şeş|sechs

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Ich nehme den Schuhlöffel in die Hand, bereit, ihn als Verteidigung zu benutzen. Seine Gestalt taucht aus der Dunkelheit auf, und das schwache Nachtlicht fällt auf ihn, als ob es die Schwere der Situation erhellen wollte.

„Du kleine Schlampe, triffst dich mit Männern?“ Seine Worte sind wie ein eisiger Windstoß, der mir den Atem raubt. Ich bin keine Schlampe – er ist die männliche Schlampe, ein Schatten in meinem Leben, der mich nicht loslassen will.

Ich antworte nicht, sondern umklammere den Schuhlöffel fester. „Fickst du schon mit denen?“ Diese Frage schneidet durch die Stille, und ich will diesem versifften Typen keine Antwort geben. Ich habe nicht mal jemanden geküsst, und er erwartet ernsthaft, dass ich direkt mit jemandem schlafe?

„Du siehst ja schon so aus.“ Seine Stimme ist gehässig, und das reicht. Ich will ihm nicht länger zuhören, will mich nicht von seinen Worten verletzen lassen. Ich gehe rückwärts, doch das spornt ihn nur an, schneller auf mich zuzukommen.

Ein Gefühl der Panik breitet sich in mir aus. Seine Hände sind zu Fäusten geballt, und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Mit einem Satz öffne ich die Tür und werfe ihm den Schuhlöffel ins Gesicht, bevor ich aus dem Zimmer renne.

Ich stürze die Treppen hinunter, so schnell ich kann. Der kalte Boden unter meinen nackten Füßen erinnert mich daran, dass ich keine Schuhe trage, dass ich nichts habe, was mich beschützt.

Draußen finde ich Zuflucht in einem Gebüsch, mein Herz schlägt wild in meiner Brust. Was soll ich tun? Soll ich die Polizei rufen? Der Gedanke drängt sich auf, doch etwas hält mich zurück. Aber wohin soll ich gehen? Ich weiß genau, dass er morgen wieder auf mich warten wird, als wäre ich ein Spielball in seinem Spiel.

Ich krame mein Handy aus der Tasche und schaue durch meine Kontakte. Außer Ayla scheint seltsamerweise niemand zu existieren. Ich war nie der Typ für große Freundesgruppen; meine Welt war immer kleiner, feiner. Bei Ayla will ich nicht übernachten – das letzte Mal, als ich bei ihr war, habe ich Kenan und sie gehört, und beim Gedanken daran erröte ich wieder.

Wo soll ich hin? Ich scrolle weiter durch die Namen und bleibe bei einem stehen. Soll ich? Er meinte mal, ich solle ihn im Notfall anrufen, und jetzt bin ich in einer Notsituation. Soll ich wirklich Arda anrufen?

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„Tut mir leid, dass ich dich so spät angerufen habe“, sage ich leise, während er mit der Zunge schnalzt und mich ansieht.

„Wenn du noch einmal 'Tut mir leid' sagst, klebe ich dir persönlich die Lippen zu“, grinst er, und ich kann ein Lächeln nicht unterdrücken, auch wenn ich noch immer zittere.

Gerade als ich ihm antworten möchte, vibiert mein Handy. Es ist Ayla.

„Ayla?“

„Wo bist du?“ Ihre Stimme klingt verschlafen, und ich spüre die Wärme ihrer Sorge.

„In Ardas Auto“, antworte ich zögerlich, als würde ich eine Frage stellen. Im Hintergrund höre ich einen Pfiff – vermutlich von Kenan.

„Warum?“

Weil ein Psycho in meiner Wohnung ist.

„Sag nicht…“

„Doch“, bestätige ich ihre Vermutung.

„Wie kommt er immer rein?“ Die Frage, die auch mir immer wieder durch den Kopf geht.

„Ruf endlich die Polizei.“

Ich würde ja gern, aber ich kann es nicht.

„Wenn es nochmal passiert, rufe ich die Polizei.“ Doch ich weiß, dass ich mir selbst etwas vormache.

Worte im WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt