarschnitt. Seine dunkelbraunen Haare lagen in einer marklosen Welle auf seinem Oberkopf. Natürlich tauchte er hier top gestylt auf. Er trug ein weißes Hemd, über welches sich braune Hosenträger spannten und somit farblich perfekt zu dem grobgewebten Jackett passten. Seine dunkelblaue Rew Jeans war makellos und nur seine polierten Stahlkappenstiefel waren mit feinen Blutspritzern betäubt.

Sie hasste ihn. Immer schon, doch jetzt ein klein wenig mehr. Während er aussah, wie aus einem verdammten Katalog, stank sie wie eine Grube voller Verwesung. Ihr Blick wurde tödlicher als die Klingen in ihrer Hand, die sich drohend in seine Richtung bewegten.

Ein zynisches Lächeln legt sich in sein glattrasiertes Gesicht. „Wie habe ich deine Feindseligkeit vermisst, meine Teuerste."

„Bei den Göttern. Schildmaid hat eine Bandbreite an Charakteren, die sie uns an den Hals hetzen kann... und sie wählt dich. Ausgerechnet dich...", knurrte Freya und rümpfte die Nase. Kopfschüttelnd trat sie an ihrem Bruder vorbei und ließ den Blick wieder in das Gewölbe voller Ghuls schweifen. Was auch immer sie da unten taten, fesselte sie so sehr, dass ihnen ihre Gruppe nicht auffiel. Sie trat noch einen Schritt näher an den Abgrund und neigte den Kopf.

„Was wird das?", fragte ihr Bruder, während Fergus einen weiteren Monolog über die Wahrscheinlichkeit ihres Überlebens führte.

Die Umgebung aufmerksam musternd, erfasste Freya am anderen Ende einen weiteren Durchbruch, in dem ein Schatten verharrte. Grün, verengte Augen trafen auf ihre und ein Moment der Stille entstand.

„Freya?" Ihr Bruder legte ihr sanft die Hand auf die Schulter und zog sie leicht zurück.

„Ich wäge ab, ob ich mich oder Fergus in diese Ansammlung von Ghuls werfe."

„Ich würde es bevorzugen, wenn es keinen von uns trifft. Offensichtlich sind wir deren Anzahl nicht gewachsen. Zwar könnte ich mit einer Nase voll Koks aushelfen, dann würden wir uns vielleicht unsterblich fühlen – dennoch würden wir diesen Schachzug nicht überleben."

Fergus kam Freya mit jedem Schritt näher, spähte über ihre Schulter und lehnte sich nah an ihr Ohr. „Vielleicht ist es deine letzte Chance, mir die Kleider vom Leib zu reißen?"

Augenrollend stieß sie ihm ihren Ellenbogen hart gegen die Brust, was ihn zurücktreten ließ. „Nicht wenn du der letzte Schwanz auf diesem Planeten wärst!"

In einer dramatischen Geste presste Fergus die Hände über seine Brust und verzog das Gesicht zu einem erbärmlichen Anblick. Er sah aus wie ein verdammter Welpe im strömenden Regen. „Immer wieder verletzt du mein armes, kleines, schwarzes Herz."

Cemetery StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt