Ich würde gerne behaupten, die Vampire von New York City hätten mich mit offenen Armen empfangen. Aber wenn jemand mit dem bewusstlosen Bruder der Anführerin, blutig und hysterisch vor ihren Toren auftauchte, schien sich ihre Gastfreundschaft in Grenzen zu halten.
In wenigen Sekunden, seit ich mit Adam auf den Stufen gelandet war, waren wir umzingelt von Vampiren. Bevor ich auch nur ein Wort herausbrachte, drängte sich Aria nach vorne.
»Lass mich durch, verdammt noch mal!«
Sobald sie ihren bewusstlosen Bruder in meinem Schoß liegen sah, stieß sie ein Knurren aus, das Ezra alle Ehre gemacht hätte.
Man musste ihr zugutehalten, dass sie mich nicht sofort umbrachte.
Vielleicht war es mein erbärmliches Aussehen, das sie davon abhielt.
»Was zur Hölle ist mit euch passiert? Im einen Moment kämpfen wir gegen eine Horde Dämonen und auf einmal seid ihr für Tage verschwunden! Aaron und sein kleiner Wolffreund haben mir gesagt, Adam wäre von einem Dämon besessen.« Ihre Augen feuerten Blitze auf mich ab.
Mein Mund öffnete sich. Er schloss sich wieder. Kein Laut drang aus meiner Kehle. Die letzten Minuten hatten mir emotional, körperlich und geistig alles abverlangt. Ich spürte, wie mein Bewusstsein auf Wiedersehen sagte und ich langsam nach vorne kippte.
»Das darf nicht wahr sein. Bringt sie rein!«, bellte Aria, bevor meine Welt dunkel wurde.
Ich verkroch mich unter der Bettdecke. Ich war schon seit einigen Minuten wach, aber wollte mich nicht der Realität stellen.
Mae unterhielt sich leise mit Aria.
Erst als die Tür hinter der Anführerin ins Schloss fiel, räusperte sich Mae.
»Ich weiß, dass du wach bist.«
Ihre Stimme war unerträglich sanft.
Ich strampelte die Decke von mir und hielt mir die Augen zu, aus denen schon wieder wider meines Willens Tränen flossen. Wortlos krabbelte Mae zu mir aufs Bett und hielt mich fest.
Es dauerte eine Weile, bis ich mich so weit beruhigt hatte, dass ich sprechen konnte.
»Er hat mich benutzt. Ich bin so unfassbar dumm.«
Mae runzelte die Stirn. »Wer hat dich benutzt?«
»Ezra.«
Schon allein seinen Namen auszusprechen, tat weh.
Mae strich beruhigend über meinen Arm. Ein Kronenanstecker zierte ihren Blazer. »Erzähl mir alles.«
Und das tat ich. Von dem Moment an, als ich im Flugzeug aufgewacht war, bis hin zur Erweckung von Ezra in der Grabkammer. Nur den Teil, als wir im Bett gelandet waren, ließ ich aus.
Mae sah einerseits aus, als wollte sie selbst in Tränen ausbrechen und andererseits, als wollte sie jemanden ermorden. Einen gewissen Halb-Dämon.
»Aber du hast deine Magie zurück.«, versuchte sie mich abzulenken.
Ich brummte und befreite mich aus der Decke. Wir befanden uns immer noch im Hauptquartier der Vampire. Ich hatte einen ganzen Tag geschlafen. Adam war bis jetzt noch nicht aufgewacht und ich konnte es nicht ertragen, mich länger in Selbstmitleid zu wälzen.
Ich biss mir auf die Lippe und wandte mich dem Badezimmer zu.
»Du musst mir nicht das Händchen halten, große Schwester. Ich komme schon allein klar.«
Mae warf mir einen Blick zu, der so viel bedeutete wie den-Scheiß-kannst-du-jemand-anderem-erzählen, trotzdem erfüllte sie mir meinen Wunsch und ging zur Tür.
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Crowns
FantasyNie wieder. Nie wieder würde ich zulassen, dass jemand die Kontrolle über mich hatte. Davor würde ich alles niederbrennen, was mir im Weg stand.