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Heulend lag ich am Boden. Es war alles zu viel für mich. Ich konnte mich nicht umsehen, nicht aufstehen, nicht zum Campingplatz laufen.

Ich stand einfach nur unter Schock. Luisa lag neben mir. Nicht weniger aufgelöst schluchzte sie vor sich hin.

"Er hat mir gedroht!", flüsterte sie. Ich glaub sie wusste selber nicht wie damit umgehen sollte.

Aber ehrlich gesagt, wusste ich das vielleicht noch weniger. Dieses Schuldbewusstsein trieb mich in den Wahnsinn. Selbst, als ich, nachdem Tim mich nach unten in unser Zelt getragen hat, eingekuschelt in meinen Schlafsack an die Zeltwand starrte, konnte ich den Anblick und das Gefühl, dass alleine ich daran schuld war nicht verdrängen.

Eine Stunde ließ mich Tim in Ruhe.

Gerade, als ich vor Einsamkeit verzeifelt in mein Kissen gebissen hatte, kam Tim zu mir, streichelte mir über die Schulter und nahm mir das Kissen aus dem Mund.

Wo Luisa war, wusste ich nicht.

"Pssscht.... Alles wird gut. Glaub mir, Maus."

Tim legte sich neben mich und legte seinen Arm um mich.

Beruhigend strich er mir über meine Tränen nassen Backen. Sofort wurde mir trotz der gerausamen Gefühle und Gedanken in mir warm ums Herz.

Ich seufzte tief und vergrub meinen Kopf in Tim' s Hemd. Es roch so unglaunlich gut nach seinem Parfum.

Tief atmete ich den Geruch ein und sofort ging es mir besser.

Ängstlich schaute ich zu Tim hoch.

"Und? Wie geht es Luisa?"

"Naja. Den Umständen entsprechend. Sie war gerade bei der Krankenschwester des Campingplatzes. Kennst du dieses Zimmer neben dem Supermarkt? Da ist die anscheinend jeden Tag und man kann zu ihr hingehen. Kim war mit Luisa da. Sie hat einen Schock und muss es halt verdauen. Im moment sitzt sie wie bedeppert auf dem Steg und glotzt vor sich her. Sie hat wohl einen leichten Dachschaden erlitten."

Tim versuchte die Stimmung ein bisschen aufzuheitern, aber so richtig gelang es ihm nicht. Er schluckte schwer und umarmte mich nur noch fester. Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, ich war mir sicher, dass ihn die ganze Geschichte auch total mitnahm.

Ich schluchzte noch einmal, nahm mein Taschentuch, wischte mir die Tränen weg und verkündete mit einer Kraft in meiner Stimme die selbst mich beeindruckte:

"Ich geh zu ihr. Ihr geht es jetzt bestimmt viel schlechter als mir. Was wär ich für eine Freundin, wenn ich mich ez selbst zurückzieh?"

"Aber...?"

"Nichts aber! Kannst ja mitkommen! Stoppen kannst du mich nicht!"

Die Spur eines Lächelns umspielte seine Lippen, als er meine trotzige Stimme hörte.

"Okay!"

Er gab mir einen Kuss auf die Wange und folgte mir aus dem Zelt.

Meine Zuversicht verschwand genauso schnell wie sie gekommen war, als ich Luisa in sich zusammengesunken auf dem Steg sitzen sah. Sie ließ die Schultern hängen und starrte mit glasigen Augen auf das Meer hinaus. Sie wirkte so, als hätte sie ihre Augen zwar starr auf die Brandung gerichtet, realisierte aber kaum was sie sah. Gerade als ich mich mit leicht zittrigen Knien neben sie setzen wollte, bemerkte ich, wie sie sich verstohlen eine klitzekleine Träne aus den Augenwinkeln wischte. Aber man sah auch so wie schlecht es ihr ging. Sie war leichenblass und ihre Augen waren Blut unterlaufen. Die Spuren des Tages waren ihr nur zu deutlich ins Gesicht geschrieben.

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