Kapitel 16 "Ärger"

2.8K 138 9
                                    

Kyle seufzte und fuhr sich durch seine Haare. "Du hast recht. Auch wenn ich dich trotzdem gerne küssen würde...." fügte er am Ende wehmütig hinzu, lächelte aber wieder etwas.
"Okey..." flüsterte ich traurig und sah auf seine Lippen und in seine Augen.
Er schien nicht sauer oder so zu sein, wie ich dachte, obwohl er mich also wohl trotz der Entfernung unseres Zuhauses geküsst hätte.
"Sind wir immer noch...naja...befreundet? " fragte ich vorsichtig nach.
"Ja" sagte er sofort und ließ sich viel Zeit bei dem Wangenkuss.
Dann nahm er meine Hand. "Komm, wir sollten langsam nach Hause..."
Wiederwillig nickte ich und lief los.

Auf dem Rückweg bemerkte Kyle, dass ich abwesend war.
Er sah zu mir rüber. "Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, ich bin nicht sauer. Ich verstehe, was du meinst."
Ich schüttelte den Kopf. "Es ist nicht nur deswegen..."
"Was ist los?" fragte er besorgt.
"Einmal müssen wir uns gleich verabschieden und zweitens mache ich mich nur schon mal auf den Ärger, den ich gleich bekommen werde, gefasst..."
"Wir haben noch etwas Zeit, bis wir uns verabschieden müssen, aber warum solltest du Ärger bekommen?"
Ich erzählte ihm alles, dass ich eigentlich mich heute gar nicht mit ihm hätte treffen dürfen und die Geschichte mit Holly.
"Was, denkst du echt sie verpetzt dich?" fragte er fassungslos.
Ich nickte. "Sie ist voll sauer weil du nichts mit ihr alleine gemacht hast sondern mit mir. Ja, sie wird mich verpetzen und wir sind keine Freundinnen mehr. So schnell kanns gehen. Sie hasst mich."
Ungläubig schüttelte er den Kopf. "Sowas geht gar nicht, achte einfach nicht auf sie." schnaubte er.
Ich nickte, gerade als sein Handy klingelte.
"Sorry..." Er sah zu mir und ging dann schnell ran.
Als er kurz darauf auflegte sah er nicht sehr begeistert aus. "Das war mein Vater. Ich muss nach Hause kommen. Gerade jetzt!"
"Okey..." Traurig unterdrückte ich die Tränen.
"Hey..." sagte er sanft und nahm mein Gesicht in seine Hände. "Wir verabschieden uns morgen richtig. Ich komme gleich morgen ganz früh, bevor ihr fahrt, ok?"
Ich konnte nur nicken.
Ich war mir nicht sicher, ob er morgen wirklich noch einmal kommen würde. Ich hatte ihn nicht geküsst und selbst wenn er es sagte, glaubte er mir vielleicht nicht, dass er schon längst eine große Stelle in meinem Herzen eingenommen hatte.
Vielleicht hätte ich ihn doch küssen sollen?? Aber so wurde mir noch mehr Schmerz bei der Verabschiedung erspart...
"Ich bin um 9 Uhr hier. Komm dann her, ich werde ganz sicher da sein! Machs gut!" redete er schnell und gab mir noch einen Wangenkuss. Bevor er gehen konnte, umarmte ich ihn noch einmal fest und atmete vielleicht zum letzten Mal seinen unbeschreiblichen Geruch ein.
Ich sah ihm nach und versuchte jedes Detail von ihm mir so gut wie möglich einzuprägen, bis ihn die Dunkelheit verschluckte.

Ich war von dem Essen auf den Oktoberfest noch so voll, dass ich Gott sei Dank keinen Hunger mehr hatte.
Und zum zweiten Mal schlich ich in dieser Woche leise zu meinem Zimmer. Als ich eintrat sah mir Holly, Jasmin, Luca und Eric entgegen. Holly hämisch, Jasmin unwohl, Eric sauer und Lucs enttäuscht. Na super, jetzt konnte ich mich auf eine Prädigt gefasst machen...
"Becky, kommst du bitte mal mit nach draußen vor die Tür?" Es klang eindeutig wie eine Aufforderung, nicht wie eine Frage. Ich folgte Luca nach draußen, der grimmig drein schauende Eric lief hinter mir.
Als wir stehen blieben sahen die beiden mich strafend an.
Sofort sagte ich: "Es tut mir leid, dass hätte ich nicht tun sollen..."
"Ja hättest du nicht..." stimmt Luca mir mit versteinerten Miene zu.
"Warum hast du uns dann trotzdem belogen, wenn du es wusstest!?" schrie Eric. Er war schon immer der strengere von beiden.
"Ich wollte ihn noch-"
"Das wird Konsequenzen haben!" brüllte Eric. "Ich hasse es, wenn man lügt. Wir haben dir geglaubt, dass du Krank bist und ehrliche bist!"
Beschämt sah ich zu Boden. Trotzdem bereute ich es keine Sekunde mit Kyle weg gegangen zu sein. Da nahm ich den kurzen Ärger in kauf.
Luca seufzte. " Du kannst bei Ausflügen dann nicht mehr mitkommen, wenn du unsere Anweisungen nicht befolgst..."erklärte er.
Eric sah zu Luca. "Was sollen wir jetzt machen? Ihre Eltern informieren? "
Mit großen Augen starrte ich sie an. Ihr Ernst jetzt!? Wegen sowas!?
Ich entspannte mich etwas, als Val um die Ecke kam. Anscheinend wusste sie sofort um was es ging. Sie stellte sich neben mich und sah zu den zwei Betreuern. "Ach kommt, lasst sie doch. Sie ist sich ihre Schuld ja bewusst oder Becky?"
Schnell nickte ich. Val war gerade dabei mich aus der Situation zu retten.
"Ihr könnt sie nicht mehr mit dableiben oder so bestrafen, morgen ist Abreise und den Jungen sieht sie eh nie wieder. Ihr wart auch mal jung. Also alles geklärt! "
Tatsächlich war die Strafprädigt nach kurzer Überlegung von Luca und Eric auch schon vorbei. Ich musste ihnen nur noch versprechen, dass sich das nicht mehr wiederholen wird, dann verschwanden die zwei.
Erleichtert umarmte ich Val. "Danke!"
"Kein Problem Kyle oder wie er heißt, sieht aber auch echt nicht schlecht aus" Sie zwinkerte mir noch kurz zu, dann ging sie.

Holly sah mich zufrieden an, als ich ins Zimmer kam. "Hast du arg Ärger bekommen?" fragte Jasmin mich mitfühlend, im Gegensatz zu Holly, die froh darüber gewesen wäre.
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, zum Glück nicht so."
Holly sah gar nicht zufrieden aus. Seit wann war sie so darauf fixiert, dass ich ärger bekam!?....ich wollte die alte Holly zurück....aber ich glaubte nicht, dass sie jemals anderer Ansicht wegen Kyle sein könnte...
"Und, wie wars mit Kyle? " fragte mich Jasmin. Bevor ich antworten konnte, funkelte Holly Jasmin drohend an. "Willst du dich noch mit der abgeben, Jasmin?"
Fassungslos sah ich mit an, wie sie beschämt den Kopf hängen ließ und sich zu Holly ins Bett setzte. Sie war halt doch schon immer eine Mitläuferin...
Da sie Holly anscheinend etwas mehr mochte als mich, konnte ich mich jetzt auch nicht mehr auf sie verlassen. Man war ich froh, dass dies jetzt die letzte Nacht mit den zweien im Zimmer war...
Zuhause brauchte ich dann erst mal Abstand von diesen ganzen Problemen hier.

In dieser Nacht war ich noch lange wach. Die ganze Zeit hoffte, betete und spekulierte ich, ob Kyle morgen tatsächlich noch einmal kommen würde. Das würde dann zeigen, ob ich ihm wirklich etwas bedeutet.
Über eine Stunde lag ich in meinem Bett herum und dachte nur an ihn. Na super....wenn das jetzt schon so war, fragte ich mich ernsthaft, wie das erst Zuhause werden würde...


Du bist der Richtige...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt