Kapitel 32

66 5 0
                                    


Es waren nur wenige Tage vergangen, als Illachal mit einem traurigen Seufzer auf das Schreiben von Harding blickte. Sie hatte eine Spur, jedoch war es für sie und ihre kleine Schar an Spähern zu gefährlich, sie allein weiter zu verfolgen. Zudem hatten sie abgesprochen, sobald die Spuren zu nahe an die Wildniss heranführten dass Illachal und ihre Gefährten dazustoßen sollten. Die Folge daraus war, dass sie aufbrechen mussten. Harding und ihre Männer lagerten in den Wäldern zwischen Lothering und Ostagar. Zwar waren sie bis jetzt nur auf normale wilde Tiere gestoßen, aber die Gefahr, dass sie auf verderbte Tiere oder dunkle Brut trafen, wurde immer größer, je näher sie an die Korkariwildnis herankamen. Zudem näherten sie sich immer weiter dem Schlachtfeld von Ostagar, und das war definitiv zu riskant. Seufzend erhob sie sich von ihrem Schreibtisch und blickte noch einmal auf den Brief. Ihr gefiehl der Gedanke aufzubrechen überhaupt nicht.
Mit schnellen Schritten hatte sie den Ratsraum erreicht, in dem Cullen, Josephine und Leliana schon warteten. Mit gemischten Gefühlen blickte Illachal in die Runde. "Euer Gnaden. Ihr habt den Bericht gelesen. Wie sollen wir vorgehen?" Cullen versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch Illachal hörte die Besorgnis in seiner Stimme. Seine Augen ruhten auf ihr und ließen sie keinen Augenblick allein. Sorge war in ihnen zu erkennen. "Ich fürchte fast, dass uns keine andere Wahl bleibt. Ich werde mich mit Blackwall, Cassandra, dem Bullen und den Anderen auf den Weg machen und zu Harding stoßen. Sie hat bis jetzt keine Risse oder Untote entdeckt. Aber die Erfahrung sagt, dass gerade in der Nähe von Schlachtfeldern der Schleier sehr dünn ist, und wir können nicht voraus sagen, was wir dort vorfinden." Sie holte tief Luft und sammelte ihre Gedanken. "Wenn in Lothering bereits drei Risse entstanden waren, können wir nur beten, dass in Ostagar noch nichts Ähnliches passiert ist." Leliana nickte zustimmend. "Späherin Harding schreibt, dass die Spur klar weiter dort hin führt." Josephines Blick wurde besorgt. "Euer Gnaden, ihr müsst vorsichtig sein. Bis jetzt sind sie noch nicht auf verderbte Tiere gestoßen, aber wenn..." Illachal bemühte sich um ein aufmunterndes Lächeln. "Ich werde aufpassen. Ich weiß wie gefährlich die Verderbnis ist." Sie seufzte nun doch. "Wir brechen im Morgengrauen auf." Cullens Blick sagte ihr, dass er damit so gar nicht einverstanden war, aber es blieb ihnen keine Wahl, das wusste er ebenso wie sie. Illachal sah zu Boden und wannte sich ab. "Ich kümmere mich um die Vorbereitungen." murmelte sie leise und beeilte sich, den Raum zu verlassen. Sie wollte nicht, dass ihre Freunde sahen dass sie Angst hatte. Leliana blickte Cullen und Josephine an. "Wir können wirklich nur beten, dass ihnen nichts passiert. Aber wir haben keine andere Wahl." Cullens Blick war schwer, als er nun ebenfalls durch die Tür schritt. Es gefiel ihm gar nicht, dass sie so schnell wieder aufbrechen musste. Er hatte das Gefühl, als wäre sie erst vor einem Tag von der Schlacht zurück gekehrt, aber er wusste, dass er keine andere Wahl hatte als sie ziehen zu lassen. Josephine sah Leliana an. "Es fällt den beiden immer schwerer voneinander getrennt zu sein. " Leliana schüttelte den Kopf. "Weisst du Josie, ich glaube nicht dass es das ist. Die Tatsache, dass es wieder dermaßen gefährlich wird, scheint den Beiden wesendlich mehr Probleme zu machen. Einen einfachen Riss zu schließen, oder auf einen Besuch bei irgendeinem Adeligen zu gehen ist kein Problem. Aber wenn sich der Inquisitor mit der Verderbnis infiziert, ist das eine Katastrophe." Die antivanische Adelige schüttelte nur den Kopf. "Wir müssen einfach hoffen, Leliana. Mehr können wir nicht machen."

