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Hyvn

Nein, das kann einfach nicht wahr sein. Immer wieder rede ich mir ein, dass das heute nicht passiert ist. Vom Schulweg bis nach Hause kämpfe ich ununterbrochen mit meinen Gedanken und kann ihnen nicht entkommen. Als ich in mein Zimmer gehe, meinen Rucksack wegschmeiße und anfange zu schreien, halten meine Schritte im Flur wieder an. Niemand ist sowieso zu Hause, wie fast immer. Mein Schreien klingt gebrochen und verletzt. Ich lasse all meinen Frust heraus und kann meine Stimme nicht mehr aufrecht erhalten. Das darf einfach nicht wahr sein. Warum muss ausgerechnet das passieren? Sein kalter und enttäuschter Gesichtsausdruck taucht vor meinem inneren Auge auf und ich schluchze laut. Der Hass und die Abscheu waren so groß, dass man es nicht übersehen konnte. Ich wollte doch nie wieder von ihm so angesehen werden. Es tat höllisch weh, von ihm so angesehen zu werden. Er hat mich angeschaut, als hätte er bereits sein endgültiges Urteil gefällt, mich für immer zu hassen, was wahrscheinlich auch so ist. Dieser Blick verfolgt mich die ganze Zeit und das so düster wie ein Schatten. Es fühlt sich an, als ob dieser Schatten mich zurück in die Vergangenheit ziehen wollen, in der ich nur daran dachte, mein Leben zu beenden. Es war nicht meine Schuld. Warum hat er mich nicht ausreden lassen? Ich hätte ihm alles erklären können. Hätte er mich nur verdammt nochmal ausreden lassen. Am Anfang war er nicht einmal da, warum handelt er dann so impulsiv? Ich beiße mir in den Daumen und gehe wie wild in meinem Zimmer auf und ab, während ich verrückt werde und Tränen aus meinen Augen fließen. Meine Haare raufe ich und reiße dabei zahllose Strähnen aus, die zu Opfern meiner Schmerzen werden.

Das kann nicht wahr sein. Und dennoch weiß ich, dass alles, was passiert ist, verdammt wahr ist. Seine Worte, die mir ins Herz getroffen haben, sind wahr. Der Schmerz, der sich von meinem Herzen auf meinen ganzen Körper ausbreitet, beweist das. Ein Schmerz, der versucht, mich zu verschlingen. »Hast du dich jemals gefragt, warum ich dich nicht lieben kann?« hallt seine Stimme in meinem Kopf wider und ich schreie frustriert auf, laufe zum Schreibtisch. Klar, diese Frage hatte ich mir schon oft gestellt. Jeden verdammten Tag, seit ich ihn so verflucht doll liebe. Wie konnte er ausgerechnet das gegen mich verwenden, obwohl er genau weiß, wie sehr ich mich danach sehne? Ich habe ihm etwas anvertraut, was ich nicht mal meinen besten Freunden erzählt habe, und er nutzt es einfach gegen mich, ohne jegliches Zeichen, dass es ihm leid täte. Sein Lächeln war so verdammt quälend, dass ich es ihm am liebsten aus dem Gesicht gerissen hätte, um es nicht mehr sehen zu müssen. Es war kein sinnliches Lächeln, sondern eines, das so verdammt böse aussah, dass es mir durch Mark und Bein ging. Ich weiß genau, dass das nicht vorbei ist. Harte Zeiten werden kommen, in denen mein Herz mich immer mehr zerfressen wird, bis ich wieder in meine Depressionen verfallen werde.

Meine Hände fliegen über meinen Schreibtisch und alles darauf fliegt mit einem lauten Knall auf den Boden. Meine Parfüms und Bodysprays fallen zu Boden, einige meiner Parfüms zerbrechen und die Scherben verteilen sich. Genau so hat Aras mein Herz zersplittert. Alles, was er gesagt hat, hallt in meinem Kopf wider und zieht mich in die Tiefe. Es reicht doch mal, es muss aufhören, verdammt. Jeder einzelne Knochen in meinem Körper schmerzt, so tief haben seine Worte geschnitten. Ich habe ihm vertraut und er hat es ausgenutzt, um mich zu verletzen. »Wenn dein eigener Vater dich nicht lieben konnte, wie kannst du es dann von mir erwarten?« Diese Worte, die am meisten schmerzten, klingen erneut in meinem Kopf und ich falle zu Boden, krümme mich zusammen. Das kann nicht wahr sein, warum hat er das gesagt? Ich wurde verdammt nochmal von ihm vergewaltigt, wie kann er das dann noch sagen? Und warum zum Teufel stimme ich ihm sogar noch zu? Selbst meinem Vater konnte ich nicht vertrauen, warum also habe ich es ihm anvertraut? Mein eigener Vater hat mich nicht geliebt, wie konnte ich dann so naiv sein und es von ihm erwarten? Er hatte recht, aber es tut weh zu wissen, dass er mein Vertrauen missbraucht hat, nur um mich zu verletzen, weil das, was er gesehen hat, ihn verletzt hat. Er fühlt sich betrogen, dabei hatte ich nur gute Absichten.

Intended for each otherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt