Maureen P.o.V.
Nachdem alles soweit fertig und ich meinen Feierabend endlich antreten konnte, hatte ich mich entschlossen, wirklich bei Mason vorbeizusehen.
Unsere Vereinbarung beruhte auf Gegenseitigkeit - und diesmal musste er mir eben einen Gefallen tun und nicht umgekehrt.
Ich schulterte also meinen kaum gefüllten karierten Rucksack und zog meinen Pferdeschwant nachmals fest, da er nach meiner mehrstündigen Schicht doch schon etwas ausgeleiert war.
Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und mein Headset aus der Tasche meines grünen Mantels und begann, Musik zu hören.
Sofort begann "All Time Low" in meinen Ohren zu dröhnen. Ich liebte diese Band einfach. Umhüllt von Alex Gaskarth' Stimme und dem Sound der Instrumente machte ich mich nun also auf den Weg zur nächsten U-Bahnstation.
Ich hatte zwar einen Führerschein - aber kein Auto. Erstens konnte ich es mir nicht leisten und zweitens war es auch nicht unbedingt von Nöten, da man auch bequem alles mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen konnte und damit auf jeden Fall sogar noch günstiger davon kam.
Ich trottete die Treppe hinab in den Untergrund und sah auf die Anzeigetafel, die mir verkündete, dass es noch ungefähr fünf Minuten waren, bis meine Linie ankommen würde. Und da ich nach meiner Schicht einfach zu faul und auch erschöpft war, um noch länger zu stehen, beschloss ich, mir einen Sitzplatz zu suchen und setzte mich schließlich auf einen freien Platz neben einem blonden Typen.
Ich kramte mein Bahnticket aus meinem Rucksack hervor und tippte auf meinem Handy herum, um mich Mason anzukündigen der nur schrieb:
"Alles klar, Reina-Babe", und einen fetten Smiley dahinter setzte. Ich verkniff mir ein leises Seufzen (eigentlich wollte ich ja nicht zu ihm - aber irgendwie ja doch und ach ja - keine Ahnung) als der Typ neben mir leicht den Kopf drehte und mich ansah. Irgendwie kam er mir bekannt vor - bis mir nur eine Sekunde später einfiel, dass das der gutaussehende, verpeilte und schweigsame Kerl namens Luke war, den ich heute als letztes bedient hatte.
Er schien zu lachen und ich zog einen Kopfhörer aus meinem Ohr und lächelte ihn kurz an, bevor mein Blick auf seine großen Hände fiel, in denen er noch immer den Starbucks-Becher hielt, auf den ich höchst "mühevoll" mit ausladender Schrift "Breadstick" gekritzelt hatte und musste nun doch etwas lachen, ich konnte es einfach nicht unterdrücken - auch wenn mir nicht klar war, aus welchem Grund.
Auch, wenn das jetzt gerade etwas lustig gewesen war, die nächsten drei Minuten sagte niemand von uns auch nur ein Wort. Dennoch hatte ich mein Handy derweil in meinen Rucksack gepackt und zwirbelte mir einfach eine blonde Strähne meines Zopfes um die Finger. Luke starrte gedankenverloren auf einen Fleck und als dann meine U-Bahn ankam und ich mich erhob, stand er ebenfalls auf und ich sah ihn fragend an. Auch wenn ich keine Frage stellte, nickte er einfach, um mir zu zeigen, dass es seine U-Bahn war und ich schüttelte erneut grinsend den Kopf.
Die U-Bahn war brechend voll. Als ich einstieg war Luke schon lange im Waggon verschwunden gewesen und es schien mir erst so, als würde ich stehen müssen und mich eng an eng mit vollkommen Fremden um eine Festhalteschlaufe kloppen müssen. Dann jedoch entdeckte ich noch einen freien Platz - und oh Wunder (oder auch nicht, mich wunderte das zu diesem Zeitpunkt irgendwie schon gar nicht mehr so doll) war der neben Luke.
Ohne ihn zu fragen, ließ ich mich neben ihn auf den Sitz fallen und nahm meinen Rucksack auf den Schoss.
"Hi", sagte ich dann, weil es mir langsam zu doof war, ihm ständig zu begegnen, aber kein verdammtes Wort mit ihm zu wechseln.
"Hey", gab er zurück und sah mich mit einem Blick an, als würde er in meine Seele schauen. Ich bekam ein klein wenig Gänsehaut - schließlich kannte ich ihn ja nicht, was, wenn er ein Axtmörder war, oder so ...
"Ähm ... alles klar, bei dir?", fragte ich, als er mich nach ein paar Sekunden immer noch intensiv anstarrte und er schüttelte kurz den Kopf, als wenn er sich aus einer Trance befreien wollte und murmelte dann:
"Ja, ja - klar, alles gut. Was soll sein?"
"Du hast mich angeguckt als würdest du tief in meinem Kopf nach all meinen finsteren Geheimnissen kramen", antwortete ich so scherzhaft, wie es mir möglich war und er zog kurz seine Augenbrauen zusammen.
"Sorry."
"Kein Ding. Du bist nicht so gesprächig, oder?"
"Nee ..."
"Macht nix. Ich eigentlich auch nicht." Ich zuckte die Achseln und die Bahn setzte sich endlich in Bewegung.
"Kommt mir gar nicht so vor." Er wirkte noch immer distanziert und unterkühlt.
"Nerv ich dich?", sprach ich meine Gedanken aus und sah ihn von der Seite aus an. Er hatte ein echt schönes Profil.
"Nee, passt schon." Ich nickte und schwieg dann kurz.
"Ich bin übrigens Maureen", sagte ich dann wie aus dem Blauen heraus.
"Luke", kam zurück.
"Weiß ich doch schon, Breadstick", grinste ich und er verdrehte die Augen, konnte es aber nicht verhindern, dass sich seine Lippen zu einem kleinen Lächeln verzogen.
"War dein Getränk in Ordnung?", fragte ich dann, als mir einfach nichts mehr einfiel, worüber ich mich mit ihm hätte unterhalten können und er nickte bloß.
"Ich trink das schon seit Jahren, war okay."
Und dann herrschte Schweigen. Er war anscheinend einfach nicht der Typ, der gern erzählte und ich war nicht so gut darin, mir Gesprächsthemen einfallen zu lassen, also entschloss ich mich für das vermeidlich geringste Übel und hielt einfach den Rand.
Bis ich dann gleich aussteigen musste.
"Es äh ... also, es war nett die kennengelernt zu haben, Luke", ich schenkte ihm nochmals ein Lächeln und er sah mich aus seinen blauen Augen an.
"Ebenso", murmelte er dann und es kam mir nicht wirklich ernst gemeint vor, aber irgendwie mochte ich ihn trotzdem.
"Ich muss jetzt hier raus ...", meinte ich dann und er nickte wissend.
"Okay", sagte er dann.
"Also dann ..."
"Also dann ...", erwiderte er und dann mussten wir doch beide etwas grinsen. Die ganze Situation war so dämlich es ging gar nicht anders.
"Mach's gut Luke. Vielleicht sieht man sich mal. Du weißt ja, wo du mich finden kannst. Ich bin Studentin - ich brauch das Geld. Arbeite fast jeden Tag bei Starbucks. Ich mach dir gern noch mal nen Caramel Hot Chocolate." Ich hob die Hand, wank zum Abschied und drehte mich schon von ihm weg, als er noch:
"Bis dann, Maureen", sagte und anfügte, "man sieht sich", bevor ich grinsend aus der Bahn ausstieg und durch den leichten Nieselregen der mir an der Erdoberfläche entgegenkam zu Mason lief.
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Caramel Hot Chocolate || l.h
Romance„Ich habe Angst davor, wieder eine Beziehung einzugehen, Maureen. Ich habe Angst davor, jemanden wieder so nah an mich ranzulassen - aber ich kann nicht leugnen, was ich für dich empfinde. Und ich denke, dass es das Wert wäre, auszuprobieren. Wir mü...