Kapitel 30

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Vorsichtig streichle ich Liam's Oberarm und versuche ihn nicht allzu schreckhaft aus dem Schlaf zu holen. „Liam." 

Er streckt sich seitlich auf dem Bett, sein tätowierter Arm hängt über der Kante. Kurz beobachte ich sein entspanntes Gesicht, seine verwuschelten Haare, und bekomme das Lächeln nicht aus meinem Gesicht. Die Bilder der letzten zwölf Stunden schießen in mein Gehirn und das warme Gefühl breitet sich in meiner Bauchgegend aus. Ich kann es einfach nicht lassen und fasse wieder in sein Haar. So wie ich es heute Nacht auch getan habe, als er über mir ragte und ...

„Hmmm?" Sein tiefes Grummeln durchbricht meine Gedanken.

„Ich muss los." 

Verschlafen reibt er sich die Augen. Seine Stimme noch ganz belegt: „Wie spät ist es?" 

„Halb sechs. Bleib ruhig liegen, ich wollte mich nur verabschieden." 

„Dein Zug geht doch erst um acht?" Er öffnet die Augen und dreht sich auf den Rücken, um mich besser zu sehen, und greift nach meinem Arm. 

„Ja, aber ich muss erst nach Hause, mich fertig machen und meinen Koffer holen. Deswegen muss ich jetzt los." 

„Ich wollte dich doch zum Zug bringen." Ich liebe sein Lächeln. Besonders jetzt, wenn er so verschlafen aussieht. 

„Oh, ich dachte ..." 

„Versprochen ist versprochen! Aber ..." Ruckartig zieht er an meinem Arm, sodass ich quickend auf ihm lande. Gekonnt rollt er unsere Körper herum, sodass ich unter ihm liege. „ ... wir haben sicherlich noch ein paar Minuten im Petto?" 

Währen sich sein Körper zwischen meine Schenkel drängt, kichere ich an seiner Halsbeuge. „Ehrlich gesagt muss ich wirklich los." Diese Worte kommen nur widerwillig aus meinem Mund, denn ich würde am liebsten einfach hier bleiben. Zusammen mit ihm, in seinem weichen Bett. 

Liam's Lippen erreichen meinen Hals und besetzen ihn mit zarten Küssen. „Sicher?", flüstert seine raue Stimme und sein Becken drückt sich fester an mich.

Mist! Ich hätte früher aufstehen sollen ... 

Mein Körper reagiert bereits auf ihn, bäumt sich seiner Beule entgegen. „Ich muss aber wirklich los", keuche ich, weil er in dem Moment den Druck intensiviert.

„Gib mir zehn Minuten", flüstert er wieder und schiebt seine Hand bereits unter das T-Shirt, das er mir zum Schlafen geliehen hat. 

„Schaffst du es auch in fünf?", kichere ich. Ich habe den Kampf bereits verloren.

„Acht. Ich bin erst aufgewacht." Er grinst und bedeckt gleich darauf meine Lippen mit seinen.


Durch das offene Fenster seines BMWs, drängt sich der frische Wind ins Innere des Autos. Die Luft ist in der Nacht deutlich abgekühlt, doch die Sonne spickt bereits aufmunternd über den Horizont und lässt auf einen schönen, warmen Tag hoffen.

Wir sind fast am Bahnhof angekommen - sehr knapp, aber ich schaffe es noch rechtzeitig zum Zug. So schön und ablenkungsreich der heutige Morgen war, trotzdem bin ich sehr aufgeregt. Behutsam legt sich Liam's Hand auf meine Finger, welche nervös an den Fäden meiner zerrissener Jeans zupfen.

„Es wird alles gut", meldet sich die warme Stimme durch meine Gedanken. Ich blicke wieder in Liam's Gesicht und sein Lächeln beruhigt mich. 

„Ich weiß, ich bin nur so nervös", gestehe ich. „Ich war noch nie so weit von Luca entfernt. Was ist, wenn etwas passiert? Ich habe nicht mal mein Auto. Es wäre doch sinnvoller, wenn ich selbstständig gefahren wäre." 

Jess - Power of DecisionsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt