Kapitel 5 / Jan's Sicht

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Wieso glaubten eigentlich immer alle, dass ich Hilfe bräuchte? Ich bin ein erwachsener Mann, wann kapieren die das endliche? Ich hatte momentan so meine Schwierigkeiten, das geb ich ja zu, aber ich würde das wieder in den Griff kriegen. Momentan wollte ich einfach für mich sein. Das war alles. Zumindest glaubte ich das, doch als Melina nun das Zimmer verließ breitete sich die Leere wieder in mir aus. Frustriert ließ ich mich zurück in die Kissen sinken und starrte an die Decke. Ich konnte nicht mal aufstehen, da ich immer noch an eine blöde Infusion angeschlossen war. Am liebsten hätte ich wieder irgendwas genommen und es gegen diese tristen Mauern geworfen. Egal was, hauptsache es ging dabei kaputt.

"Can you fix the brocken", murmelte ich leise vor mich hin.

...

Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn als ich meine Augen das nächste Mal öffnete, schien mir die Sonne direkt ins Gesicht. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und einfach weiter geschlafen, doch genau in diesem Moment öffnete sich die Tür und ein Typ mit weißem Kittel trat herein.

"Ah, guten Morgen, Herr Meyer. Schön das sie wach sind."

Ich brummte irgendwas unverständliches. Ich hatte keine Lust mit ihm zu reden. Ihn schien das nicht zu stören. Er ging seiner Arbeit nach, checkte ein paar Daten, bevor er mich wieder ansprach.

"Ihr Kreislauf hat sich gebessert und auch gegen den Mangel an Nährstoffen in ihrem Blut haben wir etwas getan. Sie können heute Mittag wieder nach Hause. In einer Woche müssten sie nur erneut vorbeischauen, damit wir die Fäden in ihrer Hand ziehen können."

Ich nickte nur und setzte mich auf. Er kam zu mir ans Bett und zog mir die Nadel aus dem Handrücken.

Ich achtete nicht sonderlich darauf und hing wieder meinen Gedanken nach.

...

"Ihre Freundin wartet bereits draußen auf sie." Verwundert sah ich auf die Uhr. Es waren bereits 3 Stunden vergangen seit der Arzt bei mir gewesen war. Ich erhob mich und folgte ihm nach draußen. Mir wurden meine Sachen und ein paare Formulare in die Hand gedrückt, die ich noch ausfüllen sollte. Ich ließ mich auf einen der Stühle auf dem Gang fallen und ging die Fragen durch. Es war typische Standardfragen und so machte ich mich seufzend daran sie auszufüllen. Zumindest versuchte ich es. Da ich Rechtshänder war erwies sich dies aber als äußerst schwierig, da sich genau durch diese ein acht Zentimeter länger Riss zog.

"Scheiß Leben", fluchte ich leise und begann damit die erste Frage zu beantworten und die Schmerzen einfach zu ignorieren.

Mein Zeitgefühl hatten in der letzten Woche sehr gelitten, ich hatte also keine Ahnung, wie lange ich mich schon mit dieser Scheiße quälte, als sich eine Hand auf meine legte. Ein Schlag durchzuckte mich bei dieser Berührung und erschrocken sah ich auf.

Sie saß neben mir und nahm mir wortlos den Stift aus meinen verkrampfen Fingern, dann das Klemmbrett. Sie sah mich nicht an, sondern richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Zettel vor ihr. Ihre braunen Haare fielen ihr ins Gesicht und verdeckten so ihre Züge, trotzdem konnte ich meinen Blick nicht von ihr wenden. Schweigend füllte sie den Bogen aus und erhob sich dann.

"Joyce ist mit dem Auto da und nimmt uns mit", es war das Erste was sie heute sagte und beim Klang ihre Stimme lief mir ein Schauer über den Rücken. Die ganze Wut von gestern war verflogen und nun spürte ich die Schuld, die mir wie Messer ins Herz stach. Ich hatte sie gestern wie Dreck behandelt und das, obwohl sie so viel für mich getan hatte. Und nun stand sie wieder hier im Krankenhaus nur wegen mir und hielt mir ihre Hand hin. Verdammt, wie konnte ich nur denken, dass ich sie nicht brauchte. Ohne sie hätte ich mir bestimmt schon Gott weiß was angetan.

Can you feel my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt