capítulo seis

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Warnung: Dieses Kapitel ist besonders emotional und es werden Trigger Themen, wie Essstörung auftreten! Bitte nur weiterlesen, wenn du dich dazu bereit fühlst.


Sierras Sicht:

Seine Worte rammten sich wie ein Messer in mein Herz. Wenn sie weiterhin so viel isst, wird sie wahrscheinlich nicht mehr zur Schule kommen können. Nun hatte er es tatsächlich geschafft mich zu verletzten. „Ich sollte wieder nach oben gehen.", ich zwang mich zu einem schwachen Lächeln und verschwand danach ohne auf eine Antwort zuwarten.

Mein Weg führte mich jedoch nicht in mein Zimmer, sondern ins Bad, wo ich die Tür abschloss und vor der Toilette zu Boden sank. Ich spürte etwas Heißes über meine Wangen laufen. Tränen. Tränen, die ich wegen ihm weinte. „Ich hasse dich, Lamine.", schluchzte ich.

Und dann war da dieser Gedanke in meinem Kopf. Ein Gedanke, der lange in meinem Hinterkopf eingesperrt war und nun wieder Oberhand gewann. Und das alles war seine Schuld.

Seit zwei Jahren hatte ich es nicht mehr getan, doch nun wurde der Drang danach immer stärker.

Und dann tat ich es einfach.

Ich steckte mir zwei Finger in den Rachen, bis ich anfing zu würgen und mich schließlich übergab. Ich hatte das befreiende Gefühl vermisst, und somit wiederholte ich den Prozess, sodass ich mich ein weiteres Mal übergab.

Ich war fertig. Komplett fertig. Fertig von dem Umzug nach Spanien, fertig von den ganzen Kommentaren über meinen Körper und besonders fertig von Lamine.

Ich stand auf, spülte ab, reinigte meinen Mund und blickte in den Spiegel. In meinen rot unterlaufenen Augen lag leere. Nichts als leere. Was war nur in den letzten Monaten passiert?

Ich seufzte, wischte die Tränen mit meinem Ärmel weg und verließ das Badezimmer. Draußen hörte ich das Geschrei der Jungs, doch mir fiel nicht im geringsten Sinne ein, wieder nach unten zu gehen. Stattdessen ging ich in mein Zimmer, dunkelte dies vollständig ab und legte mich wieder ins Bett.

timeskip

Ich musste wohl den Rest des Tages durchgeschlafen haben, denn als ich wieder aufwachte, war es Sonntagmorgen. Ich seufzte und richtete mich auf. Kurz überlegte ich einfach weiter zu schlafen, jedoch entschied ich mich dann doch dagegen und rappelte mich auf.

Unten in der Küche saß mein Bruder allein am Esstisch und starrte auf sein Handy. „Hi.", versuchte ich ein Gespräch zu beginnen. „Na, du hast ja lange geschlafen.", lachte er. „Ja ähm, ich war gestern einfach nur müde.", log ich. „Du Sierra-", fing mein Bruder an. Ich hatte schon so eine Vermutung, was als nächstes kommen würde. „Nehm dir Lamines Kommentare nicht so zur Herzen, der kann es einfach nicht lassen.", sprach er somit genau die Worte aus, die ich mir in meinem Kopf ausgemalt hatte. „Äh ja alles gut.", ich schluckte und bis mir auf die Zunge, um die kommenden Tränen zu unterdrücken. „Ich meine ja nur. Nicht, dass du wieder-", jedoch unterbrach ich ihn, bevor er weitersprechen konnte. „Nein, mache ich nicht, Lorenzo, und jetzt lass mich bitte mit diesem Thema in Ruhe.", reagierte ich gereizt. „Ich meine das wirklich ernst, wenn du wieder anfängst-", versuchte es mein Bruder nochmal. „Verdammt nochmal Lorenzo, musst du immer so provozieren? Ich habe es verstanden.", brüllte ich. Ich wusste, dass es nicht richtig war, so respektlos zu meinem Bruder zu sein, jedoch musste ich an jemandem meine Frust rauslassen.

Mein Bruder hob abwehrend die Hände und versuchte erneut etwas zusagen, jedoch ließ ich ihn gar nicht dazu kommen. Ich stand auf und rannte zurück nach oben in mein Zimmer. Ich hatte es satt, dass alle etwas an mir auszusetzten, hatten. Ich ging ins Bad und schloss hinter mir die Tür ab. Ich wollte es nicht tun, jedoch war der Drang nach diesem befreienden Gefühl zu stark. Ich sackte vor der Toilette zusammen und steckte mir zwei Finger in den Rachen, bis ich mich übergab. Zweimal wiederholte ich das Ganze, bis ich mich etwas besser fühlte. Ich stand auf und holte die Waage aus dem Schrank. Ich hatte Angst davor, was mich nun erwartete. Ich atmete tief durch und stellte mich auf die Waage. 56 Kilo. Wieso musste es so viel sein? Ich spürte, wie eine Träne meine Wange runterlief. Schnell wischte ich diese weg und stellte die Waage zurück in den Schrank. In meinem Zimmer ließ ich mich aufs Bett fallen. In so einer Situation wäre ich früher sofort zu meiner besten Freundin, Tessa, gelaufen, doch nun trennten uns tausende von Kilometern. Es klopfte an meiner Zimmertür. „Mhh ja?", murmelte ich. In meiner Tür stand Lorenzo. „Sierra, es tut mir leid, dass ich eben so direkt war. Ich weiß, dass dieses Thema Vergangenheit ist.", fing er an. Ich schämte mich, denn wenn Lorenzo wissen würde, dass ich nun wieder in alte Angewohnheiten verfiel, wäre er sicherlich enttäuscht. Ich versuchte zu lächeln, jedoch zuckte mein Mundwinkel nur unkontrolliert.

Nachdem mein Bruder mein Zimmer verlassen hatte, war da wieder diese leere. Ich seufzte, verkroch mich zurück in mein Bett und schaltete den Fernsehen an.

Es waren bestimmt 5 Stunden vergangen, in denen ich größtenteils geschlafen hatte, als es wieder an meine Tür klopfte. Erneut stand Lorenzo im Türrahmen, diesmal jedoch mit einem Teller in der Hand. Der Duft von frisch gebackenen Pancakes stieg mir in die Nase. Mein Bruder setzte sich mit dem Teller Pancakes stolz auf meine Bettkante. „Die hab ich ganz alleine gemacht und sie sind sogar gut geworden.", grinste er. Ich konnte nicht anders, als zu lachen. Lorenzo war einfach ein Sonnenschein. „Ich komme später wieder, versprich mir, dass du was isst, ja?", er schaute mich durchdringlich an. Ich nickte nur und war froh, dass mein Bruder sich mit dieser Antwort zufriedengab.

Ich setzte mich auf und schaute den Teller Pancakes an, der auf meinem Bett stand. Das waren bestimmt 1500 Kalorien. Zögernd nahm ich einen in die Hand und biss zaghaft hinein, jedoch legte ich ihn sofort wieder zurück, denn ich schmeckte, dass Lorenzo an Zucker nicht gespart hatte.

Ich schluckte den Bissen herunter und fühlte mich automatisch schlecht. Schnell rappelte ich mich auf und begab mich an meinen Schreibtisch, um mich mit Schulaufgaben abzulenken.

Der Rest des Tages verging schnell. Mein Bruder war zwischendurch in mein Zimmer gekommen und hatte sich nach den Pancakes erkundigt, die ich jedoch nicht weiter angerührt hatte. Ich sah ihm die Enttäuschung im Gesicht an, doch er versuchte diese zu überspielen.

timeskip

Ich schreckte durch das Wecker Geräusch auf. Es war Montag und somit brach erneut eine neue Schulwoche an. Wirklich Lust hatte ich nicht, dennoch stand ich auf und fing an mich fertigzumachen.

Ich entschied mich, heute ungeschminkt zubleiben und ließ meine Haare einfach locker über meine Schulter fallen.

Meine Mutter hatte sich heute bereit erklärt, mich und meinen Bruder zur Schule zu fahren. „Sierra, komm jetzt!", brüllte mein Bruder von unten. Es war kurz vor 8:00 Uhr, was bedeutete, dass wir spät waren. Ich sprintete die Treppe hinunter und zog in Windeseile meine Schuhe an. Ich schulterte meinen Rucksack und lief zum Auto, wo meine Mutter und mein Bruder schon ungeduldig warteten. „Tut mir leid.", entschuldigte ich mein zu spät kommen. Meine Mutter schüttelte nur genervt den Kopf. Na großartig, jetzt hatte ich es mal wieder geschafft, sie zu verärgern. Kein Wunder, dass sie Lorenzo so oft vorzog.

Sowohl ich als auch Lorenzo hatten es pünktlich zum Unterricht geschafft. Langsam machte es mir hier an der Schule sogar richtig Spaß, da mir der Unterricht sehr leichtfiel. Wir sollten Gleichungen bestimmen.

„Sierraaa-", ertönte Gabrielas Stimme neben mir. „Ja?", antwortete ich. „Willst du am Freitag mit zu einer Hausparty?" Ich überlegte kurz, denn eigentlich war ich kein großer Fan irgendwelcher Partys. „Ja klar, warum nicht.", ich war von mir selbst überrascht, dass diese Worte meinen Mund verlassen hatten. „Super, ich hole dich um 20:00 Uhr ab."


Was hat Lamine da nur bei Sierra angestellt? Wie gefällt euch die Story bis jetzt? Über einen Vote oder Kommentar würde ich mich freuen :)

𝐿𝑎𝑠 𝑠𝑜𝑚𝑏𝑟𝑎𝑠 𝑑𝑒𝑙 𝑝𝑎𝑠𝑎𝑑𝑜 I 𝐿𝑎𝑚𝑖𝑛𝑒 𝑌𝑎𝑚𝑎𝑙Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt