Kapitel 45

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Blackwall beobachtete Fayris, die gedankenverloren bei ihrem schwarzen Hengst stand und ihn striegelte. Er hatte sie in den letzten Wochen sehr oft intensiv beobachtet, fasziniert von ihrer Andersartigkeit. Sie war eine Elfin, ganz offensichtlich eine Dalish, wie das Vallaslin und ihre Art verriet, aber sie sah nicht aus wie eine typische Elfin. Sie war so groß wie ein Mensch und war auch so gebaut, auch wenn sie die feinen Gesichtszüge eines Elfen besaß, ebenso wie ihre Ohren. Er wusste, das Halbelfen normalerweise aussahen wie Menschen, und dass auch ihre Ohren nur in den seltensten Fällen durchkamen. Zudem faszinierte ihn ihre Art, sich zu bewegen. Varric hatte seinen Spitznamen wirklich passend ausgewählt. Tänzerin... Sie tanze wirklich fast. Jede ihrer Bewegung war von einer Leichtigkeit, wie er sie noch nie gesehen hatte und sie schien fast zu schweben, wenn sie lief.
Heute jedoch erkannte er etwas in ihrem Blick, was er so bei ihr noch nicht gesehen hatte. Besorgnis, fast schon Reue. Nachdenklich unterbrach sie immer wieder ihre Tätigkeit. Schließlich legte sie den Striegel zur Seite und lehnte sich an die kräftige Flanke ihres Hengstes. Leise sprach sie auf elfisch mit ihm, und aufmerksam spielten Marics Ohren, als würde er ihr wirklich lauschen. Schließlich traf Blackwall eine Entscheidung. Er räusperte sich leise. Die Elfin fuhr erschrocken herum. "Oh, ihr seid es, Blackwall. Ich habe mich erschreckt." Blackwall schenkte ihr ein kleines Lächeln. "Verzeiht, meine Dame. Es war nicht meine Absicht, euch zu erschrecken." Fayris hob eine Augenbraue. "Dame? Ihr beliebt zu scherzen." Ehrliche Überraschung war nun in Blackwalls Gesicht zu erkennen. "Warum das? Natürlich seid ihr eine Dame. Ihr habt Benehmen, Freundlichkeit, Höflichkeit und seid ausgesprochen elegant." Fayris begann zu kichern. "Elegant? Ich?" Blackwall nickte ernsthaft. "Glaubt mir, wenn ich euch sage, ihr habt mehr Eleganz als viele der orlaisianischen Hofadligen." Er verbeugte sich leicht. "Heute jedoch ist euer hübsches Gesicht von Sorge gezeichnet. Kann ich euch irgendwie behilflich sein?" Fayris begann gedankenverloren Marics Mähne zu sortieren, zog einzelne Strohhalme heraus und ordnete die Strähnen. "Wisst ihr, ich glaube, ich habe Illachals Vertrauen missbraucht." Blackwall war nun wirklich überrascht, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen. Dieser Gedankengang kam ihm sehr bekannt vor, hatte er doch der Inquisitorin seine wahre Identität verschwiegen. Langsam ging er auf sie zu und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie zuckte unter der einfachen Berührung zusammen, entzog sich ihr jedoch nicht. "Ich kann ihnen aus eigener Erfahrung sagen, dass Illachal jemand ist, dem man wirklich alles erzählen kann. Sie hat ein großes Herz und sehr viel Verständnis. Ich habe selbst die Situation gehabt, dass ich ein großes Geheimnis vor ihr hatte. Als es herauskam, hat sie mir keine Vorwürfe gemacht. Im Gegenteil, sie hat mir zugehört und mich aufgebaut." Fayris sah ihn unsicher an. Blackwall nickte ihr noch einmal zu. "Redet mit ihr." Sie strich Maric noch einmal über die Schnauze. "Danke, Blackwall." murmelte sie und drehte sich um. Als sie nun langsam die Ställe verlies, sah Blackwall ihr hinterher. Sie rollte beim Laufen den Fuß ganz ab, drückte sich ein bisschen weiter nach oben als normal. Es wirkte wirklich so, als würde sie tanzen. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich umwandte und an einem weiteren Schnitzwerk arbeitete.


Illachal wurde so gut es ging von ihren Pflichten befreit, damit sie sich schonte. Sie würde bald mit Cullen aufbrechen müssen, aber so lange musste sie zumindest einigen ihrer Arbeiten nachkommen, sonst würde sicher Verdacht geschöpft. So saß sie gerade an ihrem Schreibtisch und bearbeitete die Schreiben der Zirkel, in denen es um den Reiter ging. Die Verhandlungen waren mühsam, da ein Magier das Nichts betreten musste um den Dämon von seinem Wirt zu trennen, und bis jetzt hatte sich kein Freiwilliger gefunden. Das ganze Unterfangen war auch alles andere als ungefährlich.

Als Fayris leise anklopfte, war sie sich immer noch nicht sicher, ob Illachal ihr verzeihen würde, aber sie musste mit ihr reden. Dafür waren die Informationen zu wichtig, die sie hatte. Auf Illachals "Herein!" öffnete sie die Tür, atmete noch einmal tief durch und ging die Treppe hinauf. Der Blick der Dalish, als sie Fayris sah, war sehr überrascht, aber sie lächelte freundlich. "Fayris. Was kann ich für dich tun?" Die schwarzhaarige Elfin sah auf den Boden suchte nach den passenden Worten. "Ich... Ich fürchte, ich muss dich um Verzeihung bitten. Dich, und auch deine Berater." Illachal runzelte die Stirn. "So ein Unsinn. Es ist doch nichts passiert?" Fayris sah sie jedoch ernst an. "Doch, Illachal. Ich... Ich habe Informationen. Informationen, die wie ich inzwischen weiß, sehr wichtig für euch alle sind. Sie betreffen den Reiter. Aber... Ich habe sie dir nicht erzählt." Sie holte tief Luft und biss sich auf die Unterlippe, bevor sie weitersprach. "Es hat nämlich mit meiner Verbannung aus dem Clan zu tun, und wenn ich davon erzähle, gebe ich auch Clangeheimnisse preis. Ich... war mir einfach nicht sicher, ob ich das machen kann..." Illachal legte ihr die Hand auf den Arm. "Fayris, wir werden keinen Vorteil aus Clangeheimnissen ziehen. Darauf hast du mein Wort. Aber wenn du Informationen hast, die wichtig sind, muss ich dich bitten, sie uns zu geben." Fayris nickte nun. "Bitte... hole deine Berater dazu. Ich möchte das Ganze nur ungern mehrfach erzählen müssen."

***

Lange hatte Trace mit sich gehadert. Cullen hatte sie bereits ausgefragt, aber in Sachen Romantik war er wahrscheinlich wirklich nicht der richtige Ansprechpartner. Dafür war er einfach zu schüchtern, das wusste sie. Aber wie sollte sie einer Adligen den Hof machen? Zumal sie ja auch noch wenig wusste über die antivanischen Traditionen. Klar, mit Leliana musste sie früher oder später reden – aber besser später, denn irgendwie war ihr die Nachtigall unheimlich. Also war sie an Dorian herangetreten und hatte ihn um ein Treffen in der Taverne gebeten. Sie hoffte, dass er die Einladung nicht falsch aufnahm, aber sie wusste einfach niemand anderen mit dem sie reden konnte.
Mit zwei Krügen Met in der Hand setzte sie sich nun zu dem Magier, der schon auf sie wartete. "Nun, meine Liebe, worüber wolltet ihr mit mir reden?" Neugierig sah Dorian die Templerin an. Es war an sich schon seltsam genug, dass ausgerechnet ein Templer an einen Magier herantrat und ihn um Hilfe bat, aber es auch noch dringend zu machen setzte dem Ganzen die Krone auf. Trace sah in ihren Becher. "Ihr... kennt euch doch mit Romantik aus, oder?" Dorian verschluckte sich und hustete. Dann begann er zu lachen. "Also, wenn ihr mit mir etwas anfangen wollt, muss ich euch enttäuschen. Ihr solltet inzwischen mitbekommen haben, dass ich keinerlei Interesse an Frauen hege." Trace wurde rot, begann jedoch dann auch zu lachen. "Und ihr solltet wissen, dass mein Interesse nicht dem männlichen Geschlecht gilt. Und nachdem wir das nun geklärt hätten, können wir bitte zum Thema kommen?" Der Magier begann zu kichern. "Nun, aber vielleicht ist bei Frauen Sera der bessere Ansprechpartner?" Trace schüttelte grinsend den Kopf. "Keiner ist romantischer und dramatischer veranlagt als ihr, Dorian." Das Grinsen in seinem Gesicht wurde noch breiter. "Wenigstens einer, der meine Fähigkeiten und mein Talent zur Dramatik zu schätzen weiß. Also, meine Teure, womit kann ich euch helfen?" Trace holte tief Luft. "Es... geht um Lady Josephine." Dorian nippte an seinem Met. "Hmm... Also, soweit ich weiß, mag sie es, kleine Geschenke zu bekommen. Nichts teures, eine Blume hier, ein paar nette Worte da..." Die Templerin sah nervös auf ihre Hände. "Und ihr glaubt, das hilft?" Dorian lachte leise. "Nun, wäre ich an eurer Stelle, würde ich es einfach ausprobieren. Ich habe wenig Erfahrung darin, Frauen zu umgarnen, aber ich kann hervorragende Komplimente machen. Sagt ihr, was ihr an ihr mögt... Was sie an sich hat, das euch fasziniert." Trace wog nachdenklich den Kopf hin und her. "Einen Versuch ist es wert. Ich bin normalerweise nicht so hilflos, aber... Ich habe mich auch noch nie für eine Adlige interessiert." Das Lachen des Magiers ertönte erneut. "Nun, sie ist dennoch eine Frau. Ob Adlig oder nicht." Damit erhob er sich. "Ich werde dann jetzt mal bei Varric mein Gold abholen." Trace runzelte die Stirn. "Oh, wir haben gewettet. Ob es bei diesem Treffen um eine Herzensangelegenheit geht. Varric wettete, dass es um Fayris geht, ich habe auf Josie getippt." Sein Gegenüber schnaubte. "Ihr wettet doch echt auf alles." Mit gespieltem Ernst nickte er. "Aber sicher. Das macht das Leben hier durchaus interessanter." Trace schüttelte nur den Kopf und erhob sich ebenfalls. "Dennoch, Dorian. Danke."

DRAGON AGE: INQUISITION - Illachal Lavellan #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt