Der Morgen im Bus fühlte sich wie jeder andere an. Ich erkannte die vertrauten Gesichter, hörte das gedämpfte Murmeln der Gespräche und spürte das sanfte Ruckeln des Busses. Mein Blick schweifte gedankenverloren aus dem Fenster, während Gebäude und Bäume an mir vorbeizogen. Die Sonne schien blass durch die Wolken, und ein frischer Windstoß ließ die Luft sogar im Inneren des Busses kühl erscheinen.Plötzlich spürte ich ein Vibrieren in meiner Tasche. Ich zog mein Handy hervor und sah eine Nachricht auf Instagram – von Emilio. „Hey, ich wollte fragen, ob du am Samstag vielleicht Zeit hast, mit mir rauszugehen?" Ich starrte auf den Text, überrascht. Zwar hatte Lorenzo mir geraten, vorsichtig mit Emilio zu sein, aber sein Rat war mir in diesem Moment ehrlich gesagt egal. Ich tippte zurück, dass ich noch mal nachfragen müsste, ob es passt, und dass Lorenzo nichts davon mitbekommen sollte.
Ich schaute noch etwas weiter Instagram bis ich irgendwann in mein Freundschaftsanfragen war, und eine Anfrage stach sofort hervor – Lamines. Mein Herzschlag beschleunigte sich leicht. Ich hielt inne, mein Finger schwebte zögernd über dem „Annehmen"-Button. Unsere letzten Begegnungen waren noch frisch in meinem Gedächtnis: diese unausgesprochenen Spannungen, der kurze Moment des Vertrauens, der dann aber auch schnell vorbei war nachdem er mich an meinen Bruder verraten hatte. Aber im Nachhinein hatte er es dann doch mit dem Tor Wiede gut gemacht.
Schließlich drückte ich auf „Annehmen," steckte das Handy zurück und lehnte mich wieder in den Sitz zurück während ich mir einredete, dass es nur eine einfache Anfrage war, nichts weiter. Doch insgeheim wusste ich, dass es für mich irgendwie mehr bedeutete.
Als der Bus vor der Schule hielt und ich ausstieg, zog ich meinen Rucksack auf und ließ meinen Blick über das Gewusel auf dem Pausenhof wandern. Der Vormittag zog sich dann dahin, mit Mathe und Geschichte, und obwohl ich versuchte, mich auf den Unterricht zu konzentrieren, drifteten meine Gedanken immer wieder zurück zu Lamine und Emilio. Auf der einen Seite hatte ich Lust auf das Treffen mit Emilio, auf der anderen spürte ich diese nervöse Spannung, die ich nicht wirklich zuordnen konnte. Vielleicht war es die Sache mit Lamine, die mich irgendwie doch mehr beschäftigte, als ich zugeben wollte.
Als es zur Pause klingelte, machte ich mich auf die Suche nach Lorenzo. Ich hatte nicht vor, mit ihm lange zu quatschen, aber ich musste ihn schnell fragen, ob Mama uns später abholen konnte. Der Gang war voller Schüler, und ich schob mich durch die Menge, als mein Blick über das Gewimmel glitt. Ich hielt kurz inne, als ich Lamine am anderen Ende des Ganges bemerkte. Er lehnte mit seinen Freunden an der Wand, in ein Gespräch vertieft, aber für einen Moment meinte ich, seinen Blick auf mir zu spüren. Ein Reflex ließ mich zur Seite schauen, fast als würde ich hoffen, dass er nicht tatsächlich zu mir schaute.
Schließlich entdeckte ich Lorenzo bei den Schließfächern, etwas abseits von der Menge. Er hatte mich bereits bemerkt, aber statt mir wie sonst entgegenzukommen, blieb er an seinem Platz stehen und sah mich nur kurz an. Ich spürte die Kälte in seinem Blick und erinnerte mich an das Gespräch von gestern, das offenbar noch nicht ganz vergessen war. „Hey, Lorenzo," begann ich zögerlich. „Weißt du, ob Mama uns später abholen könnte?"
Er hob kurz eine Augenbraue, bevor er mit einer kühlen Stimme antwortete: „Wieso fragst du sie nicht selbst?" Er verschränkte die Arme und sah mich einen Moment an, als würde er überlegen, ob er überhaupt auf eine Antwort warten wollte. „Ich dachte du weißt das schon ob sie..." Ich brach ab, als ich merkte, dass er mich schon nicht mehr richtig ansah. „Nein ich weiß es nicht, aber ich frag sie, wenn du es nicht selber auf die reihe bekommt" sagte er schließlich, doch seine Stimme klang fast beiläufig, als hätte er das Thema längst abgehakt. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging zu seinen Freunden zurück, ohne mir einen weiteren Blick zu schenken.
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𝐿𝑎𝑠 𝑠𝑜𝑚𝑏𝑟𝑎𝑠 𝑑𝑒𝑙 𝑝𝑎𝑠𝑎𝑑𝑜 I 𝐿𝑎𝑚𝑖𝑛𝑒 𝑌𝑎𝑚𝑎𝑙
FanfictionSierra zieht mit ihrer Familie nach Barcelona, da ihr Bruder einen Vertrag bei Barça unterschrieben hat. Gleich an ihrem ersten Schultag begegnet sie Lamine, der jedoch gar keinen guten Eindruck bei ihr hinterlässt. Kann aus Hass Liebe werden?