Kapitel 36

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Trotz des wenigen Schlafs heute Nacht, bin ich energiegeladener denn je. Kaum blitzen die ersten Sonnenstrahlen durch die Vorhänge, bin ich hellwach. Es ist erst sechs Uhr morgens, und eigentlich könnte ich noch stundenlang schlafen, da wir uns heute erst um Zwölf treffen müssen, aber in meinem Kopf rattern bereits die Erinnerungen an die vergangene Nacht und zaubern mir ein breites Lächeln ins Gesicht.                  

Wie ein kleines verliebtes Schulmädchen quiecke ich freudig und vergrabe mein Gesicht in dem weichen Kissen, um das Geräusch, das unbeabsichtigt meiner Kehle entwischt, zu dämmen. Dann liege ich einfach da, starre die Decke an und kann mir das blöde Grinsen in meinem Gesicht nicht verkneifen. 

Mein Herz schlägt viel zu schnell, als ich daran denke, wie er mich vor der Haustür geküsst hat. Wie viel Gefühl auf seinen Lippen lag. Wie intensiv mein Körper auf ihn reagierte. 

Sprudelnd vor Emotionen, richte ich meinen Oberkörper auf, hieve meine Beine auf den kühlen Boden und bewege mich, fast schon tänzelnd ins Bad. 

Auf der Ablage finde ich auch mein Smartphone, und entscheide mich spontan dazu, den Tag mit etwas fröhlicher Musik zu starten. 

Während meine Hand die Zahnbürste in meinem Mund bewegt, kreisen und wackeln meine Hüften zu dem Beat. Die Schlafshorts, zusammen mit dem Top und Unterwäsche landen elegant, von meinem Körper gleitend, auf dem Boden. Natürlich kann ich mir dabei ein paar Moves nicht verkneifen. Als ich in die Dusche steige und das Wasser aufdrehe, höre ich kaum noch die Musik, also strecke ich meine Hand wieder raus und drücke auf den Knopf an meinem Smartphone, um die Lautstärke auf das Maximum zu drehen. 

Automatisch singe ich den mitreißende Text mit, während meine Haare eine ordentliche Ladung Shampoo einmassiert bekommen:

„Because I'm happy
Clap along if you feel like a room without a roof
Because I'm happy
Clap along if you feel like happiness is the truth
Because I'm happy
Clap along if you know what happiness is to you
Because I'm happy
Clap along if you feel like that's what you wanna do."

Hach, was für ein cooles Lied, denke ich mir, als ich meinen Körper wieder abtrockne und das Nächste gespielt wird. Ich denke gar nicht dran, die Lautstärke wieder runterzudrehen, nehme das Smartphone in die Hand, nachdem ich meinen nackten Körper in ein Handtuch gewickelt habe, und laufe geradewegs zur Küche. Natürlich nicht ohne weitere Moves und Drehungen. 

Zwei Gestalten am Küchentresen lassen mich aufschrecken. 

„Heiliger Kuhmist!", schimpfe ich unabsichtlich und mache die Musik leiser. „Ihr seid ja schon auf." 

Anna und Dilara starren mich emotionslos an. Okay, ein wenig gequält ... aber sie blinzeln nicht. Fast ist mir ein Lachen rausgerutscht bei deren zerzausten Haaren und halb schlafenden Augen.

„Ich dachte, ihr schlaft noch." Hoch erhobenen Hauptes schlendere ich zur Küchenzeile, direkt zur Kaffeemaschine. Sie sollen ja nicht merken, wie peinlich mir die Situation ist. 

„Jaaa, wir dachten auch, dass es um diese Uhrzeit angemessen wäre", meint Anna.

Ich hole die Tasse aus dem oberen Schrank. „Wieso tut ihr es dann nicht?" 

Wieso starren sie mich denn so komisch an? 

„Naja, da wäre so eine Sache ...", fängt Dilara an und ich warte gespannt, was jetzt kommt. „Was zur Hölle läuft bei dir heute morgen falsch?", knallt sie mir vorwurfsvoll an den Kopf. „Happy? Pharrell Williams um sechs Uhr morgens?" 

„Oh. Ohhh, entschuldigt. Daran habe ich gar nicht gedacht", versuche ich mich zu rechtfertigen. Wo war ich denn mit meinen Gedanken? 

Ich stelle die Tasse an die Kaffeemaschine und drücke den Knopf. Das Mahlwerk erledigt seine Arbeit und ich sehe wieder zu meinen Freundinnen. Beide kneifen die Augen zusammen. Dilara hält sich die Ohren zu. Anna verzieht das Gesicht.

Jess - Power of DecisionsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt