Als Harry in mein Zimmer kommt, liege ich schon seit über einer Stunde wach. "Was machst du denn hier?", frage ich ihn. "Oh, Liam...ich dachte, du schläfst noch. Ich soll dafür sorgen, dass du dich fertig machst.", erklärt er mir. Etwas verwundert nicke ich und stehe auf. Mit einem sanften Lächeln hält Harry mir eine Tasse hin. "Hat Niall nur für dich gekocht.", murmelt er und ich nehme einen Schluck. Sofort merke ich, wie das Koffein durch meinen Körper fließt und ich langsam wach werde. "Niall ist auch hier?" "Und Zayn und Louis auch. Wir dachten, du könntest Unterstützung gebrauchen." Ich nicke stumm. "Danke." Bei dem Gedanken an die heutige Trauerfeier wird mir einfach unglaublich schlecht. Am liebsten würde ich mich einfach den ganzen Tag verstecken, aber ich weiß genau, dass ich vor der Konfrontation mit ihrem Tod nicht davonlaufen kann. Jetzt steht auch Niall in der Tür. "Ich weiß, dass es schwer wird, Liam, aber es wird dir helfen, Abschied zu nehmen.", meint er mit sanfter Stimme. Wieder nicke ich. "Gibst du mir meine Boxer?" Meine Stimme klingt erstickt, weil ich erneut gegen die Tränen ankämpfe. Niall reicht mir meine Boxershorts und bugsiert mich mit einer bestimmten Bewegung Richtung Bad.
Gedankenverloren starre ich an die geflieste Wand vor mir. Ich fühle mich total benommen. Eigentlich war ich aus dieser Phase doch schon raus, wie man gestern gesehen hat, oder? "Trauer hat vier Phasen: Schock, Traurigkeit und Wut, Auseinandersetzung mit Trauer und schließlich Akzeptanz. Es ist durchaus möglich, das eine Person Phasen überspringt oder eine Phase mehrmals wiederholt.", kommen mir Miranda's Worte in den Kopf. Trauer war das Thema ihrer letzten Hausarbeit gewesen, die sie abgegeben hat. Kurz musste ich über diese Ironie lachen. "Liam? Alles klar da drinnen?", unterbricht Niall meine Gedanken. Eine Sekunde später wird der Duschvorhang zur Seite gezogen. Ich zucke zusammen und bedecke mich mit meinen Händen. "Niall! Was zum Teufel machst du hier?!", fahre ich ihn an. "Du duschst schon ziemlich lange und als ich keinen Gesang aus der Dusche gehört habe, habe ich mir eben Sorgen gemacht.", schmollt Niall und schaut mich an. "Mein Gott, könntest du dich wenigstens umdrehen?" Seufzend dreht Niall mir den Rücken zu und reicht mir ein Handtuch. "Mein Gott, dass du immer so ein Theater um deinen Schwanz machst.", murmelt er. Ich brumme nur und trockne mich ab. Danach binde ich mir das Handtuch um die Hüften und verschwinde in meinem Zimmer.
"Liam?" Louis Stimme klingt weit entfernt. Etwas Warmes läuft meinen Arm entlang. Blute ich? Der Spiegel vor mir ist zerbrochen. "Oh Gott...", flüstert Louis, als er mich sieht. "Jungs, Verbandszeug, schnell.", brüllt er und wenige Sekunden später finde ich mich auf meinem Bett sitzend wieder. Harry kommt ins Zimmer gestürmt und gibt Louis den Verbandskasten. Ich starre einfach nur stumm vor mich hin. Während Louis meine Wunden versorgt, betreten auch Zayn und Niall mein Zimmer. Niall hockt sich vor mich. "Was machst du denn für Sachen?", fragt er mich, als würde er mit einem kleinen Kind reden. Ich deute auf den zertrümmerten Spiegel "I-Ich bin einfach so furchtbar wütend geworden.", schluchze ich, während mir Tränen über mein Gesicht laufen. Schweigend nehmen meine vier Freunde mich in den Arm und helfen mir, passende Anziehsachen zu finden.
Obwohl meine Eltern mir davon abgeraten haben, sitze ich eine Stunde später im Anzug in der Kirche. Meine rechte Hand ist verbunden und mir ist unglaublich schwindelig. Als es Zeit wird für meine Rede flüstert Niall mir zu: "Und du bist dir ganz sicher, dass du das tun willst?" Entschlossen nicke ich. "Das bin ich ihr schuldig.", presse ich hervor und erhebe mich von meinem Platz. Obwohl ich am ganzen Körper zittere, schaffe ich es irgendwie nach vorne zum Altar zu gehen und das Mikrofon einzustellen. Erst jetzt fällt mir auf wie viele Leute gekommen sind, obwohl Miranda eher wenig eigene Freunde hatte. "Zuerst einmal, danke, dass Sie alle gekommen sind.", fange ich an zu reden, "Das hätte Miranda wirklich sehr gefreut. Wie Sie sicher wissen, ist...war Miranda ein unglaublicher Mensch. Sie war viel liebevoller, lustiger, liebenswerter, schöner und toller, als das, was alle Worte dieser Welt sie beschreiben könnten. Vielleicht denken Sie, ich übertreibe, doch glauben Sie mir, wenn sie so denken, dann kannten Sie Miranda nicht so wie ich es tue." Kurz kämpfe ich mit den Tränen, bevor ich mich wieder fange. "Ich habe wirklich lange überlegt, was ich hier und heute über Miranda sagen könnte, doch es gibt einfach nichts, was dieses Mädchen auch nur annähernd gut beschreiben kann. Miranda ist...war...meine beste Freundin. Als ich von ihrer Diagnose erfahren habe, war ich am Boden zerstört. Ich habe geweint, geschrien, die Ärzte angefleht etwas zu tun, doch es war aussichtslos. Und was hat Miranda gemacht? Sie war diejenige, die mir Mut gemacht hat, die mir Halt gegeben hat, obwohl es eigentlich umgekehrt hätte sein müssen." Ich schaffe es nicht mehr, gegen die Tränen anzukämpfen und lasse es zu, dass sie über meine Wangen laufen. "Sie hat mir beigebracht, dass wir Menschen manchmal loslassen müssen, damit sie glücklich werden und ihren Frieden finden, auch wenn es bedeutet, dass wir selber vielleicht dadurch unglücklich sind. Miranda sitzt jetzt da oben und beobachtet uns. Sie wird mich mein ganzes Leben begleiten, auch wenn sie vielleicht nicht mehr neben mir steht. Sie hat einen festen Platz hier drin." Zitternd zeige ich auf mein Herz und gehe zurück an meinen Platz. Die Jungs wischen sich die Tränen aus den Augen. "Das war wunderschön.", flüstert Harry mir zu und drückt mich fest. Im gleichen Moment fällt ein Lichtstrahl durch die bunten Fenster der Kirche und wirft ein Muster auf den Boden. "Hey Miranda.", flüstere ich und ein sanftes Lächeln umspielt meine Lippen.
"Nimm dir ruhig ne Auszeit, Liam. Wir kriegen das schon hin.", versichert Louis mir. "Das Album ist doch schon fast fertig.", wirft Niall ein. "Ich komme mit. Ende der Diskussion.", entscheide ich. Es ist schön hier in Wolverhampton und ich habe die Zeit bei meiner Familie wirklich genossen, auch wenn es nicht ganz einfach für sie war, keine Frage, aber ich vermisse London. Ich vermisse mein Apartment, die Enge der Straßen, den Verkehr, ein bisschen Normalität. "Ich verabschiede mich nur eben von meinen Eltern. Und wehe ihr wartet nicht auf mich.", teile ich den Jungs mit, als ich keinen Protest mehr höre. "Mum, Dad? Nic, Roo?" Alle vier drehen sich zu mir um und schauen mich an. "Ich wollte nur eben Tschüss sagen...die Jungs nehmen mich wieder mit nach London.", erkläre ich ihnen. "Bist du dir sicher? Ich meine, willst du dich nicht entspannen, bevor du wieder arbeitest?", fragt meine Mutter besorgt. "Es ist lieb, dass ihr euch Sorgen macht, aber ich entspanne mich am besten, wenn ich arbeite." Schnell umarme ich die vier und verspreche ihnen, bald zurückzukommen. Es fühlt sich an als ob ich sie anlüge, weil ich nicht weiß, ob ich es vor Beginn der Tour in einer Woche noch schaffe, sie zu besuchen. "Kommt Jungs." Mit einem letzten Winken verschwinde ich mit meinen Freunden und mache mich auf den Weg nach London.
***
Hallo:)
Da mir noch kein Titel für dieses Kapitel eingefallen ist, heißt es jetzt einfach nur '7.'. Wenn ihr ne Idee habt, wie das Kapitel heißen könnte, schreibt es doch in die Kommentare. Hab gedacht, da ich krank Zuhause liege, gibt es heute vielleicht noch ein Kapitel...Kommi& Vote wenn ihr Lust drauf habt:)
Danke:*
DU LIEST GERADE
"To infinity and beyond."
FanfictionMiranda weiß, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt. Doch alles, was ihr Sorgen macht, ist ihr bester Freund Liam. Was wohl aus ihm wird, wenn sie nicht mehr da ist? Wird er sein Leben irgendwann weiterleben? Diese Frage ist ihr zu ungewiss, deshalb...