6 // party and michael

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Es kostet mich auf einmal wieder viel Mühe, auf den Absätzen nicht jeden Moment umzuknicken. "Dan, steh mir bei. Bitte."

Mein bester Freund bemerkt meine Panik und greift nach meiner Hand. Dankbar drücke ich seine Hand und halte sie umklammert. Es tut gut, meine Freunde bei mir zu haben. Meine Freunde, die die Geschichte kennen, mich so gut es geht unterstützen und es vor allem alles verstehen.

Ich weiß nicht, warum ich plötzlich so extreme Panik schiebe. Ich habe es nicht nötig. Ich meine, vielleicht sehe ich ihn überhaupt nicht. Vielleicht ist er gar nicht da. Ja. Das wird wohl so sein. Entweder ist er nicht da oder ich werde ihm nicht über den Weg laufen.

Nacheinander treten wir über die Schwelle des Hauses und werden sofort von der Atmosphäre eingehüllt. Es riecht nach Alkohol, Schweiß und Parfüm. Ich kann Partys nicht leiden, werde aber des öfteren von den Jungs mitgeschleppt und bin momentan sogar einigermaßen glücklich darüber, denn sonst hätte ich einen Nervenzusammenbruch erlitten.

Es ist wirklich so extrem stickig in dem Raum, dass ich mich frage, wie Ashton diese Luft wieder aus dem Haus bekommen will. Aber das ist nicht meine Sorge. Ich schaue in alle Richtungen, sehe aber niemand Bekanntes.

"Ich hole mal etwas zu trinken", meint Harry und muss fast schreien, um gegen den Lautstärkepegel der Musik anzukommen. Olly meldet, dass er mitgeht und schon sind Dan und ich nur noch zu zweit. Ich bemerkte, dass ich Dans Hand immer noch in einem Schraubzwingengriff gefesselt habe und lasse sie etwas peinlich berührt los. Dan aber schaut mich nur verständnisvoll an, was meine Panik ein wenig lindert. Aber nur ein wenig.

Mein Blick geht immer noch unruhig durch die Menge. Überall sind tanzende Menschen und im Sekundentakt werden Dan und ich angerempelt.

Plötzlich entwickelt sich eine Art Strömung, welche mich von Dan weg bewegt. Wir können nichts dagegen tun und hilflos treibe ich durch die Masse. Ich kämpfe mich bis zu einer Tür, meines Wissens nach zur Küche. Hier ist es ein wenig leiser und auch nicht ganz so voll.

Bei den Getränken erkenne ich Mikeys Haare schon von weitem. Sie sind blau. Ich muss grinsen, denn die Farben habe ich schon immer an Michael geliebt. Aber dann fällt mir aus heiterem Himmel ein, dass blau auch seine Lieblingsfarbe ist und mein Lächeln vergeht mir schlagartig. Verdammt, warum tut mir mein Hirn so etwas an und erinnert mich in den ungünstigsten Momenten an so etwas.

Ich schleiche mich - so gut es in der Menge geht - an Michael heran und ramme meine Knie in seiner Kniekehlen, da er direkt mit dem Rücken zu mir steht. Das war immer ein Insider von uns und vielleicht hat er es ja nicht vergessen.

"Das glaube ich jetzt nicht", höre ich ihn murmeln und schon hat er sich zu mir herum gedreht.

"Oh mein Gott!", kreischt er, als er mich sieht. Ein paar umstehende Jugendliche sehen uns verwirrt an und sofort werde ich rot. Peinlich berührt sehe ich zu Boden. Er starrt mich an, als wäre ich gerade aus einem Raumschiff vom Mars gestiegen.

"Oh mein Gott!", wiederholt Michael, diesmal in angemessenerer Lautstärke.

Ich lächele unsicher, da ich seinen Gesichtsausdruck nicht so ganz deuten kann. Freut er sich? Oder ist er sauer?

"Hi", sage ich leise.

"Hi?" Er starrt mich noch immer ungläubig an. "Wir sehen uns nach 3 Jahren wieder und das erste Wort, das du sagst ist Hi?"

Ich war nicht auf diesen Vorwurf vorbereitet, sodass ich ihn nur erschrocken ansah. "Äh... ich... es tut mir leid", stotterte ich. Unsicher schaute ich ihn an.

Michaels Blick ist seltsam, doch dann, nach ein paar Sekunden grinst er das größte Grinsen, welches ich jemals bei ihm gesehen habe. Und dann stürzt er vor und zieht mich in eine enge Umarmung.

"Mikey, du zerquetscht mich!", rufe ich und lege aber dennoch meine Arme um ihn.

"Ist mir egal. Ich lasse dich eh nie wieder los", meint er. "Oh Gott, weißt du, wie sehr du mir gefehlt hast, du Verrückte?"

Ich muss lachen. "Ach, Mikey, du mir doch auch. Aber... aber ich musste es machen." Ich spreche leise, in der Hoffnung, dass Michael mich nicht hört, aber ich habe falsch gedacht.

Abrupt lässt er mich los. "Was? Wieso?"

Die Röte schießt mir ins Gesicht und ich bin verdammt froh, dass der Raum nur schwach beleuchtet ist. "Nichts. Ich... mir wurde halt alles zu viel."

"Sag mal, du standest doch nicht wirklich auf einen von uns?" Himmel, Mikey ist hartnäckiger als Ashton. Und direkter.

"Was? Nein! Ich stand auf keinen von euch", sage ich scharf und hoffe, dass der Satz realistisch rüber kam.

"Erzähl keinen Scheiß. Wer?" Anscheinend nicht.

"Äh... niemand? Ich habe doch gesagt, ich stand auf niemanden."

"Aber du stehst auf einen von uns", meint Michael vollkommen unbeeindruckt von meiner miserablen Argumentation.

Ich öffne meinen Mund und schließe ihn kurz darauf wieder. Diesen Satz habe ich nicht erwartet.

"Aha." Michael grinst. "Und ich schwöre, ich liege zu einhundert Prozent richtig."

Trotzig sehe ich ihn an. "Und wenn du falsch liegst? Ich muss dich nämlich enttäuschen. Ich stehe auf keinen. Punkt."

Michaels Grinsen wird nur noch breiter. "Ach Lu. Ich kenne dich schon eine ganze Weile und wenn ich eins über dich weiß, dann ist es, dass du nicht lügen kannst. Und ich weiß doch, wie du ihn immer angesehen hast. Ich war mir nie ganz sicher, aber deine Reaktion eben hat mir alles bestätigt. Aber keine Angst, ich halte den Mund. Von mir erfährt keiner etwas. Und Ash und Cal haben keine Ahnung."

Völlig überrumpelt schweige ich. Michael wusste die ganze Zeit davon?

"Jetzt schau nicht so. Ich habe schon immer gefunden, dass ihr zusammen passt und euch deshalb öfter mal beobachtet. Deine Blicke waren... naja nicht ganz unauffällig", erklärt Michael.

"Oh Gott." Ich kann nur hoffen, dass Luke selbst davon nichts mitbekommen hat.

Plötzlich begann das Lied Best Song Ever von One Direction zu spielen. Michael und ich sehen uns nur an und prusten los. Früher, wenn wir schon ein wenig angetrunken waren, haben wir dazu immer seltsam getanzt und einmal, als Michael etwas zu euphorisch war, sprang er auf Lukes Couch herum und peng, mit einem großen Knall, kippten Michael und die Couch nach hinten. Seitdem ist dieses Lied damit verbunden. Es ist an sich nicht mal so lustig, aber dennoch lachen wir jedes Mal.

Michael reicht mir ein Bier. "Du musst dir noch ein wenig Stimmung antrinken."

Eigentlich will ich mit dem Kopf schütteln, denn ich habe mir vorgenommen, heute nichts zu trinken, aber Mikeys Bettelblick und die Aussicht, dass ich heute eventuell noch auf Luke treffen werde, lassen mich das Bier grinsend entgegen nehmen.

Ich trinke einen Schluck und sehe dann wieder zu Michael. "Wollen wir vielleicht Ashton und meine Kumpels suchen? Damit die Runde ein wenig lustiger wird?"

"Willst du damit sagen, dass ich unlustig und langweilig bin?", will Michael gespielt entrüstet wissen.

"Ja, genau das will ich", gebe ich schelmisch zurück.

Missbilligend schüttelt Mikey den Kopf. "Das fasse ich nicht. Weißt du, dass mich das verletzt?"

Ich gebe ihm nur lachend einen leichten Klaps auf den Hinterkopf und ziehe ihn dann hinter mir durch die Menge.

Kaum mache ich einen Schritt lässt mich ein aufgesetztes Kichern aufschauen. Das Cara Delevigne Mädchen, welches mich heute morgen angesprochen hat, läuft mit erhobenem Kopf durch die Masse. Ich verdrehe die Augen und will gerade weiterlaufen, als ich sehe, wer hinter ihr kommt und ihre Hand hält.

Luke.

The memories I never can escape | l.r.h. | discontinuedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt