Veilchen

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Der Vater des kleinen Schmuckliebhabers wird aufgerufen und nach und nach leert sich das Wartezimmer. Wir sitzen alleine da und draußen wird es langsam dunkel, als die Sprechstundenhilfe uns zum Arzt bittet.

Der leuchtet Ted in die Augen, stellt ein paar Fragen und verkündet mir dann, dass mein Junior lediglich ein Veilchen hat, das wir kühlen sollen und gibt mir ein Schmerzmittel für Kinder mit, das er im Bedarfsfall nehmen soll.

Ted war recht ruhig und hat immer wieder vorsichtig zu den Spritzen und Kanülen geschielt, er scheint wirklich nicht auf Spritzen zu stehen.

Ich frage leise, ob bei Ted sonst alles in Ordnung ist, und er versichert mir, dass er vollen Impfschutz und alle notwendigen Kontrollen regelmäßig erhalten hat.

„Ich will keine Spritze", verkündet mein Junior dem Arzt trotzig und der lacht auf.

„Nein, das wollen wir heute auch gar nicht machen, Ted. Außerdem müssen wir uns alle noch vom letzten Mal erholen, oder?"

Ted grinst und ich wage erst gar nicht, zu fragen, was er angestellt hat. Er scheint jedoch sehr zufrieden damit zu sein.

Der Arzt entlässt uns und schweigend gehen wir zum Auto.

„Bist du noch sauer auf mich?", frage ich vorsichtig, immerhin habe ich ihm ja die Verletzung beigebracht.

„Wenn du mein Dad wärst, hättest du den Ball mitgenommen. Daddys kennen ihre Kinder."

Ich seufze. „Ich kann es nicht ändern Ted, deine Mom hat mir nichts von dir gesagt."

Mist, ich wollte es nicht so formulieren und er reagiert sofort. „Also ist Moms Schuld?"

Was soll ich dazu sagen? Ich will nicht darüber sprechen, bevor ich nicht weiß, warum sie mir nichts gesagt hat.

„Das hab ich nicht gesagt. Komm, wir essen noch etwas und dann gehst du ins Bett. Morgen kommt Oma und ich muss auch noch mit deiner Lehrerin reden", murmle ich und bin froh, dass er nicht nachbohrt.

Bei dem Wort Oma erhellt sich sein Gesicht kurz, fällt aber sofort wieder in seinen trotzigen Modus, als er Lehrerin hört.

Zuhause gebe ich Taylor frei und mache in der Küche ein paar Erdnussbutter- und Marmelade-Sandwiches. Wenn Grace herausfindet, wie ich meinen Junior ernähre, steht mir ein medizinischer Vortrag bevor. Ted sieht mit dem mittlerweile lilafarbenen, zugeschwollenen Auge beängstigend aus und er ist immer noch bockig. Er hat den Ball in sein Zimmer getragen und ist mir dann wortlos in die Küche gefolgt, wo er am Tisch wartet, bis ich fertig bin. Mr. Twinkle scheint die gespannte Stimmung zu spüren und ist ins Wohnzimmer geflohen. Kluger Pelzknäuel.

Ted sitzt wie ein störrischer Esel auf dem Stuhl und bollert rhythmisch mit dem Fuß von unten gegen die Tischplatte. Es geht mir tierisch auf den Wecker, aber ich schweige stoisch, obwohl in mir die Wut hochkocht. Er macht mich wahnsinnig.

Rumms.

Ich stelle ein paar Gläser und Teller auf den Tisch und zähle von Hundert rückwärts.

Rumms. Klirr.

Seufzend packe ich die vorbereiteten Sandwiches auf einen großen Teller.

Rumms. Klirr. Rumms. Klirr. Schepper.

Ein Glas ist vom Tisch gefallen und liegt zerbrochen auf dem Boden. Bis wir hier fertig sind, hätte ich die Wohnung besser am ersten Tag in New York abgebrannt. Das wäre effektiver gewesen.

„Ted, mach das weg", sage ich so ruhig, wie ich kann. Es klingt aber eher nach einem Befehl.

„Und wenn nicht? Krieg ich dann noch ein Veilchen?", provoziert er mich.

50 Shades of HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt