2 // casting and ashton

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Dan hat uns überredet, bei ihm zu übernachten, damit wir gemeinsam zum Casting fahren können. Wir stehen recht früh auf, um noch gemütlich zu essen. Außerdem müssen wir uns mental auf das Casting vorbereiten.

Harry packt seinen Bass vorsichtig ein und nimmt die Tasche dann auf den Rücken. Ich tue das gleiche mit meiner Gitarre. Dan kann sein Schlagzeug leider nicht einpacken, aber er nimmt seine Sticks mit, die so etwas wie die Glücksbringer unserer Band sind. Olly muss auch auf sein eigenes Keyboard verzichten.

Dann schnappen wir uns die Räder und fahren eine dreiviertel Stunde durch Sydney. Schließlich landen wir vor dem Studio, in dem das Casting stattfinden soll, welches sich in einem Stadtteil befindet, in dem ich noch nie war. Schnell parken wir die Räder neben dem Eingang, dann treten wir gemeinsam ein.

Es ist ätzend voll im großen Warteraum und mir kommt es so vor, als wären alle Teenager aus ganz Sydney hierhergekommen. Wir erfahren durch ein wenig umhören, dass man sich eintragen muss und dann aufgerufen wird.

Das kann ja noch lange dauern!

So lange dauerte es dann doch nicht. Nach einer halben Stunde stehen wir endlich vor der Anmeldung. Eine Frau fragt nach unserem Bandnamen, den benötigten Instrumenten und erläutert uns die Teilnahmebedingungen. Dann erklärt sie uns kurz den Ablauf des Casting. Alle Bands werden nacheinander aufgerufen und müssen drei selbstgeschriebene Songs vorspielen.

Eine Jury, bestehend aus 4 Leuten, wählt die 5 besten Bands aus. Diese müssen dann einen Song von 5 Seconds Of Summer covern. Die beste Band gewinnt. Fragt mich nicht nach dieser Logik. Aber ich habe nichts dagegen einzuwenden. 5SOS zu covern ist das Beste.
Nach und nach werden verschiedenste Bandnamen aufgerufen. Der große Raum leert sich immer mehr und ich werde immer aufgeregter. Mein Magen zieht sich aus Angst, sowie aus Freude zusammen.

Was ist, wenn er auch da ist?

Nein. Er ist bestimmt nicht da. Ganz sicher nicht. Aber es wäre schön.

Ich würde mich aber auch über einen von den anderen dreien freuen, denn sie sind mir ebenfalls nicht unbekannt. Als 5 Seconds Of Summer gegründet war, brachte Luke seine Freunde manchmal mit. Es war die schönste Zeit meines Lebens. Die vier sind wirklich witzige Chaoten.

"True Blue", ruft jemand. Ich sehe meine Freunde an. Ihre Gesichter spiegeln meine Gefühle wieder. Panik und Aufregung, aber dennoch Entschlossenheit.

"Wir schaffen das", murmelte Dan.

Wir anderen nicken zustimmend. Dann laufen wir auf den Raum zu. Es ist ein normales Studio. Ein Schlagzeug und vier Mikros sind aufgebaut. Die Jury ist unsichtbar. Vielleicht ist das auch besser so.

Ich schließe die Augen und atme tief durch. Schnell summe ich noch einmal ein paar Einsingübungen vor mich hin. Langsam und mit aller Ruhe packe ich meine Gitarre aus. Dan nimmt seine Position am Schlagzeug ein und Olly läuft zum Keyboard.

Meine Hände zittern, als ich mich neben Harry stelle. Er lächelt mich Mut machend an und stimmt noch einmal kurz seinen Bass. Ich prüfe meine Gitarre. Alle Saiten dran. Perfekt gestimmt.

Es kann losgehen.

Unser erster Song heißt Lost und handelt von einem Mädchen, dessen Freund plötzlich verschwindet. Sie ist verzweifelt und sucht ihn vergeblich. Verloren reist sie durch die ganze Welt und stürzt sich zum Schluss von einer Klippe, weil sie nicht ohne ihn leben will und kann. Ich weiß im Nachhinein immer nicht mehr, wie ich auf so etwas komme. Es kommt einfach so aus mir heraus. Diesen Song habe ich gemeinsam mit Dan geschrieben. Ich singe dort allein, das haben wir irgendwann mal so entschieden. Ich versuche jedes Mal, so viel wie möglich Gefühl hineinzulegen.

Der zweite trägt den Namen Just friendship?. Die drei Jungs haben ihn für mich oder sozusagen über mich geschrieben, kurz nach der Bandgründung. Sie haben die Sache mit Luke aus mir herausgequetscht und dann eben dieses Lied geschrieben. Es wird von uns allen gesungen.

Der letzte Song ist ein Duett, welches Harry und ich singen. Er heißt Your Eyes. Es geht um zwei Verliebte, die über die Augen ihres Partners singen, weil sie diesen verfallen sind.

Dann haben wir es geschafft. Ohne einen einzigen schief gesungenen Ton und ohne, dass wir uns verspielt haben. Und alles hat perfekt miteinander harmoniert. Ein weiterer Beweis für mich, dass wir ein verdammt gutes Team sind. Ich lächle meine Helden an, die sofort zurück lächeln. Anschließend betritt die Jury den Raum.

Ein älterer Herr, eine junge Frau, eine Frau mittleren Alters und... und Ashton.

Irgendwie bin ich enttäuscht, dass es nicht Luke ist. Dennoch bin ich nicht minder begeistert über Ashton.

"Mein Gott, das war der Wahnsinn!", meint er grinsend. "Warte mal..." Er legt den Kopf schief und schaut mich an. "Bist du das, Süße?"

Ja, die vier haben mich immer Süße genannt. Das tat bei Luke natürlich weh.

"Korrekt. Das bin ich", antworte ich. Zum Glück habe ich nicht die Sprache verloren, wie die drei Salzsäulen neben mir. "Und das sind meine sprachlosen Freunde Dan, Oliver und Harry."

Ashtons Grinsen wird breiter. "Freut mich, euch kennenzulernen."

Erst das scheint die drei aus ihrer Starre zu holen. Peinlich berührt murmeln sie alle ein leises "Hi".

Ash wendet sich wieder mir zu. "Himmel ist das lange her. Wir haben uns nicht mehr gesehen, seit... naja seit du den Kontakt abgebrochen hast." Er sieht mich traurig an. "Das hätte noch cool werden können mit dir."

"Ich hatte meine Gründe", nuschele ich und versuche, nicht rot zu werden.

Sein Gesicht verrät seinen Gedankengang. Zuerst fragend und dann verstehend. Er stutzt. "Nicht dein Ernst? Wer...?"

"Nicht hier", meine ich leise und werde knallrot.

"Oh klar. Bevor ihr geht...", Er kramt in seiner Hosentasche herum und fischt einen Zettel und einen kleinen Bleistift heraus. Er kritzelt etwas auf den Zettel und überreicht ihn mir. "Meine Nummer", erklärt er mir. "Damit wir uns nicht noch einmal aus den Augen verlieren. Wir haben dich ziemlich vermisst."

Ich schaue mir kurz den Zettel an und stopfe ihn dann in meine Hosentasche. "Man, Ash. Denkst du, das war leicht für mich?" Ich schüttele den Kopf. "Ich werde bestimmt anrufen", sage ich dann.

"Komm her", lächelt er und kommt einen Schritt auf mich zu. Er breitet seine Arme aus. "Lass dich noch einmal kurz knuddeln."

Ich erwidere das Lächeln und wir fallen uns in die Arme. Ich atme seinen Duft ein. Es ist derselbe, wie vor zwei Jahren. Das lässt mein Lächeln breiter werden. Mir war gar nicht bewusst, wie sehr ich die Jungs vermisst habe.

"Wenn es nach mir ginge, hättet ihr den Job schon längst", flüstert er. "Also dann. Macht's gut", sagt er anschließend laut.

Wir lösen uns voneinander und Ash winkt zum Abschied. Dann verschwindet er durch eine Seitentür.

Erst jetzt sehe ich die drei anderen Jurymitglieder. Ich räuspere mich unbehaglich. "Entschuldigung."

Der ältere Mann winkt ab. "Das war doch sehr rührend."

Die junge Frau meldet sich jetzt zu Wort. "Herzlichen Glückwunsch. Sie sind im engeren Casting."

The memories I never can escape | l.r.h. | discontinuedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt