Kapitel 1

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Illachal ging langsam die Treppe der Himmelsfeste hinunter. Cullen hatte ihr eine Nachricht zukommen lassen, dass jetzt, nachdem Corypheus besiegt war, seine Schwester ihn besuchen wollte. Er schien nicht glücklich gewesen zu sein - was sie wunderte. Sie hatte immer eine leichte Sehnsucht in seiner Stimme gehört, wenn er von ihr sprach. Illachal blieb kurz stehen und schloss die Augen. Ein leichter Wind wehte und trug Geräusche und Gerüche ihrer Umgebung an sie heran. Sie roch die Stallungen, die Schmiede und hörte vom Übungsplatz den Kampflärm. Irgendwo schrie einer von Lelianas Botenraben.

Trotz allem dauerte das Chaos an. Orlais war wieder am Rande eines Bürgerkrieges und dieser brach nur nicht aus, weil sie wussten, das eine gespaltene Armee es niemals mit der der Inquisition aufnehmen konnte. Vivienne fehlte ebenfalls, war aber damit beschäftigt ihre Position als Göttliche Victoria zu festigen. Die meisten Magier hatten sich wieder in die Zirkel begeben - bis auf einige Versprengte. Die Templer hingegen schienen glücklich über die wiederhergestellte Ordnung zu sein. Einige hatten sich an Cullen ein Beispiel genommen und mit dem Lyriumentzug begonnen. Sie waren als Soldaten und Offiziere in den Dienst der Inquisition getreten. Dazu kam, auch, wenn die anderen Dalishclans der Marschen ihr keine Schuld gaben, dieses unglaubliche Schuldgefühl, dass sie sich entschieden hatte Truppen auszusenden, um ihrem Clan zu helfen - denn keiner hatte überlebt. Ihre Familie gab es nicht mehr. Sie öffnete die Augen, seufzte. Es gab es noch so viel zu tun.

Ein lautes Gespräch riss sie aus ihren Gedanken. Es war Cullen, der mit einer Frau diskutierte. Blitzschnell verschwand Illachal in den Schatten, um das Gespräch nicht zu unterbrechen und schlich näher heran. Sie lehnte sich an die Mauer hinter den beiden Streitenden und lauschte.

"Was hast du denn für Gerüchte gehört? Und was ist so schlimm daran?" fauchte Cullen die Frau an. Diese fuhr erschrocken zurück. "Cullen. Es geht herum das du eine Beziehung mit dem Inquisitor hast!" Wütend funkelte Cullen sie an. Illachal konnte seinen Zorn geradezu körperlich spüren. "Und was wenn dem so ist? Was wäre schlimm daran?" Die Frau, blonde Locken und braune Augen, wie Cullen selbst, sah zu Boden. Sie hatte ein strenges Gesicht, Hände, die von harter Arbeit zeugten. Ihr Blick war kalt. "Cullen, sie ist eine Dalish. Auch wenn sie uns alle gerettet hat - sie ist eine Elfin." Der seufzte. "Und obendrein ist sie eine wunderbare Frau. Sanftmütig, warmherzig, entschlossen." Cullens Stimme wurde wärmer, weicher. "Mia, lern sie erst mal kennen. Sie ist wunderbar." Illachal lächelte in sich hinein. Mia sah ihren Bruder an. "Aber... Cullen, bist du dir sicher, dass du sie willst? Sie ist eine Elfin!" Sein Blick verfinsterte sich. "Ob Elf oder Mensch ist irrelevant. Sie ist die Frau, die ich liebe. Der ich gesagt habe, ich werde an ihrer Seite bleiben." Illachal verstand langsam, warum er nicht so froh war, das Mia ihn besuchte. Gerade als Cullen sich genervt umdrehte, tauchte sie aus den Schatten auf. Er erstarrte bei ihrem Anblick, wurde rot. "Inquisitor... Ich... Wie viel habt ihr gehört?" Sie lächelte. "Kommandant Cullen." Sie wandte sich seiner Schwester zu. "Ihr müsst Lady Rutherford sein. Ich bin erfreut euch kennen zu lernen" Mia zuckte angesichts ihrer Freundlichkeit zusammen. "Inquisitor Lavellan. Es ist mir eine Freude." Ein gequältes Lächeln huschte über ihre schmalen Lippen. Illachal winkte einen Diener heran. "Bitte, sorgt dafür, dass die Lady ein Bad bekommt und sich ausruhen kann. Sie hat sicher eine anstrengende Reise hinter sich. Kommandant? Auf ein Wort?" Sie wandte sich um, griff Cullens Hand und ging in Richtung Südwall.

Cullen war das Ganze sichtlich unangenehm. "Illachal... wie viel hast du gehört?" fragte er, als sie beide die Wehrgänge erreicht hatten und auf die unendlichen Schneeweiten blickten. Sie sah zu Boden. "Genug, um zu begreifen, warum du so wenig erfreut warst, dass deine Schwester dich besuchen wollte." Sie lächelte gequält. "Cullen, dass du kein Problem damit hast, dass ich kein Mensch bin, hat mich zur glücklichsten Frau in ganz Thedas gemacht. Aber was ist mit deiner Familie? Was ist ihr Problem?" Cullen seufzte. "Mia... Sie kann die Vergangenheit nicht ruhen lassen. Wir hatten einmal eine Begegnung mit einer Krähe von Antiva - die für einen entfernten Vetter tödlich ausgegangen ist. Mia hatte für ihn geschwärmt. Der Umstand, das du eine Assassine bist, macht das Ganze wohl noch ein bisschen komplizierter." Er trat neben Illachal und legte seinen Arm um ihre Hüfte. Liebevoll sah er sie an. "Mir ist das egal. Ich sehe dich an - und ich sehe keine Assassine. Ich sehe auch nicht nur den Inquisitor. Ich sehe dich." Illachal lächelte. "Danke, Cullen. Es ist schwer wenn Alle zu einem aufsehen und erwarten, man würde weiterhin alles lenken. Die Angst den Erwartungen nicht gerecht zu werden raubt mir manchmal die Luft zum Atmen." Sie drehte ihr Gesicht in die untergehende Sonne und schloss die Augen. Ihr rotes Haar schien wie Feuer lodern, und Cullen strich ihr zärtlich über die Wange. "Manchmal... wäre ich gern einfach wieder normal." Mit leichter Verbitterung sah sie auf den Anker. "Aber das hier erinnert mich immer daran, was noch Alles getan werden muss. Und ich bin froh, das du an meiner Seite bist." Cullen lächelte, küsste sie. "Weißt du, irgendwann müssen wir das Ganze auch offiziell machen. Sonst wird es immer nur "Gerüchte" geben." Illachal seufzte auf und grinste plötzlich. "Das, mein Lieber, gibt einen handfesten Skandal." Cullen lachte. "Einen größeren, als das eine Elfin die Welt gerettet hat? An der Seite einen Tevintermagiers, eines Zwergs, eines Qunaris? Da überleben wir das grade eben noch so." Illachal kicherte. "Also, wann werde ich deine Schwester näher kennen lernen?"

DRAGON AGE: INQUISITION - Illachal Lavellan #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt