Selbstzerstörungskraft

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Stiller Sturm

Ich trage ein leises Beben in mir,
einen flackernden Sturm, der nie ganz aufhört, doch kaum zu sehen ist.
Als würde ich jeden Tag ein wenig mehr verschwinden,
Schicht für Schicht, wie Nebel, der sich über die Nacht legt
und nur eine kalte, feuchte Leere hinterlässt.

Es ist nicht der Alkohol, nicht der Rauch, nicht die kleinen Fluchten,
die am Ende wirklich betäuben.
Es ist die stille Gewissheit, dass ich den Raum fülle, aber nie ankomme,
dass ich Schritte mache, ohne irgendwohin zu gelangen.
Ich suche einen Moment, einen einzigen,
in dem ich mir selbst erlaube, mich zu spüren,
ohne diese schwere Angst vor all dem, was ich nie sein werde.

Mit Mama ist da eine Kluft aus Worten,
die wir nicht sprechen, weil wir es nicht können oder wollen.
Sie sieht nur die Hülle, all das, was ich zeige –
oder nicht zeigen kann.
Ich frage mich, ob sie die Unsicherheit bemerkt, die sich tief in mir versteckt,
wenn sie mich ansieht, als würde sie eine Antwort suchen.
Jedes ihrer Urteile fällt schwer, jedes ungesagte Wort legt sich wie Staub auf Wunden, die niemals heilen.

Und dann ist da dieser Gedanke, der manchmal kommt,
so unheimlich wie ein Schatten, so schwer wie ein Stein:
Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich schon längst einen anderen Weg gewählt hätte, einen stillen Abschied,
kein Drama, nur eine kleine Lücke in ihrer Welt,
die sie vielleicht vermissen, aber nur für einen Augenblick.
Vielleicht würden sie nur dann verstehen, wer ich wirklich war –
wenn ich nicht mehr bin.

Die Familie, die immer spricht, aber nicht hört,
die Erwartungen, die sie mir wie ein Netz überwerfen,
als könnten sie mich damit irgendwo festhalten,
ohne zu sehen, dass ich mich im Innersten verloren habe.
Der Streit ist manchmal ein Schutz, eine Mauer, die ich baue,
weil ich nicht weiß, wie ich ihnen sagen soll,
dass ich an jedem einzelnen Tag gegen die Unsicherheit ankämpfe.

Ich sehe die Welt durch einen trüben Schleier,
bin da, aber nie ganz, immer irgendwie am Rand.
Vielleicht liegt es an mir, vielleicht ist es diese leise Abneigung,
die ich gegen mich selbst hege,
dieses leise Gefühl, dass ich nie genug sein werde,
dass alles, was ich tue, nur eine Maske ist, die irgendwann zerfällt.

Ich frage mich, ob ich mich je lieben könnte,
ob ich je so sein könnte, wie sie es wollen –
oder wie ich selbst es brauche.
Ein Teil von mir ist müde von all den Maskeraden,
von all den Stimmen, die sagen, ich sollte dies sein,
ich sollte das tun,
ich sollte mir selbst genügen.

Aber tief in mir, da ist ein Funke, klein und unscheinbar,
ein Rest von etwas, das sich nicht benennen lässt.
Vielleicht ist es Hoffnung, vielleicht ist es nur ein schwacher Wille,
der sich festkrallt an die Vorstellung,
dass es irgendwann leichter wird, dass ich mich eines Tages
in mir selbst finden kann –
ohne Dunkelheit, ohne Angst.

Bis dahin gehe ich weiter, Schritt für Schritt,
in der leisen Hoffnung, dass es irgendwann einen Tag geben wird, an dem ich nicht nur funktioniere, sondern atme,
an dem ich mir selbst in die Augen sehen kann
und spüre, dass ich auch ohne Kampf existieren darf.

Ich bin noch da, irgendwie. Auch wenn ich nicht weiß, wie lange das noch anhält.

teilzeit poesieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt