Kapitel 12

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Maureen P.o.V

Ich hätte eigentlich erwartet, dass sich Luke mit seinem Kakao verkrümeln würde und irgendwann anders wieder vorbei sehen würde - denn anscheinend hatte er das ja tatsächlich vor. Immerhin hatte er es ja jetzt auch schon getan und war hergekommen, aber stattdessen blieb er noch stehen und nutzte die Gelegenheit, dass gerade kein anderer Kunde in der Nähe war, der meine Aufmerksamkeit beanspruchen konnte, um mich nochmals in ein Gespräch zu verwickeln, während wir uns gegenseitig ansahen und ich begann mich wirklich zu fragen, wie Luke denn nun in Wahrheit tickte. Gestern war er noch so anders gewesen. Ruhig und distanziert, davon war ja jetzt eigentlich gar nichts mehr übrig.
"Wie lange geht deine Schicht noch?" Die Frage verwirrte und verunsicherte mich gleichermaßen. Wieso wollte er das wissen? Wollte er jetzt mit mir ausgehen, oder was? Also dafür war ich definitiv die falsche Partie. Egal, wie gut er aussah. Mehr als Freundschaft war nicht drin - für unser beider Wohlwollen.
Um etwas Zeit zu schinden, blickte ich erst mal auf meine Uhr und tat so, als müsste ich überlegen, wie lange ich noch arbeiten musste, obwohl ich in Wirklichkeit wusste, dass ich noch exakt siebenundsechzig Minuten zu arbeiten hatte (schließlich fieberte ich dem Feierabend immer mit brennendem Eifer entgegen)
"Knapp eine Stunde, wieso?", antwortete ich dann schließlich, als ich nicht mehr länger hätte warten können, ohne wie ein kompletter Vollde'pp zu wirken, der keinen blassen Schimmer von seinen Arbeitszeiten hatte und im Leben nichts auf die Reihe bekam.
Nachdem ich ihm geantwortet hatte, zuckte er zuerst nur die Schultern, bevor er dann meinte, dass wir spazieren gehen sollten, nachdem ich Feierabend hatte, da er mich kennenlernen wollte. Irgendwie fand ich das jetzt richtig niedlich. Er war ja nicht aufdringlich, aber doch ganz anders, als ich ihn noch gestern in der U-Bahn eingeschätzt hatte. (Und zum Glück hatte er mich nicht nach einem Date gefragt - Puh! Das ersparte mir einige Probleme. Aber wahrscheinlich war er auf diese Art und Weise eh nicht an mir interessiert und ich machte mich schon wieder viel zu viel verrückt, aber ich konnte es nicht ändern, ich war einfach so.) Dann nuschelte er noch irgendwas zu sich selbst, was ich absolut nicht verstehen konnte, da er den Blick auf seine Füße geheftet hatte. Aha. Also steckte der Luke von gestern doch noch immer in ihm und ich dachte schon, ich hätte mich vollends getäuscht. Er merkte wohl, dass er in alte Verhaltensmuster abrutschte und setzte dann einfach noch eine Frage hinterher um die Situation für ihn erträglicher zu machen, obwohl ich ihn einfach nur unglaublich niedlich fand, wenn er so verunsichert war. Oh Mann ... das klang, als redete ich von einem Kleinkind und nicht von einem fast zwei Meter großen, attraktiven Riesen.
Na ja egal, auf jeden Fall hatte er nur noch mal gefragt, ob ich denn dabei war - also ob ich mit ihm spaziere gehen würde. Ich überlegte kurz, ob ich irgendwas mit Mason ausgemacht hatte, erinnerte mich dann aber an die seltsame Situation von gestern und war mir ziemlich sicher, dass ich ihm heute ganz gewiss nicht unter die Augen treten wollte, also gab es eigentlich nichts, was dagegen sprach, mit Luke einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Also zuckte ich die Schultern, lächelte ihn dann an und sagte:
"Okay, warum nicht?", und hakte dann nach, ob er denn jetzt hier die ganze Stunde lang auf mich warten soll, denn schließlich konnte ich jetzt hier nicht einfach abhauen.
"Ja, ich hab sowieso nichts zu tun..Mom braucht die Einkäufe erst morgen früh."
Daraufhin nickte ich und schenkte ihm erneut ein Lächeln.
Bald darauf kamen dann wieder einige Kunden, die ich alle bedienen musste, während Luke noch immer vorne an der Theke stand und mich beobachtete. Ich spürte seine Blicke, aber es war jetzt nicht so, dass sie mir unangenehm waren, oder so. Zeit für eine erneute Unterhaltung hatten wir jetzt nicht, trotzdem tauschten wir regelmäßig einige Blicke aus, besonders dann, wenn ich von einem Kunden einfach nur unglaublich doll genervt war. Und wahrscheinlich sah ich dann immer so bescheuert aus, dass Luke einfach nicht anders konnte, als darüber zu lachen.
Als meine Schicht dann schließlich ihr Ende gefunden hatte und meine Ablösung erschienen war, rief ich Luke zu, dass ich mich schnell umziehen würde und wir dann los konnten. Dann verschwand ich kurz im Mitarbeiterbereich, wo ich mir ein frisches Shirt anzog und meinen grünen Mantel darüber streifte. Ich puderte mein Gesicht nochmal ab, trug ein wenig Lipgloss auf (um MIR zu gefallen - das war nur für MICH) und kämmte meine Haare nochmal, da die wahrscheinlich aussahen, wie ein Vogelnest, in dem sich die Jungen um einen Wurm gekloppt hatten.
Als letztes setzte ich dann wieder meinen Rucksack auf, verabschiedete mich von meinem Kollegen und trat dann vor die Tür, wo Luke schon auf mich wartete. Er hatte seine Hände in den Taschen seines Hoddies vergraben und sah wieder auf seine Füße.
"Hey", sagte ich leise, als ich neben ihn trat und er sah wieder auf.
"Können wir?", fragte ich.
"Jepp", erwiderte er.
"Okay. Wo willst du lang?"
"Irgendwo, ist mir egal. Hauptsache, wir können reden." Ich lachte leise und dann setzten wir uns in Bewegung.
"Alles klar. Aber sag mal, woher das plötzliche Interesse?" Er zuckte nur die Schultern und ich sah zu ihm auf. Auch wenn ich mit meinen 1,73 gar nicht mal soo klein war, fühlte ich mich neben Luke einfach wie ein Zwerg - wie ein hässlicher noch dazu. Aber egal.
"Einfach so. Ich fand dich cool", meinte er etwas verlegen, auch, wenn er versuchte, das zu verbergen.
"Haha", ich lachte, "ich und cool? Danke für das Kompliment, Breadstick - aber wenn ich eins nicht bin, dann cool."
Er zuckte wieder die Schultern.
"Ich find schon."
"Okay ... dann danke, Luke", sagte ich ehrlich und er nickte mir mit einem kleinen Lächeln auf seinen Lippen zu.
"Du wolltest mich kennenlernen. Was willst du wissen?", ich steckte meine Hände in meine Jackentaschen, da es schon ein wenig frisch war, und wandt mich dann wieder ihm zu.
"Hm, na ja, erst mal so die Standardsachen: wie alt bist du, hast du Geschwister, so was halt", er zuckte schon wieder mit den Schultern und ich grinste.
"Aha - also erstmal die Basics. Na schön - aber dann bist du dran, okay?" Luke nickte.
"Also ich heiße Maureen Cromwell, bin achtzehn Jahre alt und lebe schon mein ganzes Leben lang in Sydney. Zwar jetzt nicht unbedingt da, wo ich jetzt wohn, aber das ist ja auch egal. Ich hab einen Zwillingsbruder, er heißt Finley und ich wohn mit ihm und meiner besten Freundin May zusammen. Ansonsten studier ich Erziehungswissenschaften an der University of Sydney und arbeite, wie du ja schon weißt, bei Starbucks. Meine Hobbys sind ... äh ... oder waren - ich hab momentan eigentlich nicht so wirklich Hobbys, weißt du ... na ja, egal - also auf jeden Fall kann ich Keyboard und Gitarre spielen, bin gern reiten gegangen und Freunde treffen, so was halt. Willst du sonst noch was wissen?", ich sah ihn an und zwirbelte mir eine blonde Haarsträhne um die Finger.  

Caramel Hot Chocolate || l.hWo Geschichten leben. Entdecke jetzt