Kapitel 13

5 2 0
                                    

Iskaii und Dandelia fanden sich in einer klaustrophobischen Enge wieder. Die Wände des Ganges schienen enger zu rücken, als wollten sie die beiden verschlingen. Ihre Atemzüge wurden schwerer, die Luft stickig und feucht. Samantha war längst in der Dunkelheit verschwunden.

Dunkle, wabernde Schatten krochen über die Wände und schienen lebendig zu sein. Ein Kratzen, als ob etwas mit scharfen Krallen über den steinernen Boden schabte, erfüllte die Stille, begleitet von einem fauligen Gestank, der die Luft erfüllte und ihnen Übelkeit verursachte.

"Ich wage zu behaupten, dass diese Wesen mit den Démkaorté artverwandt sind, dem Geruch nach zu urteilen", raunte Iskaii leise. Er versuchte, den Ursprung der Geräusche zu lokalisieren, doch sie schienen von überall zu kommen, sich in der Enge zu reflektieren und zu vervielfältigen.

Dandelias Herz klopfte wild in ihrer Brust, doch sie zwang sich zur Ruhe. Ihre Sinne waren angespannt, jede Nervenfaser auf Alarm gestellt.

„Mach dich bereit", flüsterte Iskaii und sie straffte die Schultern und festigte den Griff um das Schwert.

Dann spürten sie die Bewegungen. Zuerst kaum wahrnehmbar, eine Veränderung in der Luft, eine subtile Verschiebung der Schatten. Doch dann wurde es deutlicher. Dunkle Gestalten bewegten sich durch die Gänge, ihre Körper tief gebückt, wie verdrehte Abbilder von Wesen, die einst menschlich gewesen sein könnten. Die Art und Weise, wie sie sich bewegten, war unnatürlich, eine abstoßende Mischung aus Kriechen und Schleichen, die die Luft mit einem kaum hörbaren, aber unaufhörlichen Schaben erfüllte. Gelbe Augen blitzten in der Dunkelheit auf, funkelnd wie krankhafte Flammen. Sie brannten vor Hunger und Wahnsinn, fixierten sich auf Iskaii und Dandelia.

Iskaii hob sein Schwert und die Ghuls reagierten auf die Bewegung. Mit einem kollektiven Fauchen stürzten sich drei von ihnen auf die Krieger, derweil weitere lauerten, bereit, jede Unachtsamkeit auszunutzen.

Der erste Ghul sprang auf Dandelia zu, seine Klauen weit ausgestreckt. Mit einem schnellen Schritt wisch sie zur Seite und ließ ihr Schwert in einem weiten Bogen kreisen. Die Klinge zischte durch die Luft und trennte dem Ghul den Arm ab. Doch statt zu schreien, stieß das Wesen nur ein unheimliches Kichern aus, als es weiter kämpfte, unbeeindruckt von dem Verlust. Mit einer wuchtigen Bewegung rammte es seinen verbliebenen Arm in Dandelias Schulter, seine Krallen tief in ihr Fleisch bohrend. Sie schrie vor Schmerz, trat aber sofort nach und schleuderte den Ghul weg, dessen Knochen unter dem Aufprall knackten.

Iskaii hatte derweil zwei der Kreaturen vor sich. Ihre Bewegungen unvorhersehbar, ein Chaos aus windenden Gliedern und blitzenden Klauen. Er blockte einen Hieb, doch der zweite Ghul sprang in einem grotesken Bogen über ihn hinweg und landete hinter ihm. Der Krieger wirbelte herum, sein Schwert schnitt tief in die Seite der Kreatur, aus welcher direkt ein Strom schwarzen, fauligen Blutes spritzte. Aber bevor er den Hieb zu Ende führen konnte, spürte er eine Hand an seinem Bein.

„Verdammt!", entfuhr es ihm, seine Stimme schneidend vor Wut. Er trat zu. Sein Stiefel krachte auf den Schädel des Wesens und ein widerwärtiges Knirschen erfüllte die Luft, als dieser unter dem Druck nachgab. Splitter von Knochen und Fetzen von fauligem Fleisch spritzten auf und der übelriechende Gestank des Todes wurde nur noch intensiver. Der Ghul zuckte noch einmal auf, bevor er leblos liegen blieb.

Die anderen Ghuls, angestachelt durch den plötzlichen Lärm, nutzten die Gelegenheit. Ein hungriges Grollen drang aus ihren Kehlen und ihre verrotteten Zähne blitzten auf. Einer von ihnen, schneller als die anderen, sprang auf Iskaiis Rücken. Die rasiermesserscharfen Klauen gruben sich tief in seine Schultern, zerrissen Haut und Fleisch, während er ein qualvolles Stöhnen unterdrückte. Die Wucht des Aufpralls riss ihn aus dem Gleichgewicht und er stürzte zu Boden.

Ein zweiter Gul kam heran gekrochen. Der Kiefer klapperte auf und zu - ein grauenvolles Geräusch wie brechende Knochen. Speichel tropfte von den verrotteten Lippen, als die Kreatur sich über ihn beugte, bereit, zuzubeißen. Er spürte den fauligen Atem auf seiner Haut, als das Ding sich seinem Gesicht näherte, die Zähne nur noch Zentimeter von ihm entfernt.

Er riss sein Schwert vor und rammte es dem Ghul in den Rachen. Ein abscheuliches, gurgelndes Geräusch entwich der Kreatur, als die Klinge tief eindrang, fauliges Blut spritzte hervor und das Wesen erstarrte, seine Augen weit aufgerissen vor Schmerz.

Der Ghul auf seinem Rücken kreischte auf, als hätte er den Schmerz seines Kameraden gespürt, und biss wild um sich. Iskaii ließ von seiner Waffe ab, griff nach dem Ding auf seinem Rücken und warf es von sich, während er schnell wieder nach seinem Schwert griff und sich erhob.

Eine Kugel zerriss jäh die Luft und drang mit einem dumpfen Schlag durch den Schädel eines Ghuls. Der widerwärtige Leichnam, der sich bereits in den letzten Zuckungen seines unheiligen Daseins befand, zerbarst wie ein ausgetrocknetes Gefäß - Knochen splitterten und verfaulte Haut zerriss.

"Klang so, als braucht ihr Hilfe", kommentierte Samantha, ihre Stimme eine merkwürdige Mischung aus Ironie und Anspannung. Das flackernde Licht ihrer Fackel warf verzerrte Schatten an die feuchten Wände und enthüllte eine ganze Horde Ghuls.

Samantha hielt den Atem an, als die Realität der Situation sie traf. Kälte kroch ihren Rücken hinauf und für einen Augenblick fühlte sie sich gelähmt, gefangen zwischen Kampfeswille und blankem Entsetzen.

Iskaii kämpfte mit einer Wildheit, die den Tod selbst herausforderte. Er trieb seine Klinge tief in die ledrige Haut des Wesens, welches er zuvor abgeworfen hatte. Sein Gesicht verzerrt vor Anstrengung und Ekel, als warmes, fauliges Blut an seiner Hand hinablief.

"Klang auch nur so", fauchte er. Mit einem schnellen, gezielten Stoß riss er seinen Dolch frei und schnitt im gleichen Zug einem weiteren Ghul, der ihn von der Seite angriff, die Kehle auf. Ein widerlicher Gurgellaut entwich dem Geschöpf, bevor es auf die Knie sank und schließlich regungslos zu Boden fiel.

"Die können wir unmöglich alle töten", keuchte Samantha, während sie die Waffe hob und erneut feuerte. Die Kugel bohrte sich in die Stirn einer Kreatur und sie brach zusammen.

Iskaiis grüne Augen blitzten in der Dunkelheit auf. Sie waren kalt wie ein gefrorener See, und als er seinen Kopf neigte, ließ er absichtlich seine Nackenmuskeln knacken. Es klang wie brechendes Holz in der Stille, ein unheimliches Geräusch, das den bevorstehenden Sturm ankündigte.

"Ihr zieht euch zurück und sucht die anderen", befahl er mit einer Ruhe, die fast unnatürlich wirkte. "Ich komme zurecht."

"Das ist Selbstmord!", rief Samantha. Die Ghule waren überall und Iskaii allein gegen diese Horde kämpfen zu lassen grenzte an Wahnsinn. Doch bevor sie weiter widersprechen konnte, trat Dandelia vor. Sie hielt ihre Schulter, wo das Blut zwischen ihren Fingern hindurch sickerte.

"Er weiß, was er tut", sagte sie mit fester Stimme. "Wir sind bloß eine Ablenkung. Zu viel Aura für diese Enge." Ihr Blick wanderte zu Samantha, suchte in ihren Augen nach Verständnis. "Wenn wir hierbleiben, sind wir alle tot."

Samantha sah die Entschlossenheit in Dandelias Augen und fühlte, wie sich der Knoten in ihrem Magen enger zog. Es gab keine Zeit zu diskutieren, das wusste sie. Schließlich zuckte sie mit den Schultern und wich zurück.

"Fein", murmelte sie, ihre Stimme klang abwesend, als ob sie die Worte aus einem fernen Traum sprach. "Ein Neandertaler mehr oder weniger. Aber keine Beschwerden hinterher, wenn seine Körperteile hier überall verstreut zu finden sind." Die letzten Worte waren mehr für sie selbst gedacht, ein verzweifelter Versuch, den wachsenden Schatten der Angst zu vertreiben.

"Geht! Jetzt!", knurrte Iskaii, seine Stimme war ein tiefes, kehliges Grollen, das keine Widerrede duldete. Dann stürzte er sich in die Menge. Sein Schwert blitzte auf, ein Silberstreif in der Dunkelheit, und sein Dolch folgte in einer tödlichen Choreographie. Blut spritzte auf, ein zähes Schwarz, das die Wände befleckte, als er wie ein Sturm durch die Reihen der Untoten fegte. Jeder Schlag war präzise, jeder Tritt tödlich. Seine Bewegungen waren eine Kunst für sich, roh und elegant zugleich. 

Cemetery StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt