Nicht Alltagstauglich

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Ich renne zur Grundschule und fluche in mich hinein. Als ich aus dem Haus gestürmt bin, musste ich auch noch feststellen, dass es regnet. Er hat versprochen zu warten. Lieber Gott, hoffentlich ist ihm nichts passiert. Außer Atem komme ich an der Schule an und mein Junior steht alleine, klatschnass und irgendwie verloren im Regen vor dem Gebäude.

Oh Gott! Er hat eine Stunde auf mich gewartet. Stur wie seine Mutter. Als ich bei ihm ankomme, sieht er mich mit einer Mischung aus Traurigkeit und Zorn an.

„Du hast mich vergessen!", sagt er anklagend und ich kann es nicht mal abstreiten.

„Es tut mir leid", bringe ich hervor und nehme ihn hoch, obwohl er sich wehrt.

Dann gehe ich zum SUV, der immer noch vor der Tür wartet. Der Sicherheitsmann sieht mich aufmerksam an.

„Sie sind gefeuert. Ihr Chef soll mich anrufen!", teile ich ihm lapidar mit.

Ted sieht mich erstaunt an.

„Warum?", fragt er und scheint kurz seine Wut auf mich zu vergessen. „Er hätte anrufen sollen."

Ted zieht die Stirn kraus. „Warum?"

„Weil du alleine im Regen gestanden hast. Wenn er mich angerufen hätte, wäre ich sofort gekommen."

Ted überlegt, während ich jetzt loslaufe, zurück zu Anas Wohnung.

„Und du hast ihn gefeuert, weil du mich vergessen hast?", fasst er gnadenlos zusammen.

Gott sei Dank hat er beschlossen, still zu halten, während wir auf dem Weg ins Trockene sind. Mein Junior ist klatschnass und es ist Ende Januar.

„Nein, ich habe ihn gefeuert, weil er mich nicht informiert hat."

Ted scheint zu überlegen. „Und wer feuert dich?", fragt er dann interessiert nach.

„Niemand, ich bin der Boss", sage ich, obwohl es gerade nicht so klingt.

„Find ich unfair. Ich kann dich ja feuern", brummt er. Herrgott, der Junge sollte Politiker werden. Wie Ana schafft er es, mir Paroli zu bieten.

„Wir müssen dich erst mal aufwärmen. Es tut mir leid, dass ich nicht pünktlich war."

Er legt den Kopf schief und imitiert mich. „Sie sind gefeuert", sagt er, fast im gleichen Tonfall, den ich vorhin dem Sicherheitsmann entgegen gebracht habe. Herr, gib mir Kraft, er ist wirklich eine Prüfung. „Hör auf damit Ted."

„Mommy hat mich nie, nie, nie vergessen. Mommys und Daddys vergessen ihre Kinder nicht", werde ich aufgeklärt. Ich weiß ja selbst, dass ich es vermasselt habe, aber mein Junior legt den Finger immer und immer tiefer in die Wunde.

„Also bist du gar kein Daddy", schlussfolgert er und sieht mich triumphierend an, „dann muss ich auch nicht auf dich hören!"

Sherlock Holmes hat gesprochen. Wie argumentiert man dagegen an, wenn man sein Kind eine Stunde im Regen hat stehen lassen? Zum Glück scheint es weder seiner Laune noch seinem Mundwerk geschadet zu haben. Der Einzige, der hier gerade sein Fett weg bekommt, bin ich.

Als wir an der Wohnung angekommen sind, gehe ich zügig hinein, hole Ted aus seiner nassen Jacke und werfe sie auf den eh schon feuchten Boden. „Das ist nicht richtig", mault er und nimmt die Jacke wieder hoch.

„Ted, gib sie her, ich hänge sie über die Heizung, sonst wird hier doch alles nass", sage ich und er sieht mich trotzig an.

„Du durftest gestern alles nass machen, und keiner hat gemault. Warum darfst du immer alles und sonst müssen alle tun, was du willst?"

50 Shades of HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt