𝟏𝟗. 𝒐𝒗𝒆𝒓𝒘𝒉𝒆𝒍𝒎𝒆𝒅

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(Überfordert/Überwältigt)

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Deniz

Ich ging langsam hinter den Mädchen her zurück ins Esszimmer, aber ehrlich gesagt war ich alles andere als begeistert. Yasemine und ihre Mutter sind wirklich nett aber trotzdem hatte ich einfach ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache. Das Lachen von Papa und Asena hallte noch in meinen Ohren. Papa wirkte so... locker, fast schon fremd. Das war schön zu sehen, aber genau das machte mir auch Angst. Was, wenn das alles nur ein kurzer Moment war? Was, wenn sie ihn genauso verletzen würde, wie Mama damals?

Wir setzten uns wieder an den Tisch. Ich nahm einen Schluck Wasser und merkte, wie ich innerlich immer unruhiger wurde. Die ganze Situation überforderte mich einfach. Die Erwachsenen unterhielten sich weiter, als ob die ganze Welt perfekt wäre. Defne und Yasemine lachten über irgendwas. Papa grinste weiterhin Asena an, als ob sie das Beste wäre, was ihm seit Jahren passiert ist. Vielleicht stimmte das ja sogar, aber ich konnte nicht anders, als misstrauisch zu sein. In letzter Zeit, vorallem seit dem Jobwechsel, blüht Papa immer mehr auf und mir wurde noch klarer, wie tief er damals wirklich gefallen war. Und ich will nicht, dass das wieder passiert. Ich hab endlich meinen Vater wieder und will mir den auch nicht wieder wegnehmen lassen.

„Deniz, alles okay?", fragte Yasemine plötzlich und stupste mich mit dem Ellenbogen an, als sie sah, dass ich nur schweigend da saß.

Ich nickte, ohne viel darüber nachzudenken und zwang mich zu einem kleinen Lächeln. „Ja, alles gut", log ich. Die Wahrheit war, dass mir der ganze Abend einfach zu viel wurde. Zu viel Gerede und zu viele Emotionen.

„Ich glaub, ich geh schlafen", murmelte ich irgendwann, aber mehr zu mir selbst, während die Erwachsenen fröhlich weiterredeten. Defne und Yasemine hatten sich eh schon in ihre eigene kleine Welt verzogen, lachten über irgendwas, was ich nicht verstand und mir auch ziemlich egal war.

„Gehst du schon ins Bett?", fragte Papa und sah mich an, als hätte er gar nicht gemerkt, dass ich die ganze Zeit still neben ihm saß.

„Ja, bin müde", antwortete ich und stand langsam auf. Das war natürlich gelogen. Ich war alles, aber nicht müde. Doch ich wollte einfach raus aus diesem Raum. Die Atmosphäre machte mich nervös, wie eine Bombe die gleich hochgeht, ohne dass es irgendwer vorhe merkt.

„Na gut, schlaf gut", sagte Papa und schenkte mir ein leichtes Lächeln und Asena lächelte mir ebenfalls freundlich zu. „Schlaf gut, Deniz", sagte auch Yasemine, während Defne mir einen flüchtigen Blick zuwarf. Sie wusste genau, dass irgendwas nicht stimmte, aber sie sagte zum Glück nichts.

Ich ging in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir ab. Endlich allein. Das erste, was mir durch den Kopf ging, war Papa. Sein Lachen, und wie Asena ihn ansah, als würden sie sich schon ewig, und länger als eine Stunde lang kennen. Hab ich wirklich das Recht, ihm das zu missgönnen? Aber die Angst, dass alles wieder zusammenbrechen könnte, ließ mich einfach nicht los.

Mein Kopf war voll, so voll, dass ich kaum klar Denken konnte. Die Worte meines Vaters von vorhin hallten in meinem Kopf: „Was hast du dir dabei gedacht?" Natürlich meinte er die Sache mit Vanessa, und ja, er hatte recht. Ich hatte Mist gebaut. Ich hab's mal wieder versaut, und jetzt fühlt sich alles nur noch chaotischer an als vorher.

Ich setzte mich ans Fenster und schaute hinaus. Draußen schneite es wieder, und der ganze Garten war von einer dicken Schneeschicht bedeckt. Es sah eigentlich schön aus — wie die Schneeflocken in der Dunkelheit langsam auf den Boden sanken, als würde die Zeit stillstehen. Die kühle Nachtluft strömte herein, und für einen Moment fühlte ich mich einfach leer. Meine Gedanken kreisten um Papa und um Defne aber auch um Leon. Irgendwie machte das alles keinen Sinn mehr. Ich wollte, dass Defne glücklich ist, dass Papa glücklich ist, und irgendwo tief in mir auch, dass ich selbst glücklich bin. Aber was, wenn ich das alles nicht gleichzeitig hinkriege?

