7 // shots and singing

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Ich will auf der Stelle in Tränen ausbrechen und gleichzeitig dieses Mädchen köpfen.

Michael nimmt mich mitfühlend in den Arm, während ich stumm und stocksteif das weitere Szenario beobachte.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Ashton und meine besten Freunde auf uns zukommen. Das hat mir jetzt gerade noch gefehlt.

Sie kapieren alle recht schnell, denn die beiden sind nicht weit von uns entfernt.

Ich öffne den Mund. "Ich gehe jetzt rüber, das muss ich mir nicht-" Weiter komme ich nicht, denn soeben hat Cara-Schlampe, wie ich sie spontan getauft habe, ihre Zunge in Lukes Rachen gesteckt. An sich stört mich das schon genug, aber das Allerschlimmste ist, dass Luke grinsend den unromantischen Kuss erwidert.

Oh Gott, ich muss und will hier weg!

"Ich glaube, mir ist schlecht", murmele ich an Dan gewandt, da er mir am nächsten steht.

Dan verzieht das Gesicht. "Ich verwende dieses Wort zwar nur noch in diesem Zusammenhang, aber ich muss es nochmal wiederholen: Scheiße. Ganz große Scheiße."

Luke presst Cara-Schlampe auf einmal gegen die Wand und die Knutscherei wird wilder. Das gibt mir den Rest. Ich will nichts mehr davon sehen.

Ich sehe Dan an. "Es ist besser-"

"... wenn du jetzt einen Abgang machst, ich weiß." Dan gibt mir einen Kuss auf die Wange. "Gönn dir. Aber nicht übertreiben."

"Jaja." Und schon wende ich mich ab und laufe zur Bar.

Der Typ dahinter sieht mich nur kurz an und zückt dann ein Shot-Glas. Er gießt eine durchsichtige Flüssigkeit hinein, was es ist, ist mir vollkommen egal, es soll nur wirken. Der Typ schiebt mir das Glas hin. "Das ist nicht so stark, aber es hilft in den meisten Fällen."

Sehe ich so schlimm aus?

Ich nehme es und rieche daran. Ich vermute, dass es Wodka ist. Nachdem ich den Shot heruntergekippt habe, brennt meine Kehle und mein Verdacht bestätigt sich. Vielleicht mit etwas zu viel Euphorie schiebe ich das Glas zurück.

Grinsend schenkt der Typ nach. "Ich bin übrigens Drew."

Erst als ich den zweiten Shot intus habe, antworte ich. "Lucy. Noch einen, bitte."

Drew lacht.

Der Alkohol soll jetzt bitte mal irgendeine Wirkung entfalten. Der dritte.

Gerade als nach dem nächsten greifen will, lässt mir eine Stimme direkt hinter mir das Blut in den Adern gefrieren. "Ich würde nicht noch einen nehmen. Bei Drew kann man nie wissen. Drew, du kannst nicht immer kleine Mädchen abfüllen."

"Jetzt mach doch nicht so ein Drama draus, Luke. Sie sieht aus, als könnte sie ein bisschen mehr vertragen. Und außerdem ist sie doch kein kleines Mädchen mehr", hielt Drew dagegen.

Ich war im Gegenzug damit beschäftigt, nicht auf der Stelle in Ohnmacht zu fallen, da ich Lukes Atem in meinem Nacken spürte.

"Meinst du? Dreh dich mal um!" Erst einige Sekunden später realisierte ich, dass Luke zu mir gesprochen hat.

Eine Welle der Panik erfasste mich und jetzt bemerkte ich auch, dass ich noch überhaupt nicht für ein Aufeinandertreffen bereit bin. Meine Knie fühlen sich an, als wären sie aus Wackelpudding und auch mein Atem ist zittrig. Ich handle aus reinem Instinkt, als ich losrenne. Ich kämpfe mich durch die tanzenden Menschen und flüchte aus dem Haus. Erst auf der Straße mache ich halt. Da ich oft bei Ashton war, weiß ich, dass hier kaum Autos vorbeikommen und so lasse ich mich keuchend auf den Bordstein sinken.

Ich strecke meine Beine aus und lege den Kopf in den Nacken. Die Nacht ist sternenklar. Mein Kopf ist wie leergefegt und ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Die Begegnung hat mich völlig verwirrt. Sie war komplett anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Aber wie habe ich sie mir überhaupt vorgestellt? Dass er zu mir kommt und ein Gespräch beginnt? Dass er mich nicht erkennt oder mir gar nicht erst über den Weg läuft? Dass er mich von hinten umarmt, wie er es immer getan hat und mich vielleicht anschließend küsst?

Okay, stop. Das geht zu weit, Lucy. Definitiv zu weit.

Aber ich kann nicht aufhören daran zu denken, wie ein Kuss mit ihm wäre. Wie ich an der Stelle der Cara-Schlampe Lukes Hand halte und ihn durch die Menge ziehe. Dann küsst er mich, natürlich romantischer als Cara-Schlampe, und ich kann seine gestylten blonden Haare zerwühlen, bis sie ihm wirr vom Kopf abstehen, er aber immer noch umwerfend aussieht. Ich meine, er sieht heute wirklich atemberaubend aus. Er ist so... männlich geworden. Er ist nicht mehr der kleine 16-jährige Junge aka luke_is_a_penguin, sondern der 19-jährige lukehemmings. Oh Gott und über seine Stimme muss ich gar nicht reden. Ich liebe es, wie er spricht, wie er lacht, aber vor allem liebe ich es, wie er singt. Seine Stimme hat irgendetwas, was die anderen nicht haben. Sie hat etwas magisches, auch wenn es jetzt kitschig klingen mag.

Ich vermisse ihn so sehr.

Ich beginne English Love Affair vor mich hinzusummen, einfach nur, um die langsam ausartenden Gedanken zu verdrängen und auch, um die Einsamkeit zu vertreiben. Im Refrain beginne ich leise den Text zu singen, es ist eh niemand in der Nähe und wenn, dann ist es mir auch egal. "When the lights go out she's all I ever think about. The picture burning in my brain, kissing in the rain. I can't forget my English love affair." Als ich kurz Luft hole und weiter singen will, löst mich schon eine andere Stimme ab.

"Today I'm seven thousand miles away. The movie playing in my head of her king size bed. Means I can't forget my English love affair."

Nein.

Das ist jetzt nicht wahr.

Bitte Schicksal, das ist jetzt nicht dein ernst.

Ich drehe mich wie in Zeitlupe um und schaue nach oben. Sofort schießt mir die Röte ins Gesicht, auch wenn ich schon beim ersten Ton erkannt habe, wer hinter mir steht.

Luke Hemmings lehnt sich lässig gegen den Zaun des Nachbars von Ashton und lächelt auf mich herab.

The memories I never can escape | l.r.h. | discontinuedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt