Als ich in die Straße einbog, in der ich auf die Jungs gestoßen war, überkam mich ein mulmiges Gefühl. Langsam bereute ich es, Blake nicht mitgenommen zu haben, doch es war mir wichtig gewesen, das alleine durchzuziehen. Einerseits wollte ich mir damit beweisen, dass ich noch immer die alte Arya war, die keine Probleme damit hat, abends ohne ihn irgendwo hinzugehen und andererseits war mir immer noch nicht wohl bei dem Gedanken, dass er einen Einblick in die Geschehnisse der Tage bekam, an denen er weg war. Er würde sich nur unnötig Sorgen machen und ich befürchtete auch, dass ich ihm zu anhänglich wurde und er dachte, ich bekäme nichts selber auf die Reihe.
Ich ging weiter den Gehweg runter, bis ich an der Hauswand ankam, wo es geschehen war. Geh einfach weiter, schrie alles in mir, doch meine Neugier war lauter. Langsam drehte ich meinen Kopf zu den dreckigen Backsteinen und spürte selbst jetzt noch, wie sich ihre Spitzen in meinen Rücken gebohrt hatten. Ich sah zu Boden und entdeckte einen verblassten dunklen Fleck. Ich strich über mein Schlüsselbein, da wo Alex mir einen Schnitt verpasst hatte, der aber nach meinem Aufwachen im Müll verschwunden war, und dachte an den Schlag, den ich einem von ihnen verpasst hatte, woraufhin ihm das rote Zeug aus dem Mund geschossen kam. Ich stand eine Weile da und spürte nichts als Resignation. Es überraschte mich nicht einmal, die getrocknete Blutlache zu sehen. Irgendwie hatte ich es die ganze Zeit schon gewusst, dass es nicht einfach ein Traum gewesen war, doch ich konnte es mir nicht erklären, weshalb ich es einfach geleugnet hatte. Woher aber das restliche Blut auf mir gekommen war, was aus den dreien wurde oder was passierte, nachdem mein Blackout eintrat wusste ich nicht. Ich presste die Lippen zusammen und zwang mich die Fassung zu bewahren. Kurz hielt ich noch Ausschau nach meinem Handy, doch, wie zu erwarten, war es auch hier nicht.
***
„Und Sie sind sich auch ganz sicher?", hakte ich nach.
„Ma'am, zum dritten Mal: Wir haben hier kein Mobiltelefon gefunden!" Der schlaksige Typ hinter der Kasse mit dem Ziegenbart verdrehte genervt die Augen und fügte mit Nachdruck ein „Ganz sicher" hinzu.
Ich nickte und starrte eine Sekunde lang auf den dreckigen Tresen. Dann stieß ich mich von ihm ab und verließ das Lokal, ohne ein weiteres Wort. Draußen schlug mir der kühle Nachtwind entgegen und ich wurde immer frustrierter. Wo hatte ich das scheiss Teil bloß gelassen?! Das neonbeleuchtete Logo, des billigen Restaurants warf meinen schummrigen Schatten vor meine Füße und er wurde immer länger, desto mehr ich voranschritt. Im Vorbeigehen trat ich wütend gegen ein Fahrrad, welches an einen Fahrradständer gekettet war.
Und natürlich- wie sollte es auch anders kommen- kippte das Rad um und riss das nächste neben sich mit. Ich beobachtete mit offenem Mund, wie sich ein Dominoeffekte bildete und alle anderen, die auch in der Reihe standen, mitgerissen wurden. Lautes Krachen hallte über das Gelände. Dann bemerkte ich das Motorrad, welches gefährlich nah neben dem Fahrradständer stand und als das letzte Rad, ganz am Schluss, zu Boden ging, betete ich, dass der Abstand groß genug war und das Motorrad dort blieb, wo es war, aber nein. Nein, denn mein Leben hatte größere Pläne mit mir. Das mechanische Gefährt schepperte dramatisch langsam zu Boden und ein aufgebrachtes „HEY!" ertönte. Kurz sah ich hinter mich, nur um festzustellen, dass zwei ausgewachsene, tätowierte Männer mit Burgern in den Händen auf mich zurannten. Fuck. Meine Beine schalteten auf Autopilot und ich raste in die nächstbeste Straße.
Zwei Blocks später waren sie mir immer noch dicht auf dem Fersen und meine Energie neigte sich dem Ende zu. Mit allerletzter Hoffnung lief ich in einen 24-Stunden-Supermarkt. Ich stemmte mich gegen die mit Werbungen zugeklebte Glastür und ein Glockenklingeln ertönte. Das fahle, grelle Licht raubte mir für einen winzigen Moment die Sicht. Der Kassierer hob den Kopf und ich hielt kurz inne. Überrascht starrten Isaac und ich uns entgegen.
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Ich sehe dich
FantasySeit Arya Parker sieben ist, weicht ihr Blake nicht von der Seite. Er beschützt sie vor ihrem Vater, spricht nicht viel, begleitet sie durch den anstrengenden Alltag und ist gleichzeitig der beste und einzige Freund den sie hat. Doch es gibt einen...