Plötzlich spürte ich, wie mir die Tränen in die Augen schossen. Ohne Vorwarnung. Ich versuchte, sie zu unterdrücken, aber es ging einfach nicht. Papa hatte Recht, als er vorhin so sauer auf mich war. Ich habe meiner Schwester, die mir immer hilft, nicht geholfen. Ich war so mit meinem eigenen Chaos mit Leon und Vanessa beschäftigt, dass ich alles andere einfach vergaß. Und jetzt... jetzt fühlte es sich so an, als würde ich alles verlieren, ohne auch nur eine Chance zu haben alles in Ordnung zu bringen.

Ich lehnte meinen Kopf gegen die kalte Fensterscheibe und spürte, wie die Tränen langsam meine Wangen hinunterliefen. Ich weinte leise und versuchte, möglichst keine Geräusche zu machen. Irgendwann setzte ich mich auf, zog mich um und schnappte mir eine Jacke. Ich musste einfach hier raus. Irgendwohin, wo ich nachdenken konnte. Vielleicht zu Leon... vielleicht versteht er mich.

Als ich das Fenster öffnete, schlug mir sofort die kalte Nachtluft entgegen, aber das war mir egal. Ich kletterte an der alten Eiche hinunter, die direkt neben meinem Fenster stand, und landete im Schnee. Zum Glück war das mittlerweile schon Routine. Ich schob meine Hände in die Taschen und ging los. Leon wohnte nur ein paar Straßen weiter. Ich wusste, dass er mir zuhören würde, egal wie spät es ist. Er war der Einzige, der mich (neben Defne natürlich) wirklich verstand.

Auf dem Weg dorthin sah ich plötzlich zwei Gestalten aus der Ferne. Es waren Markus und Maxi. Was machten die so spät hier? Die beiden wohnten doch in einer komplett anderen Gegend. Sie schienen mich aber nicht zu bemerken, weil sie in ein Gespräch vertieft waren. Ich blieb im Schatten stehen, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Ich hatte keine Lust, mich mit irgendjemandem zu unterhalten, schon gar nicht jetzt. Als die beiden außer Sichtweite waren, ging ich weiter.

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Defne

Nachdem Yasemine und ihre Mutter weggefahren waren, half ich Papa beim Aufräumen. Es war schon spät, kurz vor zwölf. Papa war die ganze Zeit über so glücklich gewesen, fast schon zu glücklich, als ob er alles perfekt machen wollte. Aber ich spürte seine Nervosität in jeder seiner Bewegungen, in seinem Lachen und in den flüchtigen Blicken, die er Yasi's Mama zuwarf.

„Danke für deine Hilfe, mein Schatz", sagte er, als wir die letzten Gläser in die Spülmaschine räumten.

„Klar, kein Problem", murmelte ich, während ich einen Lappen nahm und über den Tisch wischte. „Geh du schon schlafen, ich mach hier den Rest."

Papa schaute mich einen Moment lang so an, als wollte er etwas sagen, entschied sich dann aber dagegen. „Okay, schlaf gut", sagte er schließlich, gab mir einen Kuss auf die Stirn und verschwand in sein Zimmer. Ich stand da und hörte, wie seine Schritte immer leiser wurden und irgendwann ganz verschwanden.

Nachdem ich die Küche fertig aufgeräumt hatte, ging ich nach oben in mein Zimmer. Auf halbem Weg viel mir ein, wie ruhig Deniz den ganzen Abend gewesen war. Das passte nicht zu ihm. Er ist auch ziemlich früh verschwunden und obwohl ich wusste, dass etwas mit ihm nicht stimmt, beschloss ich ihn erstmal in Ruhe zu lassen. Wenn er reden will, wird er schon zu mir kommen.

Glücklich machte ich mich bettfertig. Ich zog mir einen anderen Pyjama an, schaltete meine LED's auf Rosa und holte mein Tablet aus der Schublade meines Nachttisches. Es war die perfekte Farbe, um mich endlich zu entspannen und dazu gab es definitiv nichts Besseres, als eine weitere Folge Gossip Girl.

Gerade als ich mich ins Bett kuschelte und die erste Minute der Folge lief, hörte ich plötzlich ein Klopfen. Es kam nicht von der Tür, sondern... vom Fenster? Mein Herz machte einen kurzen Sprung, und ich hielt die Luft an. Was zum Teufel?

UN:MASKED | Markus FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt