Kapitel 6

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„Alles wieder okay?", fragte Jason leise und sah Noraja dabei sorgenvoll an.

Sie waren einige Schritte zur Seite getreten und hatten so etwas Abstand zu der Gruppe erlangt. Seine Hände wanderten langsam über ihre Arme und ihr nächster Atemzug kam bebend. Langsam hob sie den Kopf und öffnete die Augen. 

„Ja. Alles unter Kontrolle und ... Sorry."

Jason schenkte ihr ein sanftes Lächeln, lehnte sich zu ihr und drückte ihr einen schnellen Kuss auf die Wange. Es war eine simple Geste, die dennoch dafür sorgte, dass die letzten dunklen Gedanken ihren Weg aus Norajas Verstand fanden.

„Schon gut", sagte Jason, „ich bin mir sicher, du hättest mich vor ihm bewahrt."

Ein freudloses Lächeln zuckte über ihre Lippen und zeigte nur den Bruchteil des Gefühlschaos, welches in ihr herrschte. 

„Sicher", erwiderte sie leise und war sich dabei nicht sicher, ob es eine Lüge war.

„Könnt ihr euer Beziehungstheater auf später legen? Wir haben wohl ein größeres Problem", motzte Liam und sah die beiden frustriert an.

„Bei den Göttern, wer hat dir denn heute in die Eier gebissen?", fragte Noraja, die bei seinen nörgelnden Worten direkt wieder zu sich selbst fand und verstaut dabei ihre Sichelklingen unter ihren Hoodie. ,,Keiner ist freiwillig hier, also spar dir deine Scheißlaune für Schildmaid auf."

Liam schwieg. Doch sein argwöhnischer Blick und seine angespannten Nackenmuskeln zeigten, dass immer noch Unruhe in ihm wohnte. Kaum dass, Noraja und Jason wieder zu der Gruppe traten, richtete sich Liams Aufmerksamkeit wieder auf Antry. Dieser wirkte zwar wieder menschlich, doch selbst jetzt strahlte er die pure Gefahr aus.

Währenddessen rieb Freya sich genervt übers Gesicht und sah sich suchend um. 

„Es können nur Leichen sein und so, wie ich Schildmaid kenne – viele. Verdammt viele. Noraja, wärst du so nett? Ich sehe nämlich genau nichts."

Noraja brauchte keine zwei Sekunden, bis sie auf einen Punkt unweit von ihnen zeigte. 

„Dort liegen verdammt viele Säcke. Könnte zwar auch Müll sein, aber... nein... ich seh eine Hand. Eindeutig kein Müll im herkömmlichen Sinne."

Freya nickte und überließ der Rothaarigen den Vortritt. 

„Ein was Gutes hat es ja."

Die Rothaarige sah Freya fragend an, die sofort hinter sich deutete. 

„Ich dachte schon, ich bin gestraft. Aber du bist eindeutig mehr am Arsch. Ehrlich, was hat Jen sich bei denen bitte gedacht?"

Ein Seufzen war mehr als Antwort genug und beide begaben sich auf den schmalen Pfad in Richtung der Säcke.

Liam zögerte, während der Rest seiner Schwester und Samantha folgte. Eine seltsame Unruhe hielt ihn fest im Griff und schickte ihm anhaltende Warnungen durch den Geist. Er musterte den verbliebenen Krieger, der ebenfalls unzufrieden schien. 

„Iskaii? Auf ein Wort?"

Die stechend grünen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, durch die ein unheilvolles Funkeln blitzte. Jeder Muskel in seinem markanten Gesicht war angespannt, als ob er sich mit äußerster Kraft zusammenreißen müsste. Sein Blick bohrte sich in Liam, durchdrang ihn förmlich, als ob er nach Schwäche, Missgunst oder einem Hinterhalt suchte. Argwohn lag wie ein bleierner Schleier über ihm.

Ehe er antwortete, glitten seine Augen kurz zu den anderen sechs Gestalten, die sich langsam und mit einer fast bedrohlichen Gelassenheit den Müllsäcken näherten, die in einer dunklen Ecke des Friedhofes lagen. Ihre Schritte hallten in der Nacht wider und leise, wütende Flüche drangen an sein Ohr. Es war, als ob die Dunkelheit selbst ihre Stimmen verzerrte - sie unheilvoller machte.

Cemetery StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt