"Hat George die Reise gut überstanden?" Fragte der Junge mich aufgeregt.
"Nunja, zunächst dachten wir es.. Doch es kam anders. George erreichte das Anwesen erst sehr spät am Abend. Glücklicherweise waren wir bereits mit dem Zug vorrauas gefahren und konnten alles für seine Ankunft vorbereiten. Die Krankenschwester eine hübsche junge Dame und sogar der Arzt standen ihm zur Verfügung.
Unruhig wartete ich in der Eingangshalle, bis ich das Knirschen der Räder in der Einfahrt hörte. Ich warf mir rasch eine Jacke über und eilte hinaus.
Zwei Männer trugen George ins Haus, die Treppe nach oben und in sein Zimmer. Sie waren noch weg, bevor die anderen überhaupt bemerkten, dass George wieder zu Hause war.Dr. Perry untersuchte George gleich nach seiner Ankunft. "Sie haben ihn mit Schmerzmitteln vollgepumpt und er ist momentan nicht bei Bewusstsein" murmelte er mehr zu sich selbst als zu uns. Wir standen in einem halbkreis um den Arzt und die Krankenschwester und beobachteten alles was vor sich ging.
"Aber er wird sich doch davon erholen" fragte der Lord, dessen Gesicht aschfahl war.Nachdem der Arzt das Zimmer verlassen hatte. Zerstreute sich auch die Familie. Nur ich blieb an Georges Bett sitzen. Wie auch die junge Krankenschwester. Ihr Name war Agatha. Sie hatte einige Zeit bei Dr Perry im Krankenhaus gearbeitet. Doch die Aussicht auf eine bessere Anstellung und Bezahlung hatte sie nach Highclere Castle gebracht. Sie war ein sehr hübsches Mädchen. Mit Schulterlangen schwarzen Haaren, einer Stupsnase und Haut wie Porzellan. Doch was mich eifersüchtig machte, war ihre Figur. Sie wirkte nicht so zierlich und zerbrechlich wie ich, sondern hatte eine schöne weibliche Figur...
Erst spät in der Nacht verließ ich Georges Seite, um selbst noch ein bisschen zu schlafen. Ich hatte Agatha angewiesen mich sofort zu wecken, falls George zu Bewusstsein kommen sollte....
Am nächsten Morgen erwachte ich beinahe genauso müde wie am Abend. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Rasch schlüpfte ich aus dem Bett und trat ans Fenster. Es war noch immer Winter und die Kälte in meinem Zimmer war beinahe unerträglich. Am Fensterglas hatten sich kleine Eisblumen gebildet und der Rasen vor dem Schloss war mit Reif bedeckt.
Ich läutete nicht erst nach Evelyn sondern zog mich selbst an. Der Gedanke an George trieb mich zu größter Eile, denn ich vermutete, dass Agatha vergessen hatte mich zu wecken...
Als ich auf den Flur trat, kam mir bereits Evelyn entgegen. "Sie hätten nach mir klingeln sollen, my Lady" sagte sie aufgeregt. Wenn wir alleine waren, sprach sie mich nie so an, da es für uns beide nur unangenehm war. Doch wenn andere uns hören konnten hielten wir uns stets an die Etikette. "Nein, das war heute nicht nötig" antwortete ich. Evelyn verabschiedete sich mit einem Knicks und ließ mich allein.
Ich wagte mir an diesem Tag nicht das Frühstück ausfallen zu lassen, da Robert immer sehr viel Wert auf seine Gewohnheiten legte. Und ob er es wollte oder nicht, es war ihm zur Gewohnheit geworden, dass ich beim Frühstück neben seinen Töchtern saß und mich mit ihm über Literatur oder Politik unterhielt. Ich wusste, dass mein Schwiegervater es nie zugeben würde und deshalb erwähnte ich es nie. Doch ich wollte ihn an diesem Morgen nicht noch verdrießlicher stimmen als er ohnehin schon war....
Nach dem Essen stieg ich erleichtert die Treppe zu Georges Zimmer nach oben. Vorsichtig klopfte ich an seine Tür. Aber niemand antwortete... Als ich eintrat saß nicht Agatha an Georges Bett sondern Anna.
"Ich habe Agatha heute morgen abgelöst, da sie mir zu erschöpft erschien um weiter arbeiten zu können" flüsterte sie. Stumm nickte ich, "wie geht es George?"
"Agatha sagte mir, dass er heute Nacht einmal kurz bei Bewusstsein war und nach dir gefragt habe...."Wieso hatte Agatha mich nicht geholt?
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Lady Bentley von Highclere Castle Teil II
Ficção HistóricaLady Bentley ist eine reiche alte Lady, doch das war nicht immer so... Kurz vor ihrem 100.Geburtstag beginnt sie ihre Lebensgeschichte zu erzählen und findet in ihrer Enkelin Charlotte eine aufmerksame Zuhörerin. Sie berichtet von ihrem Leben als...