Kapitel 18 "Wieder in Hamburg"

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Völlig erschöpft ließ ich mich in mein Bett fallen. Vorhin hatte ich meine Mum noch begrüßt, schnell etwas gegessen und meinen Koffer hoch in mein Zimmer geschleppt. Mein Vater war wie erwartet gerade noch auf Geschäftsreise.
Ich sah auf die Uhr und vergrub brummend mein Gesicht in dem Kissen.
23:03 Uhr
Und morgen war wieder Schule. Mathearbeit.
Und ich würde Abends eine Schicht zum Kellnern in der Bar haben.
Na super.
Ich konnte nicht gerade sagen, dass ich mich freute wieder Zuhause zu sein...
Ich war zu erschöpft um noch auf mein Handy zu schauen und schlief gleich ein.

Ich wollte nicht aufstehen. Es war einfach viel zu früh! Ich hätte wahrscheinlich auch den ersten Schultag halb verschlafen, hätte ich nicht kurz auf mein Handy geschaut. Als angezeigt wurde:
'Nachricht von Kyle'
war ich sofort hellwach und sprang auf. Die Nachricht war noch von gestern Abend. Ich hatte nicht erwartet, dass er schon so schnell schreiben würde!
Mit zitternden Fingern drückte ich auf Wahtsapp. Egal was er geschrieben hatte, ich freute mich über alles.

Hi Becky!
Bist du gut Zuhause angekommen?
Gute Nacht☆

Sofort schrieb ich zurück, dass alles ok war, wir gestern nur 2 Stunden im Stau wegen Abendverkehr standen.

Ich muss jetzt in die Schule. Viel Spaß bei der Arbeit!

fügte ich noch hinzu. Dann schleppte ich mich ins Bad, führte meine Morgenroutine durch, zog mich um und ging zu meiner Mum nach unten in die Küche.
"Morgen" sagte sie fröhlich.
"Morgen..." brummte ich.
Nachdem ich fertig gegessen hatte, verabschiedete ich mich von ihr und lief zu der nächsten Bushaltestelle. Meine Mum arbeitete als Sekretärin auf dem Kunst Gymnasium auf der anderen Seite der Stadt. Deswegen ging sie immer erst kurz nach mir, musste aber oft Nachmittags länger noch arbeiten.

Ich stieg in den Bus ein und fuhr Richtung mein Gymnasium. Als ich auf den Pausenhof trat, hoffte ich einfach nicht Jasmin zu sehen. Gestern hatten wir kein Wort mehr gewechselt, wir hatten uns mehr oder weniger ignoriert, bis wir endlich in Hamburg ankamen.

Ich wartete mit meinen Klassenkameraden gelangweilt vor unserem Klassenzimmer. Und schon schweiften meine Gedanken zu Kyle. Was er gerade wohl machte?
Unser Deutschlehrer kam und alle setzten sich auf ihre Plätze. Links von mir saß immer ein zierliches, schwarzhaariges Mädchen, die echt gut in der Schule war. Mit ihr unterhielt ich mich schon ab und zu, mit Cass, meinem rechten Nachbar tauschte ich immer nur ein "Hi" und "bye!" aus. Mein Status in der Schule?
Bei uns gab es zum Glück nicht wie in den meisten diese Sportler-Bitch-Bad boys Gruppen. Die Nerds wurden nicht gehänselt, jeder kümmerte sich auf unserer Schule eigentlich um seinen eigenen Kram.
Mit was für Leuten Kyle wohl gerade zu tun hatte? Meine Gedanken über Kyle wurden unterbrochen, als sich die Tür öffnete und ein etwas kleineres, braunhaariges Mädchen eintrat. Sie trug normale Klamotten und schien vor der Klasse etwas schüchtern zu sein.
Unser Deutschlehrer stand auf und deutete ihr an, dass sie sich in die erste Reihe zwischen zwei Jungs auf den einzigen freien Stuhl setzten sollte.
Dann sprach er zur Klasse. "Das ist wie schon vor den Ferien angekündigt eure neue Mitschülerin. " Oh ups, das hatte ich ganz vergessen.
"Bitte nehmt sie gut auf und es wäre nett, wenn jemand sie nachher in der Schule herum führen würde. Stellst du dich bitte noch kurz vor?"
Zaghaft nickte sie und redete etwas lauter. "Hi, also ich bin Leila. 16 Jahre alt und wir sind gerade hier her gezogen...." stellte sie sich vor. Dann fingen wir an Deutsch zu machen.
Natürlich arbeitete nach den Ferien die ganze Klasse super mit. Bitte Sarkasmus beachten! Ich dachte wieder etwas an Kyle und beobachtete Leila. Sie schien nicht so viel zu reden, sah aber ganz nett aus.
Okey, als die Neue neben zwei Jungs zu sitzen-da würde ich auch nicht viel sagen.

Alle sprangen sofort von ihren Stühlen auf, als es zur Pause klingelte. Ich hielt Ausschau nach Leila, die aber den Raum gerade mit Denies verließ. Sie war eher so das mode Mädchen der Klasse.

Ansonsten hatte ich mich in der Pause oft mit Jasmin getroffen, aber das hatte sich jetzt erledigt. Ein bisschen alleine zu sein, würde mir auch nicht schaden. Ich war gerade sowieso nicht so guter Laune.
Ich holte mein Handy heraus, setzte mich auf eine Treppenstufe im Pausenhof und hörte wieder das Lied 'Photograph'. Mittlerweile konnte ich perfekt dazu mit singen. Auf der Rückfahrt im Bus hatte ich es fast jede Minute gehört. Es gefiel mir. Dann dachte ich immer an Kyle, aber es machte mich auch Traurig.
Trotzdem hörte ich es, da ich es mit vielen Erinnerungen verknüpft hatte.
Der Unterricht ging mit einer Stunde Religion weiter, was ich einfach an mir vorbei ziehen ließ. Erst richtig zuhören tat ich, als die Lehrerin am Ende der Stunde plötzlich verkündete, dass wir morgen einen ich zitiere: 'wirklich kurzen Test schreiben werden'.
Anscheinend um zu testen, was bei uns noch von vor den Ferien hängen geblieben war. Sonst noch was! Gleich nach den Ferien! Meine Stimmung wurde noch besser....ha ha ha.

In der Mittagspause nahm ich mein Mathe Sach mit und sah noch einmal darüber. Als es zum Pausenende klingelte sah ich noch einmal auf mein Handy.
Einzig und alleine Kyles Nachricht zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen.
Viel Glück bei der Mathe Arbeit! Du schaffst das, denk an dich! :*

Mein Bauch kribbelte glücklich, dass er daran gedacht hatte. Schon in 5 Minuten würden wir 2 h den Horror schreiben.
Mit schwitzigen Händen setzte ich mich auf meinen Platz und wartete nervös, bis ich die Arbeit bekam. In den letzten Arbeiten hatte ich oft eine 3-4. Entweder man konnte das Thema oder halt nicht. Dieses Mal hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich es konnte. Hoffentlich.

Immer noch mit schlechter Laune fuhr ich nach Schulschluss mit dem Bus nach Hause. Wenigstens war ich jetzt 10 Kilo leichter und trug nicht mehr diese Anspannung mit mir herum. Die Mathearbeit war endlich hinter mir. Mehr oder weniger gut. Mal abwarten....

Zuhause setzte ich mich im Wohnzimmer aufs Sofa und lernte noch kurz für den Religionstest morgen. Danach nahm ich mir Süßigkeiten mit und ging in mein Zimmer. In 5 Tagen hatte ich Geburtstag. Und keine Freunde, die ich einladen konnte. Das würde ja super toll werden nur mit meinen Eltern zu feiern...
Im Moment fühlte ich mich wirklich total einsam. Augenblicklich kam auch wieder die Trauer zurück. Obwohl ich wusste, dass ich wieder anfangen würde zu weinen, schaltete ich meine Musikboxen ein, drehte auf ganz laut und hörte mein neues Lieblingslied. Es erinnerte mich wieder daran, was für schöne Tage ich mit Kyle hatte und das ich ihn und die Umgebung zurück lassen musste.
Trotzdem wollte ich jetzt auch irgendwie darum trauern und ließ die Tränen einfach über meine Wangen rollen.


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