22.Kapitel

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"Konnte George wieder laufen?"
Ich nickte und versuchte mich daran zu erinnern, wie es damals abgelaufen war.
"Es dauerte eine Weile, bis George wieder richtig laufen konnte, doch ja, er lernte wieder laufen und wurde vollständig gesund..."

"Langsam lernte er wieder laufen, doch wie alles im Leben brauchte es seine Zeit...

Nach einigen Wochen schlenderten wir wieder zu Fuß durch den Park. George auf einen Krückstock gestützt und ich lief neben ihm her, sodass er sich zusätzlich noch auf mich stützen konnte.
Diesmal hatten wir uns wirklich vorgenommen, bis zu unserer Mauer zu laufen. Und wir hatten beschlossen durchzuhalten.

Seit George seine Beine wieder bewegen und etwas laufen konnte war er wieder zuversichtlicher Geworden. Er wurde fröhlicher und mir gegenüber wieder aufmerksamer. Oft saßen wir zusammen und schmiedeten Pläne für unsere Zukunft. Aber diese Pläne beinhalten alle das Ende des Krieges. Obwohl das Ende des Krieges noch lange nicht in Sicht war.

"Ich möchte, dass wir heiraten, sobald der Krieg vorbei ist" schnaufte George während wir einen kleinen Hügel empor stiegen.
"Das möchte ich auch" flüsterte ich.
Als wir die Hügelkuppe erreicht hatten, nahm George mich in den Arm. "Ich bin so froh, dass ich dich endlich wieder in meine Arme nehmen kann" flüsterte er und strich mir zärtlich über mein Haar.
"Wenn nur dieser verfluchte Krieg nie gewesen wäre" murmelte er und küsste mich auf die Stirn.
Ich nickte, "glaubst du, dass der Krieg bald enden wird?"

George seufzte und presste mich noch fester an sich. "Ich glaube nicht, doch ich erhoffe nichts sehnlicher als das Ende..."

***

L

angsam schlenderten wir weiter und bewunderten nebenbei den Park. Doch hier hatte sich alles verändert. Der Park war nicht mehr besonders gut gepflegt, da alle jungen Burschen, die normalerweise das Unkraut jäteten, die Hecken schnitten oder die Blumen pflanzten waren schon längst im Krieg oder gefallen.
Und ich fragte mich, wie es nach dem Krieg weiter gehen würde.
"Ich glaube, dass die Gesellschaft sich sehr verändern wird, sobald der Krieg vorbei ist..."

"Inwiefern glaubst du das?" Fragte George, manchmal hatte ich das Gefühl, dass er gar keine Veränderungen haben wollte. Sondern dass alles wieder so werden sollte wie es war.

Doch ich freute mich darauf dass die Frauen eine wichtigere Rolle in der Gesellschaft einnehmen würden. Sie würden wichtigere Positionen und mehr Arbeit haben und vielleicht irgendwann mit den Männern gleichgestellt sein. Doch ich wusste nicht, ob dies nur für die unteren Schichten oder auch für den Adel gelten würde.
Am allermeisten hoffte ich, dass George und ich deswegen nicht in Streit geraten würden.

"Hattet ihr Streit" fragte Charlotte, mich besorgt. "Nunja, George war dann doch etwas toleranter, als es so weit war..."

"Und hat sich die Rolle der Frau so verändert, wie du dachtest?"
Ich nickte, "natürlich, die Emanzipation begann nach dem Krieg..."

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt