𝐝𝐮𝐰𝐚𝐧𝐳𝐝𝐞𝐡|𝐳𝐰ö𝐥𝐟

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Ich beiße genüsslich in mein mit Käse überbackenes Croissant. Es knackt leise zwischen meinen Zähnen, und der Geschmack breitet sich wie eine warme Decke in meinem Mund aus.

Doch während ich esse, wird mir einmal mehr bewusst, wie zweischneidig das Alleinsein sein kann. Es gibt diese ruhigen Momente, in denen ich meine eigene Ordnung bewahren kann – keiner stört, keiner isst mir meine Sachen weg.

Aber die Stille, die mich hier umgibt, ist fast erdrückend, als würde sie mit jedem Atemzug tiefer in mich eindringen.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich die Kinder so gerne um mich habe. Ihre Stimmen füllen die Leere, und für einen Augenblick kann ich die Stille ersticken, die sich wie ein Schatten durch das Haus zieht.

Es ist ein seltsames Gefühl, hier zu leben, in diesem Haus voller Erinnerungen. Schöne Erinnerungen, ja, aber sie tragen auch den bittersüßen Schmerz vergangener Tage. Und obwohl ich das Haus liebe, habe ich das Gefühl, langsam, fast unsichtbar, hier zu verwelken.

Es fühlt sich an, als bräuchte ich jemanden, der mich aus dieser Leere herausholt, jemand, der freiwillig mit mir unter dieses Dach zieht und wieder Leben in die Räume bringt.

Ich trinke den letzten Schluck meines Orangensafts und räume mechanisch den Tisch ab. Dann mache ich mich auf den Weg, ziehe mir die Schuhe an, schnappe mir meine Jacke und öffne die Haustür.

Draußen wartet Arda – durchnässt vom Regen, der gestern unaufhörlich fiel. Auch heute ist der Himmel grau, und ich hoffe, dass bald der erste Schnee auf Berlin fällt.

Kurz bevor ich die Tür hinter mir schließe, schlüpfe ich noch schnell hinein, um meinen Schal zu holen.

„Du wirst mir nicht krank“, murmele ich, während ich den Schal über seine Schultern lege. Als ich die Tür schließe, bemerke ich, wie nah wir uns sind. Er überragt mich um mindestens zwei Köpfe, also lege ich den Kopf in den Nacken, um ihm in die Augen zu sehen. Es ist eine seltsame Stille zwischen uns – nicht unangenehm, aber voll unausgesprochener Worte.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich es nicht mag, in seine Augen zu schauen. Irgendwann möchte ich sie fotografieren, so faszinierend finde ich sie. Vielleicht haben seine Geschwister ja dieselben Augen, denke ich plötzlich.

Auf Zehenspitzen streife ich ihm den Schal um den Hals. Ich sehe, wie er schwer schluckt, und spüre, wie sich seine Atmung verändert. Seine Augen folgen jeder meiner Bewegungen, und ich wünschte für einen Moment, ich hätte ihn gar nicht erst berührt.

Die Luft zwischen uns ist plötzlich geladen, fast unangenehm, und doch... irgendwie aufregend. Ich werfe einen flüchtigen Blick auf seine Lippen, bevor ich mich wieder abwende, einen Schritt zurücktrete und verzweifelt versuche, den Raum zwischen uns mit Luft zu füllen.

„Lass uns zur Uni, bevor wir zu spät kommen“, sage ich hastig und gehe die Treppen hinunter, meine Beine fühlen sich seltsam wackelig an. Ich höre seine Schritte hinter mir, erst zögernd, dann sicherer.

„Der Weihnachtsmarkt fängt bald an“, beginnt er schließlich.

„Sollen wir zusammen hingehen?“, beende ich seinen Satz und kann nicht anders, als zu grinsen, als er ihn mit einem leichten Nicken bestätigt.

Die Spannung von vorhin ist verflogen, und jetzt erfüllt nur noch die frische, feuchte Berliner Luft unsere Gespräche. Es regnet immer noch in Strömen, und die Kälte kriecht mir unter die Haut, doch plötzlich fühle ich etwas Warmes über meine Schultern gleiten.

„Wenn dir warm ist, ist mir auch warm“, murmelt er, und sein Atem streift mein Ohrläppchen. Ein Schauer durchläuft mich, und mein Bauch zieht sich bei der Intimität dieses Moments zusammen.

Worte im WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt