Kapitel 10

22 7 0
                                    

Maureens P.o.V.


Heute war einer dieser Arbeitstage, wo ich die gesamte Menschheit einfach nur verfluchen und Reißaus nehmen wollte. Ich war einfach nur genervt. Von allem. Eine Lampe flackerte - es nervte mich. Jemand nieste - es nervte mich. Jemand sprach mich an - und oh Überraschung: es nervte mich. Und das traf sich natürlich ganz wunderbar, wenn man als Barista arbeitete. Ließ sich nicht leugnen.

Gerade in diesem Moment war es später Nachmittag. Ich hatte noch ungefähr zwei Stunden Arbeit vor mir und ich wünschte mir so verboten dolle, dass ich die Zeit vorspulen konnte, dass es schon wehtat ...

Irgendwie war die gesamte Kundschaft heute anstrengend - vielleicht lag diese Empfindung aber auch nur an meiner miserablen Laune die ich größtenteils auf Mason zurückführte. Wer anders konnte da nicht dran schuld sein.

Der ältere Herr, der gerade von mir bedient wurde, war offensichtlich noch kein einziges Mal in seinem ganzen Leben in einem Starbucks gewesen, so verwundert wie er über die ganzen Kaffeesorten und Bezeichnungen war. Ebenso wollte er mir seinen Vornamen nicht nennen, dachte wahrscheinlich, ich würde ihn ausspionieren wollen, oder so was. Also musste ich ihm erst einmal lang und breit erklären, dass das hier so üblich war, den Namen zu nennen, damit ich den dann auf den Pappbecher mit seinem Getränk zu schreiben, um sicherzugehen, dass auch jeder das bekam, was er bestellt hatte.

Dann war er auch endlich so freundlich und knickte ein, indem er mir seinen Namen nannte und ich ihn schließlich notieren konnte.

Die ganze Zeit über hatte sich ein junges Mädchen hinter ihm beschwert und rumgemurrt, ob das denn nicht schneller gehen könnte, oder ob ich einfach so unfähig war. Ich hätte ihr an den Haaren ziehen können. Ich war mehr als gereizt. Aber wie immer sagte ich mir, dass ich das Geld brauchte und es mir nicht leisten konnte, unangenehm aufzufallen. Also begnügte ich mich mit ein paar grimmigen Blicken die ich der kleinen Göre zuwarf und spürte dann einen sanften Windstoß als jemand die Ladentür öffnete und das Lokal betrat. Ich sah kurz auf - ja, es war ein neuer Kunde. Na toll und ich hatte schon gehofft, dass der alltägliche Ansturm ein wenig abnahm und ich vielleicht endlich mal eine kleine Pause machen konnte.

Aber Pustekuchen ...
Immerhin hatte ich nach meiner heutigen Schicht zwei Tage frei und damit tröstete ich mich erst einmal und arbeitete meine Kundschaft ab.

Das nervige Teenie-Mädchen hatte grad ihre Bestellung bekommen und ging mir somit endlich nicht mehr auf die Ketten und der nächste Kunde wollte bedient werden. Ich sah nicht mal auf, auch, wenn ich wusste, dass das unhöflich war und sagte meinen Standardspruch:

"Guten Tag, darf ich Ihre Bestellung aufnehmen?"

"Eine Caramel Hot Chocolate, bitte." Ohne groß nachzudenken riss ich ruckartig meinen Kopf nach oben und sah in das Gesicht von Luke. Ich konnte nichts dagegen tun und musste lächeln und dieses Lächeln ging dann über zu einem Kichern, nachdem ich seinen Namen genannt hatte und ihn noch immer ansah. Woher dieser plötzliche "Gefühlsausbruch" allerdings kam, wusste ich selber nicht. Ich freute mich einfach, ihn zu sehen. May würde sich die Hände reiben, wenn sie jetzt hier wäre und ihm klammheimlich (also höchst auffällig und mit großem Trara) meine Nummer zustecken. Und ich glaube, ich würde sie es tun lassen.

Ich verdrehte innerlich die Augen über diese Gedanken. Das wäre einfach nur dämlich. Irgendwie ...

"The one and only", kam es auf meine Begrüßung hin zurück und ich grinste breit, hob eine Augenbraue und fragte ich ein klitzekleines wenig spottend:

"Woah, woher das plötzliche Selbstbewusstsein?", bevor ich wieder in ein Kichern ausbrach, das nicht mehr so ganz gesund klang. Also versuchte ich mich wieder selbst davon abzubringen, indem ich ihm sagte, dass ich seinen Kakao machen würde und ihm bedeutete, mir wieder zu folgen.

"So, so, Breadstick", ich grinste etwas selbstgefällig über meinen Spitznamen für ihn, "was führt dich denn schon wieder her, Sehnsucht?" Er wurde ein klein wenig rot (wenn ich es mir nicht einbildete und ich war der felsenfesten Überzeugung, dass ich es mir nicht einbildete, denn das wünschte ich mir irgendwie) und fuhr sich wie gestern schon durch seine gestylten, blonden Haare.

"Ich sollte einkaufen für meine Mom und dann hatte ich Sehnsucht - nach einem Kakao. Bild dir hier mal ja nix ein", er reckte das Kinn ein wenig vor und verschränkte die Arme vor seiner muskulösen Brust und ich verdrehte nur grinsend die Augen.

"Alles klar, Luke. Ich glaub dir jedes Wort", dann streckte ich ihm kurz die Zunge raus und machte mich dann daran, sein Getränk fertig zu machen. Während er geduldig wartete (im Gegensatz zu den meisten anderen Kunden, die genervt auf ihre Uhr, oder ihr Handy blickten und mich vollaberten, ob ich mich denn nicht mal ein bisschen beeilen könnte, weil ihre Mittagspause bald vorbei war) und mich dabei ansah.

"Mach doch gleich ein Foto, Breadstick", witzelte ich und er wurde wieder etwas rot, als ich ihn ertappte.

"Wieso?", fragte er unschuldig und sah mich aus seinen schönen, blauen Augen noch immer an.

"Na dann musst du mich nicht mehr heimlich", ich setzte das 'heimlich' in Anführungszeichen, "beobachten."

"Wie gesagt, Blondie - bild dir hier mal ja nichts ein. " Und dann schmunzelte er.

"Wer sind Sie - und was haben Sie mit Luke gemacht?", entkam es mir, als ich "Luke, the Breadstick" auf den Becher schrieb und ihm reichte, während er mir das Geld (passend! was für ein Segen) überreichte.

Also irgendwie mochte ich Luke, obwohl ich ihn noch immer nicht kannte und das machte mir ein wenig Angst ...

Caramel Hot Chocolate || l.hWo Geschichten leben. Entdecke jetzt