Illachal hatte ihren Gefährten Bescheid gegeben und war nun dabei, ihre eigene Ausrüstung zu sortieren. Sie stand in ihrer Waffenkammer und war gerade dabei, Wurfmesser, Dolche und Pfeile zurecht zu legen, als Cullen ihre Quartiere betrat. Sie hörte ihn die Treppe hinaufkommen. Inzwischen kannte sie seine Schritte. Sie blickte aus der Tür und sah ihren Verlobten an, der ihren Blick besorgt erwiderte. Draußen war es bereits dunkel geworden. Illachal war so vertieft in ihre Arbeit gewesen, dass sie das gar nicht mitbekommen hatte. Sie lächelte ihn traurig an, und Cullen begann, seine Rüstung abzulegen. Er seufzte schwer. "Vhenan... Ich hasse es, dass du bereits wieder aufbrechen musst." Illachal legte den Dolch weg den sie gerade in der Hand hatte und trat an ihn heran. Er trug inzwischen nur noch seine Unterkleidung und hatte sich auf das Sofa vor dem Kamin gesetzt. Illachal begann, ihm die Schultern zu massieren, und Cullen schloss genießerisch die Augen. "Meinst du mir geht es anders, Liebster? Ich möchte ungern schon wieder aufbrechen, aber es ist nun mal leider meine Pflicht." Er drehte sich zu ihr um und blickte sie ernst an. "Das klang jetzt als würde ich dir Vorwürfe machen, oder?" Er griff ihre Hand. "Liebste... Ich mache mir doch nur Sorgen." Sie lächelte. "Das weiß ich doch." Dann trat sie ans Fenster und blickte hinaus. "Ich möchte nicht gehen. Ich bin doch erst so kurz wieder hier, und ich habe mich noch nicht vollständig erholt. Aber wir haben leider keine Zeit." Cullen hatte sich erhoben und trat nun neben sie. Er berührte sie nicht, sah nur ebenfalls nach draußen und seine Augen waren voller Sorge. "Das weiß ich alles. Das macht es nur nicht leichter." Dann lächelte er plötzlich. Vorsichtig, fast schüchtern griff er nach ihrem Kinn und drehte sanft ihr Gesicht zu ihm. "Lass uns bitte nicht darüber nachdenken. Genießen wir lieber die letzten Stunden, die wir noch haben." Illachal sah ihn liebevoll an und strich ihm durchs zärtlich Gesicht. Cullen sah fast so unsicher aus wie bei ihrem ersten Kuss, und sie musste unwillkürlich grinsen. Mit einer schnellen Bewegung hatte sie sein Gesicht zu sich gezogen und ihm einen leidenschaftlichen Kuss gegeben. Völlig überrumpelt lies Cullen das über sich ergehen, um sie danach an sich zu ziehen. "Pass bitte auf dich auf, Vhenan." flüsterte er. "Versprochen." war die leise Antwort.

Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber die ersten Vögel zwitscherten schon, als sie im Stall stand. Blackwall war ebenfalls dort und warf noch mal einen Blick auf seine Ausrüstung, während Illachal ihre Stute putzte. Es war ihr, als würde ihre Gefährtin ihre Sorge spüren, denn als Illachal ihr das Zaumzeug anlegen wollte, rieb sie den Kopf an ihrer Schulter, als wollte sie ihr sagen, dass alles gut werden würde. Illachal kraulte sie zwischen den Ohren, und die Stute lies entspannt den Kopf hängen. Blackwall beobachtete die Szene fasziniert. "Wisst ihr, euer Gnaden... Ich habe Geschichten gehört, dass die Dalish sich mit den Halla anfreunden, die ihre Aravelle ziehen. Wenn ich euren Umgang mit eurem Pferd sehe, glaube ich sie sofort." Illachal drehte sich um und lächelte. "Ich weiß, dass es für einen Soldaten wie euch schwer nachvollziehbar ist. Ein Pferd fällt in der Schlacht. Da eine Bindung aufzubauen ist eventuell unangebracht." Sie trat neben das Dalishhalbblut und legte ihm den Sattel auf den Rücken. "In unserem Clan waren uns unsere Halla heilig. Sie sind wie Familienmitglieder, werden gepflegt, bis sie uns im hohen Alter verlassen." Sie seufzte traurig. "In den erhabenen Ebenen habe ich das erste Mal Hanal'ghilan gesehen. Die goldene Halla, die Wegfinderin. Bis zu dem Zeitpunkt war sie nur eine Legende für mich. Zu gerne hätte ich unserer Hüterin davon erzählt." Sie schüttelte den Kopf, um nicht noch mehr negative Gedanken zu zu lassen, griff nach den Zügeln und führte die Stute aus den Stallungen. Draußen hatten sich bereits ihre Gefährten versammelt. Sera war noch ein wenig mürrisch, da sie unausgeschlafen war, und der Bulle machte einen eindeutig verkaterten Eindruck. Cassandra und Blackwall waren neben Cole die einzigen, die wirklich wach zu sein schienen. Als Geist brauchte er keinen Schlaf. Dorian lies noch auf sich warten, obwohl sein Wallach bereits gesattelt im Hof stand. Aber das war nicht ungewöhnlich. Varric saß bereits auf seinem Pferd.
Aus den Augenwinkeln sah sie Cullen, der in einer Ecke stand und das hektische Treiben beobachtete. Er lächelte ihr zu, doch sein Lächeln war traurig und griff nicht auf seine Augen über. Illachal drückte Blackwall, der neben ihr stand, die Zügel in die Hand und ging zu ihrem Verlobten. "Vhenan... Ich passe auf mich auf, versprochen." Cullen schloss sie in seine Arme. "Das weiß ich, Liebste." Kurz standen sie Arm in Arm dort, dann löste sie sich aus seinen Armen. "Ich muss los." Sie seufzte, wollte sich umdrehen, doch Cullen zog sie zu sich heran. "Ar lath ma, vhenan." flüsterte er und küsste sie. "Dareth shiral." Illachal lächelte. "Ma serannas, Cullen." Er überraschte sie immer wieder damit, dass er inzwischen begonnen hatte, einige Sätze auf elfisch zu lernen. Sie hatte es nie von ihm verlangt, er tat es aus freien Stücken, als wolle er ihr zeigen, dass er ihre Herkunft nicht vergessen hatte. Als sie sich nun umwannte, wurde sie leicht rot im Gesicht, denn die Augen ihrer Gefährten ruhten auf den Beiden. Sie hauchte Cullen noch einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und eilte dann zu ihrem Pferd. Dorian kam verschlafen zu ihnen und stieg ebenfalls auf seinen Schimmel. Illachal straffte die Schultern und setzte sich an die Spitze des seltsamen Trupps. "Nun dann. Auf geht's." Cullens Augen ruhten auf den Gefährten, die aus den Toren trabten, und er betete still dafür, dass ihnen nichts passierte. Dann schüttelte er den Kopf. Er musste sich auf seine Arbeit konzentrieren.

DRAGON AGE: INQUISITION - Illachal Lavellan #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt