Kapitel 18

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Es war ein anstrengender Tag gewesen, an dem Illachal auch wieder seit langem mal richtig trainiert hatte. Nach dem Attentat hatte sie sich auf Cullens Wunsch hin noch eine ganze Weile zurückgehalten, aber es hatte ihr gefehlt. Jagen gehen wollte sie aber auch von sich aus aktuell nicht. Sie fühlte sich unwohl, und sie wollte auch keinen Aufpasser haben. Ihre Erfahrung sagte ihr, dass sie  dann kein Jagdglück haben würde. Oft war es einfach so, dass "Aufpasser" eher gleichzusetzen war mit "Trampel".
Zum Ausspannen hatte sie sich in die Taverne zurückgezogen und saß dort vor einem Glas goldene Sense, als sich Trace neben sie setzte und ein Bier bestellte. "Harter Tag?" fragte sie freundlich. Illachal lächelte müde. "Ich habe selten mal ruhige Tage. Aber ja. Heute war hart." Trace lachte und ihre blauen Augen blitzten. Illachal fiel nicht zum ersten Mal auf, dass sie fast die gleiche Augenfarbe hatten. Trace Augen waren etwas dunkler, aber der Farbton war fast identisch. "Ich habe euch heute trainieren sehen. Was ihr mit einem Bogen anstellt ist nicht mehr normal. Ich habe bei den Templern richtig gute Schützen gesehen, aber ihr... Ihr stellt sie alle in den Schatten." Illachal grinste unsicher. "Danke." Ein wenig verträumt sah sie vor sich hin.

"Erzählt mir wie ihr mit Cullen zusammen gekommen seit." meinte Trace plötzlich. Illachal, die leicht angetrunken war, sah sie überrascht an. "Hat Cullen euch nichts erzählt?" fragte sie verwundert. Trace schüttelte grinsend den Kopf. "Es war schon immer schwer etwas aus ihm heraus zu bekommen, wenn es ums Thema Liebe geht." Die rothaarige Elfin lachte auf. "Ja, das sieht ihm ähnlich." Sie drehte sich auf dem Stuhl um und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tresen. Mit leuchtenden Augen blickte sie in ihren Becher, und leise begann sie zu erzählen. "Es war wie ein Tanz mit dem Feuer. Wir haben uns ewig umkreist, bis endlich mal einer den Schritt gemacht hat. Ich habe versucht im klare Signale zu senden und er war zu schüchtern um drauf einzugehen." Trace kicherte leise. "Sagt nicht, er ist immer noch so." Ein fröhliches Glucksen war die Antwort. "Durch und durch Fereldener. Schüchtern, gradlinig und gnadenlos ehrlich. Aber wenn er erst ein mal hat was er will..." Trace nickte langsam. "Ja. Klingt ganz nach Cullen." Illachal nippte an ihrem Glas. "Ich hab wirklich einiges versucht, aber im Endeffekt musste ich ihn ansprechen und den ersten Schritt machen." Ihr gegenüber lachte. "Ja, Cullen war schon immer so. Man sah ihm schon immer an, für wen er was empfindet, aber wenn es darum geht, mal den Mund aufzumachen..." Sie holte tief Luft. "Er war schon immer unsicher in dieses Angelegenheiten. Und das hat sich auch nicht geändert." Sera hatte das Gespräch auf halben Ohr mitbekommen, und gesellte sich nun zu den Beiden, genauso wie der Bulle und seine Gefährten, so dass Illachal auf einmal eine Traube von Leuten um sich sitzen hatte, die gebannt an ihren Lippen hing. "Nun sagt schon, was ist passiert, als ihr ihn angesprochen habt?" bohrte Trace nach. Sie lachte. "Wenn Cullen mitbekommt, dass ich euch das erzähle..." Trace schmunzelte. "Nun sagt schon." Illachal holte tief Luft. "Ich hatte... Okay. Also. Wir hatten einige Tage vorher eine Party Schach gespielt, und er ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Also bin ich zu ihm und habe ihn gefragt, ob wir uns mal unterhalten könnten. Er fing direkt an zu stottern, aber er hat eingewilligt. Wir standen auf den Wehrgängen, und ich hatte ihm grade gesagt, dass ich mehr empfinde. Er wollte mich grade küssen, als ein Soldat ankam um ihm einen Bericht zu geben." Der Bulle fing an zu lachen. "Oh, das hätte ich gern gesehen Boss." Illachal grinste schief. "Ich habe noch nie zuvor einen so wütenden Blick bei ihm gesehen. Der arme Soldat ist leichenblass geworden." Sie kicherte vergnügt. Dann blickte sie ein wenig schüchtern zur Seite, war sich nicht sicher, ob sie weitersprechen sollte. Doch der Alkohol hatte ihre Zunge gelockert, und sie sah die erwartungsvollen Blicke ihrer Zuhörer. "Ich wollte ihm grade sagen, dass wir das Gespräch auch an einem anderen Zeitpunkt weiterführen könnten, als er sich rumgedreht hat - und mich völlig überraschend geküsst hat." Trace unterbrach sie. "Moment. Einfach so?" Illachal gluckste vergnügt. "Ja, allerdings nur, um sich direkt danach dafür zu entschuldigen." Trace brach in lautes Gelächter aus. "Ja, das sieht ihm wirklich ähnlich." Jetzt wandte sich Illachal an Trace. "Ihr hattet ihm etwas gesagt nach dem letzten Gespräch." Die grinste verschmitzt und zwinkerte. "Ihr meint, als ich ihm sagte, es würde mich nicht wundern, dass er euch toll findet?" Sie bestellte noch ein Bier. "Da soll er euch lieber selbst Rede und Antwort stellen. Cullen ist mein bester Freund, und ich will es mir mit ihm nicht verscherzen." Illachal schüttelte schmunzelnd den Kopf und erhob sich. "Und so langsam sollte ich mich auch mal zurückziehen."
Sie verließ die Taverne und sog begierig die kühle Nachtluft ein. Es war ein klarer Abend, die Sterne leuchteten hell und der volle Mond erleuchtete den Hof. Eine Grille zirpte in ihrer Nähe und mit einem wehmütigen Blick schloß sie sie Augen. Sie erinnerte sich an zu Hause, an ihren Wald. Dort wäre jetzt auch sicher noch die ein oder andere Eule zu hören gewesen. Ein leises Seufzen war zu hören, dann entschloss sie sich, sich noch ein wenig die Beine zu vertreten, bis ihr Kopf wieder ganz klar war. Sie schlenderte zu ihrem Lieblingsplatz, der Platz des ersten Kusses, und war überrascht, als sie Cullen dort stehen sah. Er hatte sich auf die Brüstung gelehnt und blickte auf die mondbeschienen Berge. "Ma Vhenan... Ist alles in Ordnung?" fragte sie ihn leise und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Cullen lächelte. "Es ist ein wunderschöner Abend. Ich wollte einfach ein bisschen die Luft genießen." Ein Windhauch strich Illachal durchs Gesicht und sie schloss die Augen. "Ja. Ich verstehe was du meinst."

Illachal blickte verwirrt auf das Sendschreiben. Sie hatte nach ihrer Genesung bereits einige Risse geschlossen, Adlige besucht und Urteile gesprochen. Immer noch wandte sich Thedas mit allen möglichen Anliegen an sie, und sie tat ihr Bestes, aber dieses Schreiben verstörte sie. In der Nähe von Lothering war ein Riss aufgetaucht. Nach allem, was Solas ihr erzählt hatte, wunderte sie das überhaupt nicht, denn in der Nähe eines Schlachtfeldes war der Schleier so schon sehr dünn. Lothering war während der letzen Verderbnis überrannt und ausgelöscht worden, dort hatte eine blutige Schlacht getobt. Zudem war es  die Heimat von Hawke, dem Champion von Kirkwall gewesen. Das Verstörende war nicht, dass dort ein Riss aufgetaucht war, sondern die Größe des Risses, der von Harding beschrieben wurde. Sie schluckte. Irgendwie hatte sie im Gefühl, dass da noch etwas Anderes war, etwas, was sie noch nicht wahrnehmen konnte. Die Stimmen der Quelle flüsterten unaufhörlich in ihren Gefanken. "Nun denn," dachte sie, "auf in den Kampf."

"Seid ihr alle so weit?" Sie blickte in die Runde. Ihr Pferd scharrte nervös mit den Hufen, als sie aufsaß. Es hatte nicht lange gedauert, ihre Leute zusammen zu trommeln, und der kleine Tross setzte sich in Bewegung. Ihre sieben Gefährten und ein Trupp Soldaten, beladen mit Vorräten und Hilfsmaterialien, überquerten zu Pferde die Brücke und verschwanden langsam die Hügel hinunter ins Tal. Illachal blickte noch einmal zurück, bevor sie ihnen nachsetzte. Cullen stand auf den Wehrgängen und sah ihnen nach. Trace trat neben ihn. "Du machst dir Sorgen, oder?" Cullen nickte und seufzte. "Wie jedes Mal, wenn sie aufbricht." Trace legte ihre Hand auf seinen Arm. "Du hast dir wirklich eine außergewöhnliche Frau ausgesucht, Kleiner." Cullen lächelte. "Ja... Sie ist..." er stockte. Trace lachte. "Kleiner, alles gut. Mach dir keine Sorgen. So wie sie kämpft, kommt sie sicher in einem Stück wieder." Cullen lächelte und drehte sich um. "Nun dann... Lass uns an die Arbeit zurück gehen. Du bist hier hin versetzt worden, um die neuen Templerrekruten auszubilden. Dann lass mich mal deine Arbeit begutachten."



DRAGON AGE: INQUISITION - Illachal Lavellan #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt