31. Elel

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Als ich in Isaacs Laden ankam, war er gerade dabei die Kasse zu leeren.

„Du bist spät dran", sagte er ohne aufzuschauen, als das Klingeln der Ladentür ertönte. Dann hob er den Kopf und erstarrte.

Ich zitterte am ganzen Leib und bekam kaum noch Luft. Ich war geradewegs hierher gerannt, da mir auf Knopfdruck nichts anderes eingefallen war.

Isaac umrundete den Tresen und wollte gerade auf mich zugehen, als mir schwarz vor Augen wurde und meine Beine unter mir nachgaben. Mit einem Satz war er bei mir und fing mich auf.

„Scheisse, Arya, was ist passiert?" Ich kippte kraftlos gegen ihn und beinahe panisch umklammerte er meine Schultern.

„Mike, hol Wasser! Schnell!", rief er in das Innere des Ladens.

Dieser kam mit einem Donut im Mund hinter dem Zeitschriftenregal hervor, in der Hand eine Flasche Cola, die er Isaac entgegenhielt. Als er mich sah riss er erschrocken die Augen auf.

„Wasser hab ich gesagt, du Idiot", schimpfte Isaac. Das Letzte was ich sah, war wie Mike panisch über seine eigenen Füße stolperte und flach auf den Boden flog.

***

„Lass uns den Notarzt rufen", hörte ich eine weitentferte Stimme.

„FUCK! FUCK! FUCK! SIE STIRBT! SIE STIRBT!"

„Komm runter, Schwachkopf!"

Ich blinzelte.

„Siehst du?" Isaac klang erleichtert.

Mikes panisches Gesicht erschien in meinem Blickfeld.

„Arya? Arya! Du bist wach!"

Einen Moment lang blieb ich regungslos liegen, bis mir wieder einfiel, was geschehen war. Abrupt sprang ich auf.

„Wo ist er?!", keuchte ich und kurz drehte sich alles.

„WO IST WER?", schrie Mike beinahe.

„Dieser Typ. Er... Er...", stammelte ich.

„TYP?! WELCHER TYP?", rief er erneut dazwischen.

„Verdammt nochmal, Mike! Geh für zwei Minuten raus und komm zu dir!", brüllte Isaac. Er schluckte und stand tatsächlich auf, um rauszugehen.

Isaac drehte sich wieder zu mir und legte eine Hand auf meine Schulter. „Arya, sieh mich an. Tief durchatmen. Ganz ruhig. Wir sind jetzt hier. Du bist sicher."

Ich tat wie mir geheißen.

„Kannst du reden?"

Ich nickte und er zog mich behutsam auf die Beine.

„Gut, setz dich erstmal hin und trink das." Er drückte mir eine Wasserflasche in die Hand. „Soll ich dir einen Schokoriegel oder so was holen? Willst du vielleicht ein Sandwich? Eis?" Er schaute mich mit ernsten, großen Augen an und wartete geduldig meine Antwort ab.

Ich blinzelte kurz überrumpelt von seiner Fürsorge und konnte trotz der Umstände ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

Isaac verstand sofort und wie von der Nadel gestochen wendete er sich ab. Er verschränkte die Arme und schnaubte verächtlich. „Ich will bloß nicht, dass du mir später damit in den Ohren hängst, ich hätte dich einfach krepieren lassen, also bild dir ja nichts drauf ein. Erzähl du lieber, was es mit diesem Verfolger auf sich hat."

Ich warf der Tür einen Blick zu und erkannte Mike, der sein Gesicht niedergeschlagen gegen die Glasscheibe drückte. Dann drehte ich mich zu Isaac, der geduldig wartete und entschied mich dazu, ihm alles zu erzählen, was in Tante Ams Haus und in der Schule passiert war.

Ich sehe dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt