13. Kapitel

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Joe

So schnell ich kann, renne ich auf allen Vieren um das Gebäude zur Rückseite. Unter meinen Füßen knacken einzelne Äste und Blätter. Rauch steigt mir in die Nase und ich kann die Verbrennungen riechen, die das Haus erleiden muss.

Einzelne letzte Fenster zerspringen, als ich an der Seite vorbei flitze. Immer wieder lasse ich meinen Blick durch die zerstörten Fenster schweifen, auf der Suche nach Überlebenden. Avery meinte zwar, dass sein Personal heute nicht anwesend sei, aber ich werde das ungute Gefühl nicht los, dass heute jemand sterben wird.

Als ich auf der anderen Seite des Hauses angekommen bin, kann ich endlich den Auslöser für die Explosionen ausmachen. Avery hat wie viele Hexer ein kleines Gewächshaus, das nicht nur mit Pflanzen gefüllt ist. Ein schneller Blick verrät mir, dass ein Gastank die Quelle für den Brand sein muss. Der metallene Behälter, der die Größe eines Kleinwagens aufweist, ist oben aufgeplatzt. Als wäre in seinem Innern etwas weggesprengt worden und unter dem Druck barste der Deckel weg.

Von dem Gewächshaus ist aufgrund der Explosion kaum noch etwas übrig geblieben. Auf der Erde liegen überall zerstreut zerstörte Kübel, Blumentöpfe und Bottiche, sowie ihre früheren Bewohner. Tote Pflanzen, die keinen Nutzen mehr aufweisen und ein Fall für den Biokompost sind.

Das Gehäuse des Glaskasten ist in seine Einzelteile zersprungen. Glasscherben ebnen den Boden und machen es zu einem Tretmienenfeld für mich, dem ich mich besser nicht nähere. Die Stützpfeiler ragen abgebrochen aus der Erde und sind die letzten Überbleibsel ihres ursprünglichen Ganzen. Wie ein Puzzle, dessen Ränder und der Großteil seines Inneren fehlen. Und die übrigen Puzzleteile sind stark verkohlt und weisen starke Schäden auf.

Aus dem Augenwinkel reißt mich eine Regung aus meinen Gedanken. Etwas bewegt sich aus den Trümmern und kommt durch den Dunst des Rauches auf mich zu.

„Du hast nicht mehr viel Zeit.", sagt eine mir bekannte Stimme und ich kann Ella erkennen, wie sie neben mich tritt. In ihren Händen hält sie ihre Sense. Ihr Körper gehüllt in die klassische Kutte, die Reaper tragen müssen, wenn sie Seelen einsammeln.

Irritiert sehe ich meine Kollegin an. Ihr Blick ist getrübt. Traurigkeit und Sorgen zeichnen ihre Mimik.

„Du weißt, dass du gegen das Gesetz verstößt, wenn du während eines Jobs mit mir interagierst..."

Die Furchen zwischen ihren Brauen werden tiefer, ihr Blick fester. Dann sieht sie mich direkt an. „Ich habe bloß laut gedacht. Ich habe gehört, das machen kluge Köpfe, um ihre Gedanken besser sortieren zu können."

Ein Lächeln ziert meine Mimik und ich nicke Ella wissend zu. Bewusst wende ich meinen Blick ab, lege meinen Kopf in den Nacken und sage fungiert zu mir selbst: „Wenn ich nur wüsste, wo ich suchen muss..."

„Ich will nicht wissen, wie viele Leichen Avery in seinem Keller hortet." Diese Anspielung ist mir eindeutig genug. Ich nicke Ella wissend zu, die mir hinterher ruft: „Du hast fünf Minuten, Joe. Dann verabschiedet sich das Haus mit einem letzten Knall von diesem Erdboden."

Ohne ein weiteres Wort, springe ich durch eines der zerstörten Fenster und lande in einem Raum, der mal die Küche gewesen sein muss. Zu meiner Linken kann ich Schränke und kaputtes Geschirr ausmachen. Der Herd und der Kühlschrank haben es bisher recht unbeschadet überstanden.

Ich kämpfe mich durch die Rauchschwaden, stelle meine Atmung ein. Gut für mich, dass ich als totes Wesen keinen Sauerstoff brauche.

Ich stürme aus der Küche, blicke mich immer wieder um, bis ich im Eingangsbereich auf eine Tür stoße, die mit einem Schloss versehen ist. Bei meinem Versuch das metallene Ding zu öffnen, breche ich mir fast ein Stück meines Geweihs ab.

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