Kapitel 9: Das Signal

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Die Tage vergingen, und Klara fühlte sich immer mehr wie eine Gefangene im eigenen Haus. Sie war oft alleine in ihrem Zimmer, eingesperrt hinter verschlossenen Türen, und ihre Gedanken kreisten unaufhörlich um Jonas. Sie wusste, dass er sich Sorgen machte, und die Vorstellung, dass er vielleicht draußen vor dem Haus stand und nicht wusste, was mit ihr los war, zermürbte sie.

Eines Abends, als die Dunkelheit über das Haus hereinbrach, setzte sie sich ans Fenster und blickte hinunter. Das Haus nebenan war still, doch plötzlich sah sie Jonas' Schatten, der sich unter einer Straßenlaterne bewegte. Er blickte zu ihrem Fenster hinauf, als suchte er nach einem Zeichen.

Ihr Herz setzte einen Schlag aus.

Klara überlegte fieberhaft, wie sie ihm signalisieren konnte, dass sie hier war, dass sie Hilfe brauchte. Sie hatte ihr Handy nicht, keinen Weg, direkt mit ihm zu kommunizieren. Doch dann fiel ihr eine Idee ein. Auf ihrem Nachttisch lag eine alte Taschenlampe, die sie als Kind immer benutzt hatte. Sie schnappte sie sich, stellte sich ans Fenster und begann, ein kurzes Blinksignal zu senden – einmal blinken für "Ja", zweimal für "Nein". Es war einfach, aber es war alles, was sie tun konnte.

Jonas blieb stehen, als er das Licht bemerkte. Sie sah, wie er einen Schritt zurücktrat und dann sein Handy herausholte. Sekunden später vibrierte ihr Handy, das sie im Versteck unter der Matratze hatte.

„Bist du da?" stand in der Nachricht.

Klara zitterte, als sie die Taschenlampe einmal blinken ließ. Jonas wartete einen Moment, dann schrieb er erneut: „Brauchst du Hilfe?"

Wieder blinkte sie die Taschenlampe einmal für „Ja".

Sie sah, wie Jonas zögerte. Er wusste nicht, wie er ihr helfen konnte, aber sie sah die Entschlossenheit in seiner Haltung. Sie wusste, dass er einen Weg finden würde. Doch in diesem Moment hörte sie Schritte auf dem Flur. Panisch stellte sie die Taschenlampe weg und sprang zurück ins Bett, gerade rechtzeitig, als die Tür aufging und ihr Vater ins Zimmer trat.

„Was machst du da?" fragte er misstrauisch, sein Blick wanderte durch den Raum, als würde er nach etwas suchen.

„Nichts", murmelte Klara und hoffte, dass er die Taschenlampe nicht bemerkt hatte.

Ihr Vater trat einen Schritt näher, seine Augen schmal. „Ich habe dir gesagt, dass du nichts verbergen sollst, Klara."

„Ich mache nichts", wiederholte sie, ihre Stimme zitterte leicht.

Er stand einen Moment da, als überlege er, ob er ihr glauben sollte, dann drehte er sich um und ging wortlos hinaus. Sie hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte, und wusste, dass die Gefahr für den Moment gebannt war – doch sie spürte, dass sie vorsichtiger sein musste. Ihr Vater durfte nicht herausfinden, dass sie mit Jonas kommunizierte.

Wenn die Schatten schweigen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt