14. Kapitel

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Joe

„Was macht du denn noch hier?" Avery gafft Magdalena ungläubig an.

Nachdem Maya verschwunden ist, hat Ella wortwörtlich die Flucht ergriffen und das Grundstück verlassen.

„Ich freu mich auch, dich zu sehen.", antwortet sie ihm und verdreht die Augen. „Ich verstehe langsam, warum du ihn nicht leiden kannst." Sie wirft mir einen vielsagenden Blick zu und beobachtet, wie ich mich zurück in meine menschliche Form verwandle. „Tut das eigentlich weh?"

„Wurde dir schon mal die Haut vom Körper gerissen, jeder Knochen einzeln gebrochen und anschließend neu zusammen gesetzt?"

Entsetzt sieht mich die Hexe an und sie muss sich scheinbar zusammenreißen nicht mit offenem Mund zu starren.

Dann entweicht mir ein leises Lachen und ich winke salopp ab. „Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Es ist mehr wie Wachstumsschmerz, denke ich. Ein Drücken in den Gelenken und es kribbelt irgendwie unter der Haut, weil sich mein Knochenbau verändert. Aber keine Schmerzen im herkömmlichen Sinne. Unangenehm, aber keinesfalls vergleichbar mit der Verwandlung eines Werwolfes. Da würde ich ernsthaft nicht tauschen wollen. Die leiden wirklich wie Hunde."

Neben mir grunzt Cas belustigt und wackelt amüsiert mit den Augenbrauen. „Der war gut.", lobt er mich und tätschelt meine Schulter.

Avery und Xavier dagegen lassen ihre Blicke gebannt auf Magdalena gerichtet. „Erklärst du uns jetzt, warum du noch hier warst?"

Provokant verschränke ich die Arme vor der Brust und stelle mich halb vor die Hexe. Starre Avery an und mahle mit den Zähnen. „Wie wäre es, wenn du uns erst mal von Maya erzählst?"

Avery verzieht keine Miene, lässt sich nichts anmerken. Und dennoch ist da dieses kurze, unkontrollierte Zucken seines linken Augenliedes. Er weiß, dass wir sie gefunden haben. „Ich weiß nicht, was ihr meint.", gibt er kalt zurück und ahmt meine Geste nach.

Ich dagegen habe es satt, mich länger belügen und verarschen zu lassen. Also werde ich deutlicher, lauter: „Ich meine das kleine Hexen-Vampir-Mädchen, das sich in deinem Keller selbst eingesperrt hat und panische Angst vor Gideon hat." Ich starre den Hexer regelrecht nieder. Gebe nicht nach.

Unbekümmert zuckt er mit den Schultern. „Ach das, ja. Das hätte ich vielleicht erwähnen sollen. Wo ist sie jetzt?"

„Wo sie jetzt ist?", wiederhole ich gepresst und fange immer mehr an zu schreien. „Deine Tochter ist bei dem Namen Gideon schreiend in Flammen aufgegangen und verschwunden. Also, ja, keine Ahnung, wo sie jetzt ist."

„Warte, warte, warte..." Averys Mimik entgleist ihm und er hebt abwehrend die Hände. „Was meinst du mit, sie ist in Flammen aufgegangen?"

Ungläubig sehe ich erst Magdalena, dann Cas und schlussendlich Xavier an. „Spreche ich etwa eine andere Sprache?" Ich stecke mir den kleinen Finger ins Ohr und versuche dieses zu säubern. „Ne, schwerhörig bin ich auch noch nicht." Mein Blick geht wieder zu Avery, dem jetzt die Panik ins Gesicht geschrieben steht. „Was willst du jetzt von mir hören, hm? Wir haben Gideon erwähnt. Konnten ja nicht, wissen, dass die Kleine gleich so ausrasten würde. Sie schrie, dass uns die Köpfe geklingelt haben und dann war sie weg. Hinterlassen hat sie bloß verbrannte Erde. Wortwörtlich."

„Solltest du nicht wissen, wie deine Tochter tickt, wenn sie Angst hat?" Magdalena tritt hinter mir vor und zeigt mit dem Finger auf Avery.

Ihm bleibt bloß der Mund offen stehen, stammelt einzelne Silben, weiß aber anscheinend keine richtige Antwort.

Ich senke meine Stimme, als mir klar wird, was das zu bedeuten hat. In all den Jahren habe ich Avery noch nie so ratlos gesehen.

„Wieso war sie in deinem Keller eingesperrt?", frage ich leise. Versuche etwas Ruhe in die Aufgebrachtheit des Mannes zu bringen.

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