Prolog

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,,Und wenn du so feinfühlig bist, dann bist du ein Hindernis. Du zeigst Gnade, und genau das ist es, was uns früher oder später den Tod bedeuten könnte."
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Was ist, wenn du eines Tages aufwachst, und alles anders ist?
Alle Menschen die dir einst wichtig waren, einfach weg sind?
Deine Familie, deine Freunde, einfach alle.
Du bist auf dich allein gestellt, wenn es heißt, zu überleben.
Töten oder getötet werden!
Du kannst dich entscheiden.
Entweder tötest du jeden, der eine Gefahr für dich darstellt, oder du wirst von ihnen getötet.
Aber entscheide dich schnell, denn du weist nie, ob dieser Tag dein letzter sein wird!

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Ein stechender Schmerz durchfährt meinen gesamten Körper. Meine Knochen fühlen sich an, als wären sie alle gleichzeitig gebrochen. Mit langsamen Bewegungen stütze ich mich auf meinen Händen ab und stehe vorsichtig auf. Mein Kopf brummt höllisch, weshalb ich mir an die Schläfen fasse, in der Hoffnung meine Schmerzen beruhigen sich etwas. Natürlich ohne Erfolg. Erst jetzt scheine ich zu realisieren, was eigentlich passiert ist. Der Zug steht still, aber das schlimmste ist, alle Passagiere die sich in meinem Blickfeld befinden sind tot. Zumindest wirken sie so. Sie bluten am ganzen Körper und haben offen klaffende Wunden. Sofort schießt mir meine Familie in den Kopf. So schnell ich kann bewege ich mich fort um zu unseren Plätzen zu gelangen. Ich halte an...
Mein 7-jähriger Bruder und meine Mutter, sie liegen tot in ihren eigenen Blutpfützen. Unkontrollierbar laufen Tränen meine Wangen hinunter, welchen ich freien Lauf lasse. Meine Knie werden plötzlich ganz weich als wären sie aus Pudding. Ich versage dabei zu stehen und sinke vor meinem Bruder und meiner Mutter auf den Boden. Das gibt es nicht, nein, das darf nicht wahr sein! Aber ich rapple mich wieder auf. Wo ist mein Vater!? Ich sehe mich um, verharre auf meiner derzeitigen Position aber ich entdecke ihn nirgends. Auch nachdem ich den gesamten Zug mit Panik im Blut durchsucht habe, bleibt diese Frage offen. Hat er es überlebt? Eher nicht... Aufgelöst und unter Schock stehend, suche ich den Ausgang des Zuges. Als ich diesen finde, falle ich beinahe heraus, zwar versuche ich mich durch den Fast-Sturz auf den Beinen zu halten, stolpere aber als meine Füße auf der trockenen Erde stehen. Ich kauere mich zusammen und weine einfach. Es ist einfach fürchterlich. Alle sind tot. Alle Passagiere, meine Familie mit einbezogen. Wie konnte das passieren? Was ist passiert, dass der Zug aus den Gleisen sprang. Ich knie auf dem sandigen Boden, welchen einzelne Grasstellen schmücken und beuge mich weit nach vorne. Die salzigen Tränen strömen schier endlos aus meinen geröteten Augen und abgesehen von meinen leisen verzweifelte Schreien hört man nichts. Die Tränen die auf den trockenen Sand fallen, sorgen dafür, dass der Sand immer feuchter wird und sich zu einer matschigen Masse verändert.

,,Hey!Du", eine tiefe raue Stimme ist plötzlich zu hören.

Schnell schrecke ich hoch. Ein Junge, der aussieht als wäre er in meinem Alter, mit braunem lockigem Haar, welches ihm teilweise im Gesicht hängt und Smaragdgrünen Augen blicken mich von oben herab an. Vorsichtig setzt er sich zu mir runter in die Hocke, stützt seine Arme auf seinen Oberschenkeln.

,,Warst du in diesem Zug?"

Ich bekomme keinen einzigen Ton heraus. Der Kloß in meinem Hals ist viel zu groß, und er scheint immer größer zu werden. Ich gebe ein kurzes Nicken mit meiner letzten Kraft von mir. Beruhigend streift der Junge mir über den Rücken. Hoffnungsvoll zieht er die Luft auf einmal ein. Der braunhaarige erhebt sich schnell und ruft.

,,Sie da! Hier drüben! Wir brauchen Hilfe! Er kommt", flüstert er seinen letzten Satz, ,,Ja, kommen sie her!"

Nun herrscht Stille. Ich hebe meinen Kopf und sehe zu dem Junge neben mir, anschließend zu dem Mann, den ersterer gerufen hatte. Mir wird nach genauerem Hinsehen bewusst, dass irgendetwas mit diesem Mann nicht stimmt. Auch der Junge neben mir, scheint dies jetzt zu bemerken, er wird ganz hektisch und nervös.

,,Ach du scheisse."

Er lässt sich schnell zu Boden sinken, um mich auf die Beine zu heben.

,,Komm schnell.Wir müssen hier weg!"

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